W 1045 20 gleitkommandos, die mit ihren Weibern und Boys eine noch höhere Kopfzahl erreichten, erhielten täglich das zuständige Verpflegungsgeld (Poscho) in Perlen (ushanga) verabfolgt, der einzigen in Nord-Ruanda gängigen Münze. Die Einge- borenen kamen zu den Lagerplätzen der Expedition und verkauften die gebrachten Lebensmittel, Bohnen, Erbsen, auch Bananen und Brennholz, zuweilen Schafe, Ziegen und Hühner gegen Perlen und weißes Tuch (americano). Trotz der noch billigen landesüblichen Preise hatten die Ein- geborenen bei dem erheblichen Umsatz einen guten Verdienst. Die Träger der englischen Expedition wurden in kostspieliger Weise aus Magazinen verpflegt, die durch Nachschub aus Ankole gefüllt wurden. Hierbei war die Möglichkeit, mit den Eingeborenen beruhigend wirkende Handelsbe- ziehungen anzuknüpfen, auf ein Minimum redu- ziert. Gegen Schluß der Grenzarbeiten flüchtete die Sultanin Mumusa, eine Mhima, die einst das Wahntu-Gebiet in der Grenzzone und einen Teil von Mpororo beherrscht hatte und wegen ver- schiedener Gewalttätigkeiten von der deutschen Verwaltung nach Bukoba deportiert worden war, aus Bukoba und begab sich in den nördlich der neuen Grenze in Rukigga liegenden Teil ihres ehemaligen Landes. Ihr großer Einfluß auf die Wahutu zeigte sich bald. In großen Horden wanderten die Wahutu nach ihrem versteckten, öfters gewechselten Wohnsitz, um ihr zu huldigen. Es begann in den Bergen zu gären, und tage- lang waren die Täler vom wüsten Geschrei der anfgeregten Eingeborenen erfüllt. Feindseligkeiten gegen die Leute beider Expeditionen begannen und nahmen zu, als die englische Verwaltung versuchte, der Mumusa habhaft zu werden. Vor- übergehend war die Situation ernst. Am 29. Sep- tember mußte die in den Bergen arbeitende deutsch-englische Abteilung (Major Schlobach, Unteroffizier Schlimme, Captain Prittie) die im Tale befindliche Wasserstelle gegen die mit Schild, Speer, Pfeil und Bogen attackierenden Rukigga-Leute verteidigen. Wider Erwarten ge- lang es den Engländern, der Mumusa habhaft zu werden, worauf sofort Ruhe eintrat. Die Anhänger der Sultanin planten hierauf eine Aktion größeren Stils, um sie aus Kigezi, am Bugiani-See (Ngezi-See), wohin sie von den Engländern gebracht worden war, zu befreien. Dies wurde rechtzeitig bekannt und vereitelt durch schleunigen Transport der Mumusa nach dem weiter nördlich gelegenen Mbarara. Hier- auf konnten die Arbeiten der gemischten Grenz- kommission ungestört zu Ende geführt werden. Die vertragsmäßige Grenzlinie ist durch 38 Hauptpfeiler und 46 Nebenpfeiler vermarkt worden. Alle Pfeiler sind mit Ausnahme von 1 Hauptpfeiler und 4 Nebenpfeilern aus Stein hergestellt und im Zentrum der Basis und auf der Außenseite mit Zementnummern versehen. Geologisch ist das Gebiet der Grenzzone nicht besonders interessant. Es handelt sich um Granite, Quarzite und Gneise, die aber selten in kompakten Formationen zutage treten. Stellenweise herrscht großer Steinmangel, und die Arbeiter hatten äußerst anstrengende Transporte auszuführen, um das für den Pfeilerbau erforderliche Stein- material herbeizuschaffen. Bezüglich der Flora sind die für die feuchten Talniederungen charakteristischen Papyrusbestände zu erwähnen, die ein vorzügliches Material zur Herstellung von Ubergängen über stehende und fließende Gewässer liefern. Neuerdings werden angeblich Briketts aus dem Papyrus fabriziert und bei der Dampfschiff- fahrt auf dem Nil als Heizmaterial verwendet. Der Mangel an Bau= und Brennholz ist in Nord-Ruanda infolge der Bevölkerungsdichtigkeit und der ausgebreiteten Bodenkultur groß. Nur auf den Gipfeln einzelner Berge finden sich noch Bäume, einzeln und in Gruppen, die als Geister- bäume bzw. als ehemalige Wohnsitze der Herrscher auf deren Befehl bei Todesstrafe heilig gehalten und so vor Aernichtung bewahrt werden. Einzelne Teile von Mpororo sind sogar völlig baumlos. Die Höhenlage des Landes (2000 bis 2500 m), die bedeutende Luftfeuchtigkeit und die fast über das ganze Jahr gleichmäßig verteilten Nieder- schläge lassen die mit dem geringen Vorhanden- sein an Baumbeständen verbundenen nachteiligen Folgen weniger zur Geltung kommen, als es z. B. im Muansa-Bezirk östlich vom Viktoria-See der Fall ist, wo bald durch Aufforstung wird vorgebeugt werden müssen. Das Klima ist als gesund zu bezeichnen. Im Gegensatz zu der oft hohen Temperatur im sonnigen Klima des tiefer gelegenen Kiwu- Seegebietes (1500 m), kommt im Gebirge östlich davon die Sonne wenig zur Geltung. Der Himmel ist meist bewölkt, das Klima ist rauh, und der Europäer braucht hier warme Kleidung, ja, nachts 3 bis 4 wollene Decken. Morgens fand sich in einigen Tälern der Wugamba-Kette Eis und Reif. Die Täler sind morgens mit Nebel gefüllt. Vom Juni an war die vorher sehr klare Luft mit dichtem Dunst geschwängert. Dieser Zustand dauerte bis Ende September und erschwerte die Arbeit sehr. Die Europäer beider Expeditionen erfreuten sich ständig trotz der bedeutenden Strapazen, einer guten Gesundheit. Die Vorbedingungen für europäische Besiedlung sind gegeben, ob aber das Land für eine solche im größeren Stile in 3