W 543 20 Versuche mit neuen Kulturen waren zur Zeit nicht im Gange. In weiteren Kreisen bekannt ist die Ananas- konserven-Industrie Singapores. Die Kultur der Ananas wird auf der Singaporeinsel von den Malayen und größtenteils von chinesischen Unternehmern betrieben, die ihr Produkt meist auf dem Felde an die Fabriken verkaufen. Auch die sieben hier existierenden Ananas-Konserven- fabriken sind in den Händen von Chinesen. Durch die freundliche Vermittlung der Firma Behn Meyer, deren Vertretern ich zu großem Danke verpflichtet bin, war es mir möglich, einige größere Fabriken zu besichtigen. Die Herstellungs- weise der Konserven ist hier ein Mittelding zwischen moderner Konservenfabrikation und alter chinesischer Betriebsweise. Von größerer Bedeutung als diese Industrie ist die Sago= und Tapioka-Fabrikation. Der Sago stammt von einer Palme, die in der näheren Umgebung von Singapore nur in sehr geringen Mengen vorkommt. Der Rohsago, das aus dem zerstampften Marke der Palmstämme mit Hilfe von Wasser ausgeschwemmte Mehl, wird in ungereinigtem Zustande von Borneo, den Sundainseln usw. auf chinesischen Dschunken, neuerdings auch auf Dampfern, nach Singapore gebracht. Hier gibt es zahlreiche chinesische Be- triebe, in denen der Rohsago durch öfteres Aus- waschen und nachfolgendes Erhitzen in flachen Pfannen und spätere Trocknung in den Perlsago des europäischen Marktes umgewandelt wird. Ob- wohl diese Fabriken zum Teil sehr leistungsfähig sind, entbehren sie jeglichen europäischen Maschinen- betriebes. Die Einrichtung der Fabriken ist da- durch verhältnismäßig billig, sie beanspruchen aber ein großes Arbeiterpersonal. Die Auf- bereitung der Tapioka, des Mehles der Cassava- oder Maniokwurzel geht in derselben Weise vor sich wie diejenige des Sagos. Die Tapioka wurde in den ersten Jahren des Aufblühens der Kautschukindustrie in riesigen Mengen als Zwischen- kultur in den Heveabeständen angebaut, um die Anlagekosten zu verringern und den jungen Unternehmungen Einnahmen zu verschaffen. Der Anbau ist jedoch in den letzten Jahren sehr zurückgegangen, weil sich derselbe im Groß- betrieb als nicht lohnend herausgestellt hat und weil diese Zwischenkultur den Boden zu sehr be- ansprucht. Trotzdem repräsentieren die Ausfuhr- werte aus Singapore immer noch beträchtliche Summen. Die Besichtigung solcher Fabriken ist nicht ganz leicht; ich konnte sie nur dadurch möglich machen, daß mir von der Firma Behn Meyer ein Chinese als Begleiter und Dolmetscher mitgegeben wurde. Die mir bei diesen Studien noch verbleibende Zeit benutzte ich dazu, drei größere Hevea- pflanzungen in Johore und Negro-Sembilan auf- zusuchen. Am 23. Dezember fuhr ich mit dem Dampfer „Bülow“ nach Hongkong, wo wir vom 28. bis 30. Dezember Aufenthalt hatten und an der sicheren Peripherie einen Moment der Zeit mit- erlebten, in der sich China den Zopf abschnitt. An diesem letzteren Tage schifften wir uns auf dem Dampfer „Prinz Sigismund“ des Nord- deutschen Lloyd nach Rabaul ein. Wir hatten in Manila einen Tag Aufenthalt, den ich dazu benutzte, einige Fabrikbetriebe in der Stadt, sowie die Agrikulturabteilung der Landesverwaltung, das Forstdepartement und das Museum zu be- suchen. Da ich von einem dort ansässigen be- freundeten Schweizer geführt wurde, konnte ich in der kurzen Zeit verhältnismäßig viel sehen. In dem Agrikultur= und dem ihm angoegliederten Forstdepartement sind in leitender Stellung zwei Deutsche tätig. Soweit ich in der kurzen Zeit eines Rundgangs durch die Räume, in denen diese Behörden untergebracht sind, feststellen konnte, sind die Betriebe mustergültig und unter Aufwand beträchtlicher Kosten, so wie wir es in der Kolonialverwaltung gar nicht kennen, ein- gerichtet. Als Beispiel sei angeführt: Im Forst- departement gibt es eine Abteilung, in der von jeder irgendwie auszunutzenden Holzart große Mengen von Probestückchen aufbewahrt werden. Will nun ein Privatier Auskunft über irgend eine Holzsorte haben, so kann er gegen Zahlung eines Betrags umgehend eine Probe erhalten, sowie die genaueren Angaben über Verbreitung, bisherige Nutzung, Brauchbarkeit und alle ein- schlägigen Fragen. Die zu diesen Auskünften nötigen Listen werden in einem besonderen Bureau geführt. Die wissenschaftliche Seite der Forstwirtschaft ist unter Leitung eines Botanikers vollständig von der praktischen Abteilung getrennt. Die letztere hat ein besonderes Bureau zur Herstellung der im praktischen Betriebe benötigten Karten und Zeichnungen zur Verfügung. In Rabaul kamen wir am 14. Januar an. Gleich die nächsten Tage boten mir Gelegen- heit, in einer Unterredung mit dem Gouverneur ein Arbeitsprogramm zu besprechen und die Reise- pläne festzulegen. Die hauptsächlichsten wirtschaftlichen Unter- nehmungen im Schutzgebiet konzentrieren sich an drei Stellen: der Blanchebucht, Nord-Neu- mecklenburg und Friedrich-Wilhelmshafen mit der Astrolabebay. Da eine Schiffsver- bindung nach den beiden letztgenannten Pflanzungs- gebieten zur Zeit nicht bestand, so sollte zunächst der nördliche Teil der Gazellehalbinsel in Tages-