1144 20 Kolonialwirtschaftliche OMitteilungen. Aus dem Krbeitsbereich des Kolonial-Wirtschaft- lichen Romitees. Eisenbahnprojekte in den Kolonien. Bei den kürglich stattgehabten Verhandlungen der Technischen Kommission des Kolonial-Wirt- schaftlichen Komitees über die Dringlichkeitsfrage neuer Eisenbahnbauten in den Kolonien wurde nach Vorverhandlungen mit den Unteressentengruppen und unter Berücksichtigung der allgemeinen Finanzlage beschlossen: als nächstliegende dringende Eisenbahn- projekte den Bau einer Zweigbahn von der Öst- afrikanischen Mittellandbahn nach deu volks- reichen Ländern Urundi und Ruanda, die Fortführung der Ostafrikanischen Nordbahn nach Aruscha, den Bau einer Olbahn nach dem Dl- palmendistrikt im Bezirk Anecho in Togo zu empfehlen. * Dem Referat des Geh. Kommerzienrats Lenz, Vorstandes der Deutschen Kolonial-Eisenbahn-Bau- und Betriebs-Gesellschaft, entnehmen wir auszugsweise folgendes: JIn Südwestafrika kann das Eisenbahnnetz vor- läufig als ausgebaut gelten. Die Verbindung von Norden nach Süden und mit der Rüste ist fertiggestellt, und es muß abgewartet werden, wie die Entwicklung des Landes fortschreitet, um beurteilen zu können, ob neue größere Eisenbahnprojekte aufzustellen sind. In Kamerun bedingen die veränderten Besitzver- hältnisse, u. a. die uns zugefallenen Wasserstraßen und der Hasen Muni im Süden, wie auch die Frage der Etappenstraße Garna —Logone im Norden eine ein- gehende Prüfung der einzuschlagenden Verkehrspolitik. Diesem Zwecke dient die jetzt unternommene verkehrs- politische Erpedition des Gouverneurs. Es wäre verfrüht, zur Zeit neue bestimmte Eisenbahnprojekte aufgustellen. Die Nordbahn ist seit dem 1. April bis Nkong- samba fertiggestellt und in Betrieb genommen. Das Reich ist un der Bahn durch eine Zinsgarantie für ein Kapital von 11 Millionen Mark beteiligt. Das Vor- zugskapital von 5 610 000 hat in den ersten neun Monaten nach Abschreibungen sämtlicher Betriebsaus- gaben und sämtlicher Rücklagen ½ v. H. gebracht. Daraus folgt, daß sich eine volle Verzinsung von 3 v. H. ermöglichen lassen wird, wodurch die Reichs- garantie entlastet würde. Für die Fortführung der Nordbahn würde in diesem Falle Geneigtheit bestehen. Für die Erschließung des Tschadgebietes kommt aber auch die Mittellandbahn in Frage. Diese Bahn wird jedoch im günstigsten Falle erst Ende des Jahre 1916 ihren vorläufigen Endpunkt, den Njong, erreichen. Mis dahin soll, vorausgesetzt, daß die Schiffahrtserpe= dition des RKolonial-Wurtschaftlichen Komitees ein günstiges Ergebnis bringt, cin rationeller Schiffahrts- betrieb auf dem Njong und möglichst auch auf dem Dume, Kadei, Sangha und Mambere be- reits eingerichtet sein. Auf eine Aufrage von Prof. I)r. Passarge bezüg- lich eines Bahnprojektes zur Erschließung des Gebietes zwischen Kamerunberg und Crosfluß wird mit- geteilt, daß eine generelle Untersuchung dieser Frage bereits durch das Gonvernement eingeleitet ist. In Togo hat der Einsturz der Landungsbrücke einen wesentlichen Rückschlag gebracht. Ohne die Bahn Lome —Atakpame war im Jahre 1910,11 ein Uberschuß von 259000 /r. im Jahre 1911/12 ein solcher von 419 000.¼ zu verzeichnen. Der Uberschuß dieses Jahres wird, nachdem die Bahn Lome — Alakpame in Betrieb genommen ist, auf ctwa 600 000.X geschägt. Als nächstliegendes Projekt ist hier die Erschließung des Olpalmendistriktes im Anechobezirk zu be- zeichnen. Der Reichtum an Olpalmen in dem betreffen- den Distrikt ist bekannt. Das Projekt ist vom Gou- vernement angeregt und die Vorarbeiten sind bereits eingeleitet worden. In Ostafrika kommen für eine Südbahn ber- schiedene Projekte in Frage wie die 1904 erkunder Linic Kilwa-Kissiwani —Wiedhafen, eine Zweig- bahn von der Mittellandbahn, eine kombinierte Eiser- bahn-Wasserstraße (Rufiji) und möglicherweise auch die Fortführung der jetzt von den Pflanzern im Lindi- bezirk geplauten Baumwollbahn. Die Sudbabn- projekte stehen indessen nach dem Ermessen der Tech- nischen Kommission in der Dringlichkeitefrage himer der Urundi — Ruanda-Bahn und der Fortführung der Nordbahn bis Aruscha zurück. Die Nordbahn ist bis Moschi fertiggestellt und in Betrieb genommen. Diese Bahn haite im Jadre 1910/11 einen Überschuß von 572 000 .K gebrachte: dieser Uberschuß ist im Jahre 1911/12 auf 391.000.7 zurückgegangen und wird in diesem Jahre 310000.7 betragen. Der Rückgang ist darauf zurückzufübren, daß die gesamten Bauransporte aufgehört haben, aus denen bisher große Einnahmen flossen. Die eigentliche Güter= und Personenbeförderung hat im wesemtlichen zugenommen. Das Projekt der Weiterführung nach Aruscha ist inzwischen im Einvernehmen mit dem Reichs-Rolonialamt bearbeitet und ein spczielles Pro. jelt mit Kostenanschlägen aufgestellt worden. Die Aus- führung der Linie wird das fruchtbare und stark be- siedelte Gebiet am Meruberge aufschließen. Uber die Fortführung der Nordbahn nach dem Victoria= Sce besteht heute noch zu wenig Klarheit. Die Frage der Ausbentung des Natronsees ist noch nicht geklarl. anderseits kommt eine südlichere Linie zur Erschlieung der Wembäresteppe in Frage. Die Mittellandbahn wird voraussichtlich bereus im Frühjahr 1914 Kigoma am Tanuganyikasec el- reichen. Die Forderung einer Zweigbahn von der Mittellandbahn nach Urundi und Ruanda ist da- durch begründet, daß wir diesen volksreichen Gebielen näher gerückt sind und nicht zögern dürsen, diese kak- sächlich in Besitz zu nehmen. Die Bevölkerung Urundis und Ruandas ist auf rund 4 Millionen Einwohner ge- schätzt. Der Viehbestand in Urundi beträgt schätzungs- weise 200 000 Stück Rinder und 1 Million Schafe und Ziegen, in Ruanda über 300 000 Stück Rinder und etwa 1 Million Schafe und Ziegen. Reiche Boden- kultur ist vorhanden. An Ackerbauprodukten kommen für den Erport insbesondere Erdnüsse in Frage, deten Kultur in West-Urundi noch sehr ausdehnungsfähig ut. Urundi in seinem westlichen Teil, sowie Hoch-Ruanda, namentlich die Landstriche zu beiden Seiten des Rand gebirges mit ihrem kühlen Klima bieten außerdem dr besten Vorbedingungen für die Besiedelung duro Europäcr. Der Erport Ruandas belief sich im Jabre 1910 bereits auf 1½ Millionen Mark: 58 hierven entfielen auf Hänte und andere tierische Produkte de zum großen Teil über die Ugandabahn dem #el- markte zugeführt werden. West-Urundi könnte jäbrieh etwa 30 000 Stück Großviehhänte = 375 Tonnen mur