G 590 20 daß die Seuche in derselben Ausdehnung östlich von Nola am Bodinge-Fluß und dem Mbaere aufwärts, ferner westlich des Mambere in der Gegend von Bafio, Go, Guachobo herrsche. Am 28. setzte ich die Weiterreise fort. Stabs- arzt Dr. Roesener folgte mit Dr. Muraz einige Tage später nach, da die Beförderungs- mittel ein gleichzeitiges Reisen nicht erlaubten. Unterwegs wurden in Salo, Angoa, Bomassa und Koto übernachtet, am 4. März wurde Wesso erreicht. Am 2. März wurde unterwegs die Abteilung des Leutnants Tamm getroffen, die von Molundu auf dem Wege nach Carnot war. Am 3. März begegneten wir dem Dampfboot „Zeuner", dessen Führer uns bis Gandjikolo drei Stunden oberhalb von Wesso in das Schlepptau nahm. In Bomassa hatte ich Gelegenheit zwei Dörfer von Pygmäen zu besuchen, die in dieser Gegend Babingas genannt werden um eine Anzahl von Messungen bei Erwachsenen vorzu- nehmen. Ich fand bei ihnen einen Schlaf- kranken. Von Nola bis Wesso nahm die Zahl der Fliegen zu, an den letzten drei Tagen der Kahn- fahrt wurden Hunderte gefangen. Wesso liegt auf einer etwa 10 m hohen Platte. Dort ist ein französischer Militärarzt stationiert (zur Zeit Muraz), der in erster Linie die Überwachung der von Wesso nach dem Kongo Reisenden auf Schlafkrankheit vorzunehmen hat. Auch in Wesso konnten einige Babingas, die von den französischen Beamten aus einem benach- barten Banbinga-Dorfe herangeholt waren, ge- messen werden. Von Wesso aus wurde Mbitu besucht, das etwa 1½ Stunden Kanufahrt unter- halb von Wesso auf der linken Seite liegt; es ist der einzige Platz in der näheren Umgebung von Wesso, der nicht überschwemmt wird, da er auf einer 12 m hohen Platte liegt. Die Breite dieser Platte beträgt etwa 2 km und übertrifft die von Wesso, die nur etwa 1 km beträgt. Nach dem Innern zu fällt das Gelände etwas ab, um sich nach einiger Zeit wieder zu erheben. Die Eingeborenen von Mbiru, die zu dem Stamm der Sanga-Sanga gehören, haben große Farmen angelegt. Etwa eine Wegstunde von Mbiru entfernt, besuchte ich im Innern ein Babinga- dorf und konnte auch hier zahlreiche Messungen vornehmen. Ubrigens waren während der Kanu- fahrt nach Mbiru viele Fliegen im Boot. Am 9. März wurde die „Valerie“ bestiegen, welche bisher die regelmäßige Verbindung mit Brazzaville herstellte. Am gleichen Tage kehrte Stabsarzt Dr. Roesener nach dem Norden zurück, um die Bekämpfung der Schlafkranheit in den Gebieten von Carnot und Nola sofort einzuleiten. Am 10. März erreichte ich Ikelemba, das 14 m hoch aus dem Fluß auf der rechten Seite des Sanga herausragte. Während des 9. März wurde eine Palpalis beobachtet, am 10., 11. und 12. März konnte keine Fliege beobachtet werden, am 13. März etwa 4 Stunden unterhalb von Pikunda traten zahlreiche Palpalis auf, die auch am 14. und 15. zu beobachten waren. Ich kann nicht sagen, warum in den ersten Tagen hinter Wesso auf dem Dampfer keine Fliegen beobachtet wurden. Daß sie vorhanden waren, hatte ich bei der Kanufahrt von Wesso nach Mbiru beobachtet. Aus diesen meinen Beob- achtungen geht hervor, daß die Bedingungen des Fliegenvorkommens auch auf dem Sanga noch genauerer Untersuchungen bedürfen. Am letzteren Tage erreichten wir Bonga, das an seiner höchsten Stelle etwa 3½ m her- ausragte. In Bonga traf ich Dr. Rautenberg, den Regierungsarzt von Molundu, der die Um- gegend auf Schlafkrankheit untersuchte. Nach seinen Feststellungen herrscht die Krankheit am Sanga bis Bonga und in der Nähe von Mo- lundu bei Les rapides. Nach Aussage fran- zösischer Kaufleute soll sie in Ntoku am Likuala- Mossaka auf deutschem Gebiet heftig auftreten. Auf der Reise von Carnot nach dem Kongo konnten wir die von den Franzosen zuerst be- richtete Beobachtung bestätigen, daß in den Ge- bieten mit wenig Glossinen viel Schlafkrankheit, in den Gegenden mit viel Glossinen wenig Schlaf- krankheit herrscht. Auch am Njong haben übrigens unsere Arzte ein ähnliches Verhältnis der Fliegen zur Krankheit festgestellt. Die Franzosen deuten die Möglichkeit an, daß im Sangagebiet nicht die Glossina palpalis, sondern eine andere Fliege, vielleicht die Stomoxhys die Überträgerin ist. Ich bin auf Grund meiner Beobachtungen in dem gesamten durchreisten Gebiet zu einer Überlegung gekommen, die das widerspruchsvolle Verhältnis vielleicht erklärt. An den Orten des Urwaldes, an denen die Fliegen reichlich vorkommen, weil sie sehr gün- stige Lebensgewohnheiten (Wasser, viel Wild, Krokodile, Elefanten u. a. m.) haben, ist die ein- zelne Fliege vielleicht viel seltener gezwungen, bei dem Menschen Blut zu saugen, als im Gras- lande, wo sie infolge ungünstiger Verhältnisse (wenig Wald, weniger Wasser, weniger Wild) seltener vorkommt. Die Gesamtbelästigung für den Menschen ist an den Orten mit vielen Glossinen größer, die Möglichkeit, daß eine Glossine viele Menschen sticht, ist in den fliegen- armen Gegenden stärker. Dadurch ist in letzteren aber eine stärkere Verbreitung der Krankheit bedingt. Die französischen Arzte in Brazzaville be-