319 20 geben, ihre Gesetze dem größeren Spielraum an- zupassen; ohne weiteres sei aber an den be- stehenden enger gefaßten landesrechtlichen Be- stimmungen noch nichts geändert worden. Preußen habe jedoch tatsächlich die einschränkende Be- stimmung des § 1 Nr. 1b seines Einkommensteuer- gesetzes bestehen gelassen. auf den Steuerpflichtigen Anwendung finden. Die Berufung ist von der Berufungskommission mit folgender Begründung zurückgewiesen worden: „Die Veranlagung mußte gemäß Artikel 1 Nr. 1e aufrecht erhalten werden. Die Ande- rung des genannten Artikels beruht auf dem abgeänderten Doppelsteuergesetz vom 22. März 1909, § 2 Abs. 3. Danach ist der dienstliche Wohnsitz nur maßgebend, wenn der Pflichtige entweder im Schutzgebiet auch einen Wohnsitz oder in keinem Bundesstaat einen Wohnsitz hat.“ Mit dem hierin erwähnten „Artikel 1 Nr. 1c“ ist offenbar der Artikel 1 Nr. 16 der im Jahre 1909 nach Inkrafttreten des neuen Doppelsteuer- gesetzes abgeänderten Ausführungsanweisung des Finanzministers vom 25. Juli 1906 gemeint. Der Artikel 1 in der ursprünglichen Fassung ent- hielt eine Steuerbefreiung für diejenigen Preußen, „welche neben einem Wohnsitze in Preußen in einem andern Bundesstaate oder in einem deutschen Schutzgebiete ihren dienstlichen Wohnsitz haben."“ Diese Ausnahmebestimmung ist in der abgeän- derten Ausführungsanweisung auf diejenigen Preußen beschränkt worden (Artikel 1 Nr. 1c): awelche zwar einen Wohnsitz in Preußen, aber in einem andern Bundesstaat oder in einem deutschen Schutzgebiet ihren dienstlichen Wohnsitz und auch einen Wohnsitz im Sinne des § 1 Absatz 2 des Doppelsteuergesetzes haben“, d. h. einen tatsächlichen Wohnsitz haben. Die mit der Beschwerde angegriffene Be- rufungsentscheidung unterliegt wegen unzureichen- der Begründung der Aufhebung, weil die Be- rufungskommission ein Eingehen auf den § 1 Nr. 1b des Einkommensteuergesetzes, auf welches der Steuerpflichtige seinen Befreiungsanspruch allein stützt, gänzlich unterlassen hat. Sollte sie etwa meinen, daß das Einkommensteuergesetz durch Sie müsse deshalb auch jene Ausführungsbestimmung des Finanzministers materiell geändert worden sei, so wäre diese An- sicht unhaltbar, weil dem Finanzminister im § 88 des Einkommensteuergesetzes nur die Befugnis zur „Ausführung dieses Gesetzes"“, nicht aber zu seiner materiellen Anderung beigelegt ist. Bei freier Beurteilung ist die Sache spruchreif. Die rechtlichen Erwägungen des Steuer- pflichtigen sind zutreffend. Für seine Veranlagung zur Einkommensteuer sind die Vorschriften des preußischen Einkommensteuergesetzes maß- gebend, insoweit sie nicht etwa reichsrechtlichen Bestimmungen entgegenstehen. Dies ist bei der oben zitierten Befreiungsvorschrift des § 1 Nr. 1b des Einkommensteuergesetzes nicht der Fall. Es ist auch nicht erkennbar, daß diese Befreiungs- vorschrift von den verfassungsmäßig zuständigen Organen abgeändert wäre. Ist sie aber noch rechtsgültig, dann muß sie auch auf den Steuer- Ppflichtigen Anwendung finden, denn er hat neben einem Wohnsitze in Preußen seinen dienstlichen Wohnsitz in Afrika, und zwar in Windhuk, wie aus Anfrage des Gerichtshofes von dem Staatssekretär des Reichs-Kolonialamts amtlich mitgeteilt worden ist. Die Annahme einer Ver- legung des dienstlichen Wohnsitzes durch Abkom- mandierung auf längere Zeit — wie sie im Artikel 39 Nr. 2 Abs. 2 und 3 der Ausführungs- anweisung des Finanzministers erörtert worden ist — kann außerdem hier nicht in Frage kommen, weil der Artikel 39 Nr. 2 Abs. 2 und 3 nach der eingeholten Erläuterung des Finanzministers vom 23. Februar 1912 auf die Angehörigen der süd- westafrikanischen Schutztruppe keine Anwendung findet, da die Servisbestimmungen, welche zu den Absätzen 2 und 3 des Artikels 39 a. a. O. Anlaß gegeben haben, für die südwestafrikanische Schutz- truppe formell nicht eingeführt sind, was auch der Staatssekretär des Reichs-Kolonialamts be- stätigt hat. Hieraus ergibt sich die Freistellung des Steuer- pflichtigen von der zu Unrecht auf ihn veranlagten Einkommensteuer. Die Entscheidung wegen der Kosten gründet sich auf § 54 des Einkommensteuergesetzes. Kolonialwirtschaftliche (Mitteilungen. Der kolonlale Baumwollbau und Sandel und Industrie. Die erfreuliche Tatsache einer sachlichen Üüberein- ung aller Parteien des Reichstags bei Gewäh Hoeblich größerer Reichsmittel für den kolonialen aumwollbau hat die Aufbringung verstärkter Mittel aus Handel und Industrie außerordentlich günstig be- einflußt. Gegenüber 1909 hat, dem Aufruf 1913 des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees folgend, die drei- fache Zahl an Industrie-Verbänden und Han- delskammern eine umfangreiche Propaganda aufge- nommen; fortgesetzt melden neue Verbände der Textil- Veredlungsindustrie, der Baumwollwaren-Ausrüster und auch fernerstehenden Industrien, wie der Kohlen= und Kabelindustrie, ihre Mitarbeit an. Der Deutsche Handels-