W 139 20 Dresden, Berlin — Potsdam, Braunschweig— Wolfenbüttel; — in unseren Kolonien wachsen die Bahnen vom Meer ins Land. Zziele. Wir werden uns heute fast ausschließlich ma den Bahnen der ersten Art, den Kolonial- bahnen im engeren Sinne des Wortes, befassen. Die Linien in unseren Kolonien sind — vielleicht mit einer Ausnahme — noch durchweg lolche ersten Bahnen mit dem Hauptzweck, ein bestimmtes Gebiet verkehrstechnisch an den Ozean, an die Heimat, an den Weltmarkt heranzubringen. Dos gilt unbeschadet aller Nebenwirkungen der Bahnen, 3.B. solcher auf den Binnenverkehr. Das ist der Aare Sinn der Usambara= und der Tangan- silabahn in Ostafrika, der Palime= und der Atak- bamebahn in Togo, der Soppo-, der Manenguba- und der Niongbahn in Kamerun, der Otavi-, der Vindhuk= und der Lüderitzbahn in Südwestafrika. Tuch in dem weniger durchsichtigen Fall der Küstenbahn in Togo herrscht dieses Ziel vor: sie bindet den Osten Südtogos an die Landungs- brücke und erspart ihm den verlustreichen und lestungsschwachen Weg durch die Brandung in Anecho. Selbst für die Nordsüdbahn Windhuk—. Leetmanshoop ist es wichtige Aufgabe, ihrem Durchzugsgebiet eine auf Ausfuhr gestellte Wirt- schat zu ermöglichen. Immerhin ist es diese Linie, an die ich dachte, als ich eben von einer möglichen Ausnahme sprach: den Hauptanlaß wenigstens zu ihrem Bau hat das Bedürfnis hegeben, den Norden mit dem Süden des Landes poltiish, strategisch und wirtschaftlich zusammenzu- schwweißen, Bedürfnis und Aufgabe, wie sie häusiger erst ein späterer Stand der Entwicklung in den Vordergrund schieben wird. Als Regel duren wir noch auf lange hinaus für den Bahn- bau in unseren Kolonien die Absicht bezeichnen, mn erster Linie dem Hinterlande den Weltmarkt z erschließen. Daran ändert die Tatsache nichts, t die meisten dieser Bahnen auch große po- ische und strategische Bedeutung haben, Be- deutung für die Berwaltung und Beherrschung bes Landes; sind beide doch nur Mittel zum der weltwirtschaftlichen Erschließung. Um die Jahrhundertwende waren selbst nam- bofte deutsche Kolonialfreunde im Zweifel, ob die dn die ihr zugedachte Rolle für alle Teile unserer Kolonien Übernehmen könne, ob nicht venigstens die küstenfernsten Landstriche ewigem Schlase verfallen seien. Inzwischen hat die teonnbebah den Beweis erbracht, daß sie auch # heringwertigen Bodenerzeugnisse der Länder Kra Umkreise um den Viktoriasee zu einer — nach Mombassa befördern kann, die Versender trotz ansehnlicher Vorfracht der Zubringerwege noch genügenden Nutzen läßt Seitdem sind jene Bedenken wohl verschwunden Allen nicht ganz ärmlichen und öden Gebieten unserer Kolonien kann die Bahn der Weg zum Weltmarkt werden, weil sie zehn= bis zwanzigmal billiger befördern kann als der Lastträger oder der Ochsenwagen. Allerdings muß die Kolonialbahn in den meisten Fällen anders rechnen, als kauf- männische Unternehmungen zu tun gewohnt sind. Der unmittelbare Verdienst pflegt auf lange hinaus nicht groß zu sein; in der Regel vergehen Jahre und Jahre, ehe die Bahn den Verkehr so weit geweckt hat, daß die Betriebsflerschüsse die Zinsen des Anlagekapitals decken. Von allen unseren Kolonialbahnen macht sich in diesem Sinne zur Zeit nur die Otavibahn bezahlt. Die anderen Linien bringen 2 v. H. Jahresrente und weniger. Es ist der volkswirtschaftliche Nutzen, der den Bahnbau rechtfertigt, der Nutzen, wie er sich in der Hebung von Handel und Wandel, von Steuer und Zoll, von Beherrschungs= und Verwaltungsmöglichkeit ausdrückt. Darum ist in den Kolonien noch mehr als in den Altländern der Staat der Regel nach der natürliche Bau- herr; nur für ihn steht der volkswirtschaftliche Nutzen an erster Stelle, nur er kann sich nötigen Falles mit ihm begnügen. Angesichts dieser Tatsachen ist auch für die koloniale Verkehrspolitik der Gedanke, fremde Bahnen in ihrem Besitzstande anzugreifen, ihnen durch den Ban eigener Linien die verkehrs- technische Bedienung unserer Gebiete zu unter- binden, beim heutigen Stande der Dinge im allgemeinen so unfruchtbar. Man hat z. B. gefordert, die Usambarabahn müsse bis an den Viktoriasee verlängert werden, nicht, weil man sich von dem zu durchziehenden Gebiet viel ver- spricht — es gehört zu den weniger aussichts- reichen Landesteilen —, sondern um die Uganda- bahn aus der Beherrschung der Nordwestecke unserer ostafrikanischen Kolonie zu verdrängen. Wir sollten aber bedenken, daß wir heute die volks- wirtschaftlichen Vorteile, die uns die eigene Bahn bringen könnte, im wesentlichen schon mit Hilfe der Ugandabahn genießen, ohne an deren privat- wirtschaftlicher Last mitzutragen, die jetzt un- gefähr noch jährlich 2¼ Millionen Mark größer sein mag als der Betriebsüberschuß. Wenn zwei Bahnen zum Viktoriasee liefen, so würde jede für längere Zeit wohl höchstens 1 v. H. Jahres- rente erzielen; die Ugandabahn bringt selbst in ihrer heutigen Sonderstellung weniger als 2 v.H. Der Verzicht auf die Befehdung der Uganda- bahn erspart uns mithin ungefähr jährlich 3 v. H. des für die eigene Biktoriabahn nötigen Bau- geldes, Summen, die wir heute noch besser für