G 818 20 Rolonialrechtliche Entscheidungen. Nr. 22. Auszug aus dem Urtell des Reichsgerichts (3. Jlvilsenat) vom 17. Juni 1913. 1. Für die Ansprüche der Kolonialbeamten aus ihrem Dienstverhältuisse sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig. . 2. Ein Kolonialbeamter, der sich vor dem Übertritt in den Kolonialdienst im Heere oder in der Marine in einer seinen Lebensberuf ausmachen- den Laufbabn befunden hat, ist als aus dem Reichs- oder heimischen Staatsdienst übernommen anzusehen. (8§ 14, 44 Kolonialbeamtengesetz.) fzde Kläger war bis zum 29. September 1900 Oberfeurerwerder in der Kaiserlichen WMarine und vom 30. September 1900 bis zum 30. 911 Beamper im Dienste des Beklagten, zuletzt zs6 14 4 bei dem Kaiserlichen Gonvernement. Zu dem letzterwähnten Tage ist er auf sein Gesuch wegen Tropendienstuntaug- ichleit gut ihen in den Ruhestand versetzt worden. Durch Bescheid vom 2. November 1911 ist dem zur Zeit deses erwerbsunfähigen Kläger die volle Pension zugebilligt worden, aber nur für die Dauer der völligen Erwerbsunfähigkeit (gemäß § 16 des Kolonialbeamten- gesetzes vom 8. Juni 1910), vorläufig auf zwei Jahre, und mit der ausdrücklichen Erklärung, daß der Kläger nicht aus dem Reichs= oder heimischen Staatsdienst in den Kolonialdienst übernommen sei. Die gegen diese Einschränkung gerichtete Beschwerde des Klägers ist durch Bescheid des Staatssekretärs des Reichs- Kolonialamts vom 12. April 1912 zurückgewiesen worden. Darauf hat der Kläger am 7. Juni 1912 Klage auf Feststellung erhoben, daß er aus dem Reichs- Mayinedienst in den Kolonialdienst übernommen worden vie Landgericht hat dem Klageantrage gemäß erkannt; das Kammergericht hat die Berufung des Be- klagten zurückgewiesen. Dieser hat Revision erhoben und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und nach dem von ihm in der Berufungsinstanz gestellten Antrage zu erkennen. Der Kläger hat den Antrag gestellt, die Revision zurückzuweisen. Aus den Entscheidungsgründen. Die Acrisien ist, obwohl der Streitwert R äß § 547 Nr. I. auf 2000 A festgesetzt ist, gem Sesd für zulässd u erachten. — selit allerdings an einer ausdrü Schen gCesetzlichen Vor- schrift, durch die für die Ansprüche der Kolonial= beamten aus tihrem Dienstverhältnise die Landgerichte o ücksicht auf ert des Streitgegenstandes Kr zwechehüch zunedn. erllät sind. Das Kolonial= beamtengesetz i 1910 erklärt im § 1 nur die Er’u.piipN 9nP Neichsbeamtengeseges und des Beamtenhinterbliebenengesetzes auf die Kolonialbeamten und deren Hinterbliebenen für anwendbar, soweit es selbst nichts — beitimmt, nicht dagegen die Vor- schrist des § 70 bof 2 Nr. 1 des Gerichtsverfassungs- geseges. welche die –m Zmtänelgkeit der andgerichte für die Ansprüche der Reichsbeamten gegen den Reichsfiskus auf Grund des Reichsbeamten- *5 etzes begründet. Die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift auf die Ansprüche der Kolonialbeamten aus ihrem Dienswwerhältnisse wird aber einmal dadurch erechtfertigt, daß durch das Kolonialbeamtengesetz die Kolonialbeamten den Reichsbeamten grundsätlich gleich- gestellt werden sollten (vgl. S. 17 der Begründung, Drucksache Nr. 387 des Reichstags 12. Legislaturperiode II. Session 186# 10, Bd. *5-J und sernet durch die Erwägun ß auf Grund des 81 des Kolonial- beamenogseen und des § 19 des hier für anwendbar erklärten Beamtenhinteröliebenengeseyes vom 17. Mai 1907 für die Ansprüche der Hinterbliebenen der Ko- loniolbeamten die Land ede ohne Rücksicht auf den ert *, Streitgegenstandes Lschbeich zständig sind ude daß folglich f Ansprüche olonial- beamten selbst aus i rem skeist nichts anderes gelten kann. Bei dem Erlasse des Kolonial= beamtengesetzes ist offenbar nur übersehen, daß die Juständigkeitsbestimmung. nicht in dem Reichsbeamten- gesetze, sondern in dem Gerichtsverfassungsgesetze ent- halten ist #og. auch Stein. Jiwiiprageßorhnung 10. Auf- lage Bd. 1 S. 28 Anm. 5 * 1 II. Die Parteien scbch Salperr, ob der Kläger, der bis zu seinem Eintritt in den Kolonialdienst Ober- feuerwerker in der Kaiserlichen Marine war, zu den- jenigen Kolonialbeamten gehört, die „aus dem Reichs- oder heimischen Staatsdienst in den Kolonialdienst über- nommen sind“ (Kolonialbeamtengesetz § 14), oder ob, wie der Beklagte behauptet, der Dienst in 7 Kaiser- lichen Marine nicht als Reichsdienst im Sinne des Kolonialbeamtengesetzes 5§ 14, 44 anzusehen ist. Diese Frage ist für den Fall, daß der Kläger wieder ganz oder teilweise erwerbsfähig werden sollte, von großer praktischer Bedeutung. Die aus dem Reichs= oder heimischen Staatsdienst in den Kolonialdienst über- nommenen Kolonialbeamten erhalten nämlich Pension nach Maßgabe der Vorschriften des Reichsbeamten- geseves 88 34 ff., also regelmäßig, wenn sie nach einer enstzeit von mindestens 10 Jahren dauernd kolonial- nenssarsio sind und deshalb in den Ruhestand ver- setzt werde Für die nicht aus dem Reichs= oder heimischen Staatsdienst in den Kolonialdienft iten nommenen Kolonialbeamten ist dagegen des Kolonialbeamtengesetzes die Bgegen ech SS 10. keit nicht genügend, sondern Erwerbsunfähigkeit Vor- bedingung des Anspruchs auf Pension, während ander- seits bei ihnen das Erfordernis zehnjähriger Dienstzeit wegfällt: nur für die Dauer völliger Erwerbsunfähig- keit erhalten sie die volle Pension der Reichsbeamten, ür die Dauer teilweiser Erwerbsunfähigeit einen ent- Wrechenen Teil dieser Pension, und bei der zurteilung des Grades der Erwerbsunfähigkeit ist in erster Linie der von ihnen vor ihrem Eintritt in den Kolonialdienst ausgeübte Beruf zu berücksichtigen und, wenn sie keinen besonderen Beruf aus -eibt baben, die allgemeine Er- werbsfähigkeit maßge e oben rnse Streitfrage ist von den Vor- instaunzen zugunsten des Klägers entschieden. Das Be- rufungsgericht erklärt zwar nicht jeden Militärdienst für einen Reichs= oder heimischen Staatsdienst im Sinne des Kolonialbeamtengeietzen es läßt dahingestellt. wie zu entscheiden wäre, wenn ein Kolonialbeamter vor dem Eintritt in den Kolonialdienst lediglich seiner Wehr- bflicht im Heere oder in der Marine genügt habe, es hält aber eine Anstellung im Reichs= oder Staatsdienst im Sinne des § 44 des Kolonialbeamtengesetzes jeden- falls dann für gegeben, wenn ein Kolonialbeamter sich vor dem Ubertritt in den Kolonialdienst im Heere oder .