W 808 20 Gegner im Augenblick, als wir vorbeigingen, noch nicht mit dem Gewehre ganz fertig gewesen und daher uns Europäer nicht hatte beschießen können. Die zahlreichen Schüsse auf den fliehenden Gegner find meines Erachtens ohne Erfolg gewesen. Es war ein Glück für den Schützen, daß er in die Trägerkarawane geschossen hat. Hätte er auf die Spitze gefeuert, so wäre er wohl gefangen worden, da die Soldaten der Spitze die Verfolgung hätten aufnehmen können. Die Soldaten der Träger- karawane hatten strengsten Befehl, die Karawane nicht zu verlassen. In dem Moment, in dem die Soldaten einem Gegner in den Busch gefolgt wären, würden die Träger nach der anderen Seite davongelaufen sein. Daß die Ainsok- Leute uns folgten bzw. uns vorauseilten, konnten wir aus den zahlreichen frischen Fußspuren er- sehen. Der Weg führte über den Mwo, sehr zu unserem Leidwesen zunächst in fast nördlicher, später nordöstlicher Richtung, dann den Mwo aufwärts zum Dorfe Nkore. In der etwa 1 km hinter uns marschierenden Trägerkarawane begann eine Strecke vor Nkore ein Träger durch lautes Trillern die Bewohner von Nkore auf unser Kommen aufmerksam zu machen. Der die Aussicht führende Gefreite unter- sagte ihm dies zunächst, dann warf dieser Träger die Last weg und suchte zu entkommen. Der verfolgende Soldat hat ihn nicht erreichen können und ihn erschossen. Diese drakonische Maßregel war notwendig. Es war den Trägern ausdrücklich vorher einge- schärft, daß jeder, der mit dem Feinde gemein- same Sache mache oder der entliefe oder zu ent- laufen versuche, erschossen würde. Eine Aussicht, neue Träger zu erhalten, war nicht vorhanden. Eine Aufgabe des Gepäcks wäre verhängnisvoll gewesen. Es mußte mit den schärfsten Mitteln versucht werden, die Träger zusammenzuhalten. Auch bei Nkore lagen die Bewohner auf der Wache. Es wurden einige Schüsse gewechselt, beiderseits ohne Verluste. Dies war günstig, denn so gelang es, mit den in die benachbarten Farmen geflüchteten Dorfbewohnern in Verhandlungen zu treten und sie nach langem Zureden zur Rückkehr zu bewegen. Sie erklärten, mit den Ainsok- Leuten keine gemeinschaftliche Sache machen zu wollen. Die Bewohner gewannen Zutrauen und führten uns den nächsten Tag auf Schleichwegen über Nkut nach Njanam. Die Führer gaben später zu, den besseren Weg nicht gegangen zu sein, da sie befürchtet hätten, dort würden wir von den Ainsok-Leuten beschossen. Ich schickte stets einige Dorfbewohner zum nächsten Dorf voraus, um anzusagen, daß wir in friedlicher Absicht kämen. Das hat sich gut be- währt. Auch diesen Tag ging es, wie wir nach den Routenaufnahmen feststellen konnten, nord- östlich. Wir vermuteten, daß wir allmählich in das spanische Gebiet abgedrängt würden. Außer- lich machte sich dies schon in der Haltung der Bevölkerung bemerkbar. Die Eingeborenen waren selbstbewußter, um nicht zu sagen anmaßender. Jeder hatte sein Gewehr in der Hand, welches er niemals weglegte. In Njanam, einem sehr volkreichen Dorfe, entliefen nachts durch ein Loch, welches sich die Leute aus der Hütte gegraben hatten, drei Träger bzw. Gefangene, so daß wir vom Häuptling von Njanam Ersatzträger anfordern mußten. Der Häuptling, wahrscheinlich verhetzt durch die ent- laufenen Träger, machte große Schwierigkeiten, es bedurfte einer dreistündigen Verhandlung, wo- bei die Dorfmannschaft bewaffnet in den Farmen um uns herumstand, um nach Hingabe von Ge- schenken, Tüchern, Haumessern und Tabak zwei Ersatzträger und einen Führer zu erhalten. Im nächsten Dorf, in dem alle Bewohner geflüchtet waren, ging der eine Führer unter der Vorgabe, die Dorfbewohner zu rufen, in die Farmen, ver- schwand dann aber und kam nicht zurück. Es gelang aber schließlich, einen Ersatzführer aus diesem Dorfe zu erhalten. Auf längeres Rufen waren zwei bewaffnete Männer aus den Farmen gekommen. Es sind dies Dörfer, deren Bewohner im wildesten Urzustande sind. Wie unüberlegt, jäahzornig und wild die Leute sein können, erhellt am besten daraus, daß einer der Ersatzträger, der sein Gewehr und Haumesser mit sich hatte und vor mir marschierte, beim Weitermarsch plötzlich aus mir unerklärlichem Grunde mit seinem Hau- messer auf den Dolmetscher und einen Soldaten einzuhauen begann. Er schlug den Soldaten zu- nächst auf den Kopf, verwundete ihn dann am Arm, der Soldat sprang darauf zurück, legte an und erschoß ihn. Es spielte sich dies nur 1 m von mir und so schnell ab, daß ich selbst nur Zeit hatte, vor dem wild um sich hauenden Träger und dann vor dem anlegenden Soldaten etwas zur Seite zu springen, ich wurde noch von dem Blut des Erschossenen am Arm bespritzt. Gleichzeitig sprang der Führer in den Busch. Es war ein bewaffneter Mann. Nach dem Vor- fall mit dem Träger war anzunehmen, daß dieser Führer alsbald sein Gewehr auf die Karawane abgefeuert und dann die ganze Dorfmannschaft zu unserer Verfolgung gehetzt hätte. Der nach- folgende Soldat erreichte ihn nicht und erschoß ihn. Das nächste Dorf, welches wir erreichten, war Akuas I. Sämtliche Bewohner waren entlaufen. Kaum hatten wir das Dorf verlossen, als gleich- zeitig auf die Trägerkarawane und auf uns,