724 20 Alkohol. den der echte Fulbe vollkommen meidet. Ebenso ist die Butterbereitung, und zwar zur Gewin- nung von Kochbutter, üblich. Was tut unun der Fulbe Ngaunderes selbst zur Erhaltung und Vermehrung seiner Herden? Leider herglich wenig. Sein Interesse gibt sich darin kund, daß er gelegentlich der Tränke an der Laure aus der Großstadt heraus kommt, wo er sich sonst während des ganzen Jahres in süßem Nichtstun aufhält, abge- sehen von einigen Besuchen auf seinen Farmen. Er besichtigt dann den wertvollen Bestand, der sonst das ganze Jahr hindurch den Hirten überlassen bleibt. Sein teilweise großer Sklavenbesitz ist die Ursache, daß er sich ganz auf die Bärenhaut legt. Die gleiche Erscheinung tritt auch in Tibati und Banzjo, also in den Gebieten auf, die als Grenzgebiete gegen die Urwald- stämme früher eine günstige Gelegenheit zum Sklaven- fang hatten. In Garua ist es anders, da hier sowohl der Sklavenbesitz wie auch der Besitz an Rindvich ge- ringer ist. Der hier 20 bis 30 Rühe besitzende Fulbe ist schon ein großer Mann, kann es sich aber nicht leisten, stündig in Garna zu sitzen, sondern er zieht selbst auf die Farm hinaus und beaufsichtigt. Man darf also nicht im allgemeinen von dem großen vieh- züchterischen Geiste des Fulbe sprechen. Gewiß hat er Interesse für sein Vieh, da es ja seinen wertvollsten Besitz darstellt: gewiß ist er sehr bestrebt, diesen Besitz zu vergrößern und wird unur sehr ungern oder über- haupt nicht zuchttangliches Muttervieh verkaufen. Aber so weit geht das Interesse nicht, daß er dem Leben in der Großstadt entsagt und sich selbst auf seine Farm- dörfer setzt, um sein Vieh zu überwachen und die Zucht in die Hand zu nehmen. Das wäre aber der Ideal- zustand, der auch in Zukunft langsam erstrebt werden muß, dieses brachliegende Arbeitskapital nutzbar zu machen. Ohne Zweifel würden die Wiehzucht-Erfolge bei den geschilderten günstigen Grundlagen noch größer sein, wenn das Auge des Oerrn selbst darüber wachen würde, statt daß einem Sklaven, der von einem oder zwei halbwüchsigen Burschen und Mädchen unterstützt wird, diese Sorge überlassen bleibt. Allerdings wird es ja das Bestreben des Sklaven sein, nach Möglichkeit den Bestand zu erhalten, da ihm jedes Jahr, je nach Größe der Herde, ein Bulle oder auch eine Kuh als Belohnung winken, welche für ihn die Grundlage einer eigenen Zzucht werden. Aber ich bin der festen lber- zeugung, daß der große Prozentsatz an Vichabgang zu einem nicht unbedentenden Teil darauf zu schieben ist, daß der Viehbesitzer nicht selbst bei der Sache ist. Die so geschilderten günstigen Vieh zuchtverhältnisse konzentrieren sich auf ein begrenztes Gebiet. Diese Kongentration um die Stadt Ngaundere herum ist mit ein Beweis für das Gesagte, daß sich der große Fulbe hauptsächlich in Ngaundere befindet und nun natürlich versucht, sein Vieh so nahe wie möglich heran zu bekommen, um das angenehme Leben nicht mit beschwerlichen Reisen unterbrechen zu müssen. Teilweise liegt der Grund natürlich auch in den poli- tischen Verhältnissen und der früheren Unsicherheit weiter abgelegener Gebiete, die ja mancherorts anch heute noch besteht. Die im Lamidat Ngaundere vorherrschende Rindvichrasse ist das Fulbebuckelvich. Das Bororovieh ist nur in verein zelten Herden vertreten. Im Jahre 1909 sollen etwa 1500 Stück als Passanten= Vieh an den Laure-Qnellen gewesen sein, für deren Benntung von den besitzenden Bororos eine bestimmte Abgabe in Form von Kühen entrichtet wird. Das in den Händen der Durru besfindliche kleine buckellose Rind (Abb. 2, dem Urwald-Rind gleich oder äühnlich, habe ich erst im Lamidat Rei-Buba kennen gelernt; es spielt aber auch für die Beurteilung der Ngaundere-Viehzucht zur Zeit eine untergeordneie Rolle. Es dürfte sich aber empfehlen, für die Gebirgs- gegenden. in denen es jetzt hauptsächlich vorkommt, die Erforschung seiner Vorzüge und die systemanische Be- arbeitung ebenso in die Hand zu nehmen wie die der anderen Rassen. Denn daß bei diesen drei Rassen offensichtlich verschiedene Leistungen typisch vertreren sind, liegt schon darin begründet, daß sich dieselben nebeneinander rein erhaltew haben. Wir haben also zu unterscheiden: 1. das Fulbe-Aieh, d. h. das Vieh des jent verhälmiemäßig seßhaften, auf dem Plateau lebenden Fulbe, das mittelhoch gestellt, verhält- nismäßig feinknochig und entschieden ein Tup des kombinierten Fleisch= und Milchtieres ist. mit halbhohen Hörnern (Abb. 4 2. das Bororo-Vieh' als den topischen Vertreter des Nomaderviehes, hochbeinig, sehnig und knochig gebaut, dessen Fleisch schlecht, das dafür aber ein guter Milchlieferant und Hauntstune der Ernährung seiner ohne Oeimat und Ackerbau lebenden Besitzer ist: 3. das Durru-Uieh (Abb. 2) als den Tupus eines kleinen, aber sehnigen Gebirgsviehes, das ohne be- sondere Pflege seine Nahrung sucht, wild und un- zugäuglich wie sein Besitzer, einzig der Fleisch- erzeugung von guter Inalität dient. die sich bei systematischer Bearbeitung noch vervoll- ständigen lassen wird, und deren Vorzüge sich noch mehr herauszüchten lassen werden. Wir können unse, wie gesagt, bei der Beurteilung der jenzigen Viehzucht Ngaunderes beschränken auf das Fulbe-Vieh. Die vorhandene gahl von etwa 100 000 Stück ist sast ausschließlich in den Händen von Fulbes. Der Mbum als ursprünglicher Besiver dieses Landes hat kein Vieh oder nur ausnahmsweisc. Die Herdengröße schwankt sehr, und zwar, von den ganz kleinen Besitzern abgesehen, die in der Minder- zahl sind, zwischen 410 und 400 Stück. Das letztere ist natürlich seltener, und der Besitz eines sehr großen Fulbe wie auch die 1200 Stück zählenden Herden des Lamidos ganz außergewohnlich sind. Man kann als durchschnittliche Herdengröße 60 bis 100 Stück an- nehmen. Diese Herdenstärke ist für die Durchführung züchterischer Maßnahmen die geeignetste, weil sie un- abhängig macht von genossenschaftlichem Arbeiten, z. B. von genossenschaftlicher Bullenhaltung, die unter hiesigen Verhälimissen noch bei weitem mehr Schwierigkeiten machen würde als in der Heimat, wenn sie nicht ganz undurchführbar sein würde. Was nnn die durchschnittliche Qualität des Viebes betrifft, so war ich erstaunt über die Ausgeglichen= heit der Herden. Durchweg guter Wuchs, der selten die den Europäer infolge seiner heimischen Ausbildung so unangenehm störende schlechte Rückenlinie mit stark abfallender Kruppe aufwies, sondern auch nach diesen Anforderungen schöne Tiere feststellen ließ: gesundes Auosehen. volle Ernährung — selbst in der bei meiner Anwesenbeit schon sehr vorgeschrittenen Trockenzeit —, geringe Angahl kranker Tierec. besonders gute Be- schaffenheit der Nachzucht, alle diese Kennzeichen ließen sich übereinstimmend bei den meisten Herden feststellen. die ich auf meiner Reise gesehen habe. Daß dieses *) Abb. 3 zeigt ein von dem früheren Residenten von Adamana HLanpitmann Strümpell aufgenommenes Rind aus Marna, das wahrscheinlich eine Kreuzung zwischen Bororo= und Fulbe-Rind darstellt.