6 1003 0 tories Administration Ord. Commissioner Ord. 4/07). Der Chiel Justice ist ermächtigt, zu den Courts Barristers und Sollicitors, und falls Leute mit entsprechender Vorbildung nicht vorhanden sind, auch andere geeignete Personen als Rechtsbeistände zuzu- lassen. Die Anwälte können somit auch vor den mit den Verwaltungsbeamten, d. h. Lun Teil Nicht-Juristen, besetzten Gerichten auftreten. Der Anwaltsberuf steht 1/02, The Ashanti auch den Eingeborenen offen, und in der Tat haben ihn auch schon eine ganze Anzahl von Eingeborenen, die die erforderlichen Studien in England erledigt haben, ergriffen. Der Anwaltsberuf ist zur Zeit für den verenglisierten Eingeborenen der Goldküste der er- strebenswerteste Beruf. Verspricht er doch erhebliches Einkommen und großen Einfluß. Die Urteile, die ich seinerzeit über die farbigen Anwälte an der Westküste hörte, waren überwiegend ungünstig. Den vereinzelten Stimmen, die die Erleichterung des Prozeßbetriebes für den Richter infolge der Tätigkeit der Anwälte rühmten, standen harte Urteile aus allen Kreisen der Beamten und Privatleute gegenüber. Man machte den farbigen Anwälten vornehmlich gewissenlose Aus- beutung des Volkes, das sie häufig erst durch ihre im Lande verteilten Agenten zum Prozessieren aufreizten, und Mangel an einem über affektierte Eitelkeit hin- ausgehenden Ehrgefühl zum Vorwurf. Dies galt in Accra wie in Lagos. Doch wurden an beiden Orten stets einige rühmliche Ausnahmen genannt. Die in der Kolonie gemachten Erfahrungen waren jedenfalls die Ursache, daß vor den Courts der Protektorate An- wälte in keinem Fall zugelassen wurden. Daß sich die allgemeine Zulassung der Anwälte vor den Di- strict Commissioner Courts auf die Dauer wird aufrecht erhalten lassen, möchte ich bezweifeln. Das Verfahren in Strassachen ist durch die Cri- minal Procedure Ord. 5/76 geregelt worden. Aus ihr interessieren hier besonders die folgenden Bestim- mungen: Eine Verbindung des Zivilanspruchs des Be- schädigten mit dem Strafverfahren gegen den Täter ist zulässig (vgl. 58 75, 76 Criminal Code). Bei schweren Delikten hat eine Jury von 7 Personen mit- zuwirken. Nach § 170 a. a. O. ist grundsätzlich jeder Mann zwischen 20 und 60 Jahren, der innerhalb des Zuständigleitsbezirks des Supreme Court wohnt, und nicht verrückt oder taub ist, verpflichtet, das Amt des Geschworenen zu übernehmen. Ausnahmen sind für einzelne Beamte und Berufe vorgesehen. Hiernach ist es also sehr wohl möglich, und es ist auch schon vorgekommen, daß Farbige als Mitglieder der Jury über Weiße urteilen. § 119 a. a. O. bestimmt nur, daß für den Fall, daß der Angeklagte kein Eingebo- rener der Kolonie ist, das Gericht anordnen kann, daß die Hälfte der Geschworenen keine Eingeborenen der Kolonie sind. In den Verhandlungen wegen „Offen- ces“, in denen eine Jury nicht mitwirkt, sind Bei- sitzer, gewöhnlich nicht weniger wie 3, mit lediglich beratender Stimme hinzuguziehen. Für die Entschei- dung verantwortlich bleibt in diesen Fällen allein der Richter. Bei dem Besuch der verschiedenen Gerichtshöfe an der Goldküste und in Nigerien ist mir dann noch auf- gefallen, daß die Sitzungssäle regelmäßig verhältnis- mäßig groß und die Sitgelegenheiten für das Publi- kum ziemlich bequem waren. Die — wohl von der englischen Regierung beabsichtigte — Folge war, daß das farbige Publikum von der ihm dank der Osfent= lichkeit der Verhandlungen gegebenen Möglichkeit, dem Verfahren beizuwohnen, in weitestem Maße Ge- brauch machte. Ohne jede besondere Anordnung wurde allein hierdurch die Verbreitung englischer Rechtsanschauung unter den Eingeborenen gefördert. Auch das materielle Strafrecht ist abweichend vom mutterländischen Recht im Criminal Code vom 31. 10. 1892 codifiziert worden. Eine Folge davon, daß man in ihm versuchte, einmal die in den unzähligen Prä- judicien des mutterländischen Rechts ausgesprochenen Anschauungen niederzgulegen, anderseits aber die be- sonderen Verhältnisse der Kolonie zu treffen, scheint die außerordentlich kasuistische Fassung seiner Normen zu sein. Aus den Deliktstatbeständen hebe ich hervor, daß es zum Beispiel ohne Bedeutung ist, ob Mord, Tot- schlag, Körperverletzung oder Notzucht sich gegen einen Angehörigen der weißen Rasse richten, ferner, daß der Gefangene, der entflieht, deswegen mit Gesängnis bis zu 7 Jahren und mit Prügelstrafe bestraft werden kann, daß Beamtendelikte verhältnismäßig milde — vielleicht im Zusammenhang mit dem Brauch, daß fast alle Beamten Kaution zu stellen haben — Bigamie dagegen sehr schwer bestraft wird, und daß in einer gan- zen Anzahl von Fällen außerordentlich lange, häufig lebenslängliche Freiheitsstrafen angedroht sind, unge- achtet der großen Bedenken, die in dem ungesunden afrikanischen Klima der Vollstreckung einer Freiheits- see über einen gewissen Zeitraum hinaus entgegen- tehen. Besondere Deliktstatbestände werden durch fol- gende, in erster Linie ebenfalls gegen Eingeborene ge- richtete Verordnung geschaffen: 1. The Firearms, Ammunition and Gunpowder Ord. Nr. 3/92, die die Einfuhr und den Handel mit Feuerwafsen, Munition und Pulver beschränkt und unter ähnliche Bedingungen stellt, wie sie in Togo Ge- set sind; 2. The Peace Preservation Ord. Nr. 6/97, die den Gouverneur ermächtigt, den Besitz und das Tragen von Waffen für Teile der Kolonie zu verbieten; 3. Ihe Unisorme Ord. Nr. 7/03, die das un- befugte Uniformtragen verbietet; 4. The Native Customs Ord. Nr. 11/92, die bestimmte Eingeborenen-Gebräuche verbietet; insbe- sondere sind durch Ausführungsbestimmungen gemein- gefährliche Fetischkulte verboten worden; 5. Eine Verordnung vom 20. 7. 1898 stellt die Verfälschung von Palmkernen durch Wässern oder Bei- mischen von anderen Stoffen unter Strafe; die Kerne unterliegen der Einziehung; 6. The Cold Mining Protection Ord. Nr. 1/09 verbietet den Handel mit Produkten der Goldminen= industrie ohne besondere Konzession oder Erlaubnis des Gouverneurs. Zur Ausübung des Gewerbes als Goldschmied ist die Berechtigung nachzusuchen. Als Strafen sind im Criminal Code zugelassen: Todesstrafe, Freiheitsstrafe (mit und ohne Zwangs- arbeit), körperliche Züchtigung, Geldstrafe, Buße und Stellung unter Polizeiaufsicht. Hierzu tritt für poli- tische Gefangene die Verbannung, die in jedem Fall durch eine besondere Verordnung ausgesprochen wird. Die Regierung hat dieses Strasmittel hauptsächlich gegen die Führer der Ashanti bei den Unruhen von 1995/96 und 1900 angewandt (vgl. die Ord. Nr. 1/96, 2/96, 12/96, 11/00 und 8/01). Bei den so häuüg, namentlich von ausländischen Stimmen, dem deutschen Strafensystem wegen der Zulassung der körperlichen Züchtigung gemachten Vorwurf interessieren wohl die onglischen Bestimmungen über die Strafmittel am meisten. Das englische Recht (vgl. auch The Cor- poral Punishment Ord. Nr. 30/03) sieht ebenso wie das deutsche Recht die Rutenstrase (whip- ping) gegen Ingendliche bis zu 16 Jahren und die Prügelstrafe (flogging) mit der neunschwänzigen „at“