363 20 pischen Hochländern ist aber für den Europäer die Möglichkeit, sich dort eine sichere wirtschaft- liche Existenz zu gründen, wie solche auf den amerikanischen Hochländern durch Bergbau, Vieh- zucht, Ackerbau und Handel in reichem Maße gegeben ist. Aber selbst da, wo die Möglichkeit wirtschaftlicher Existenz für Weiße nicht gegeben wäre, wäre der Besitz von Hochlandgebieten als sehr wertvoll zu bezeichnen, weil auch temporärer Aufenthalt daselbst zur Erholung der Tiefland-= ansiedler häufig genügen dürfte und ihnen manche teure Reise in Länder der gemäßigten Zone ersparen könnte. « Wenn wir unsere deutschen Tropenkolonien überschauen, so zeigt sich, daß in Deutsch- Ostafrika und Kamerun viel malariafreies Hoch- land vorhanden ist; doch wird erst die Zukunft zu zeigen haben, ob für größere Mengen von Euro- päern die Möglichkeit selbständiger wirtschaftlicher Existenz gegeben ist; ob in unseren Südseeschutz- gebieten, namentlich Kaiser-Wilhelmsland, größere befiedelbare Flächen in bedeutender Höhe vor- handen find, wissen wir noch nicht. Aber auch die mäßig hohen Gebirgsgegenden tropischer Länder, die man im spanischen Amerika als Tierra templada bezeichnet, eignen sich, wie es scheint, noch recht gut zur dauernden Ansied- lung für Europäer, sofern die schwere körperliche Arbeit Eingeborenen überlassen wird. So stellt Dr. Rothschuh, der 13 Jahre lang in Nicaragua teils im Hoch-, teils im Tieflande als Arzt prak- tiziert hatte, fest.'z) daß die dauernd in den kühleren Regionen Nicaraguas (um 900 bis 1200 m) wohnenden Weißen sich einer ganz guten Gesund- heit erfreuen und daß dort „Akklimatisation der weißen Rasse bei vernünftiger Lebensweise und Vorhandensein geeigneter ärztlicher Hilfe durchaus möglich“ sein dürfte, selbst für den Fall, daß die Männer im Tiefland arbeiteten, wenn nur Frauen und Kinder im Hochland blieben. Dieses Gut- achten, das sich durchaus mit meinen Eindrücken aus Guatemala deckt, scheint mir insofern weite Ausblicke zu eröffnen, als auch in unseren deutschen Tropenkolonien ausgedehnte Gebiete in ähn- lichen Höhenlagen liegen und diese sich für eine Reihe lohnender Tropenkulturen eignen. Auch in Deutsch-Neuguinea gibt es derartige Gebirgs- gegenden, doch hat man ihre wirtschaftliche Ausnutzung bisher nur wenig ins Auge gefaßt; immerhin erfreuen sich einige höher gelegene Stationen (Sattelberg, Toma) bereits eines ge- wissen Rufs als Erholungsstationen. Günstiger vielleicht als Neupommern und selbst wohl der größere Teil von Kaiser-Wilhelms- Schriften des Vereins für Sozialpolitik, 147, 2. München und Leipzig 1912. land dürfte Neumecklenburg für Anlage von Erholungsstationen und dauernden Europäer- ansiedlungen beschaffen sein, denn es besitzt trotz der Schmalheit der Insel einige relativ ansehn- liche Hochlandflächen, die einer kleinen Zahl von Europäern die Schaffung einer selbständigen wirtschaftlichen Existenz in gesunder Höhenlage (600 bis 1000 m) gestatten könnten. Ich meine hier in erster Linie das Hochland von Lelet, das etwa 800 m mittlerer Höhe besttzt und vor anderen Hochländern der Insel den Vorzug hat, weithin verhältnismäßig dicht be- siedelt und deshalb auch entwaldet zu sein. Außerdem ist es aber auch recht leicht zugänglich, und es ist ein Verdienst Dr. Büchers, Anfang 1912 einen Zugangspfad zu diesem Hochland ge- funden zu haben, der so gleichmäßiges Gefälle zeigt, „daß man ihn mit Ausnahme nur weniger kürzerer Strecken mit geringer Mühe zu einem für Maultiere und Pferde gangbaren Saumpfad ausbauen könnte“"“). Das Hochland selbst stellt ein Karstplatean mit zahlreichen tiefeingesenkten Dolinen vor und erinnerte mich seiner landschaftlichen Erscheinung wie seiner physischen Beschaffenheit nach im höchsten Grade an die Hochländer der Alta Verapaz in der Republik Guatemala, wo ich in Höhen zwischen 600 und 1300 m 12 Jahre lang auf Kaffeepflanzungen gewohnt hatte (davon 1½ Jahre lang als praktischer Pflanzer). Was wunder, daß ich in meinem Bericht über eine 1908 in amtlichem Auftrag unternommene For- schungsreise nach Neumecklenburg““) dies Gebiet als geeignet für Kaffeebau (und Viehzucht) be- zeichnete. Ich glaubte mich zu einem solchen Urteil um so mehr berechtigt, als ich selbst in der Alta Verapaz 1890 eine Kaffeepflanzung an- gelegt habe, die großenteils auf ganz gleich- artigem Karstland steht und noch heute gute Er- träge liefert, und als ich auf urwaldbedecktem, damals fast unbefiedeltem Regierungsland 1889 eine ganze Anzahl von Ländereien ausgesucht habe, die später mit Erfolg mit Kaffee bepflanzt worden sind. Angesichts dieser praktischen Er- fahrungen bin ich überzeugt, daß etliche erfahrene und sparsam wirtschaftende Kaffeepflanzer auf dem „Deutsches XXIII. Nr. 12, Frühere wie dieses oder waren nicht BProf. einen so M in eines un- änzungsheft 3 der Mitteilungen aus den khutcheh. Berlin 1910. deutschn