E 868 2O Vermischtes. über die Festiegung von Wanderdünen in Buchara und Transkaspien. (Mit zwei Tafeln und drei Textfiguren.) Von Dr. W. Busse. Geheimer Regierungsrat. Von Beginn ihrer Erbauung an leidet die Bahn Lüderitzbucht—Keetmanshoop in Südwest- afrika in dem von ihr durchschnittenen Dünen- gebiet schwer unter Störungen durch Flugsand- verwehung. Jahr für Jahr müssen sehr beträcht- liche Geldaufwendungen geleistet werden, um den Verkehr auf dieser Strecke ohne Stockung durch- führen zu können, die Schienenstränge von den angewehten Sandmassen zu befreien und weitere Überwehungen nach Möglichkeit zu verhindern. Seit Jahren werden die verschiedensten Versuche unternommen, den Flugsand wenigstens in un- mittelbarer Nähe der Gleise mittels natürlicher oder künstlicher Mittel festzulegen oder doch wenigstens zu beruhigen. Nichts lag näher, als dabei den Blick auf die Dünenbefestigung in anderen Ländern zu richten, um dort Anhalts- punkte für das Vorgehen an der Lüderitzbuchter Bahn zu gewinnen. So wurde schon frühzeitig von einem der Eisenbahnkommissare des Gou- vernements zu Zwecken näherer Informationen die Kurische Nehrung besucht, wo bekanntlich die preußische Verwaltung schon ein geradezu klassisch gewordenes Kulturwerk geschaffen hat. Mannigfache Anregungen wurden von dort mit- genommen, die aber aus später zu erörternden Gründen noch nicht erfolgreich verwertet werden konnten. Aber noch ein anderes Dünengebiet zog die Aufmerksamkeit der Kolonialverwaltung auf sich, das, im Innern Westasiens gelegen, von europäi- schen Reisenden mehrfach besucht und erwähnt worden war, und dessen verhängnisvolle Wirkungen auf den Eisenbahnverkehr der Technik außer- gewöhnliche Aufgaben gestellt hatten und noch stellen: die Dünenstrecken der „Mittelasiatischen Bahn“ in Buchara und Transkaspien. Die Angaben von Reisenden ließen unzweideutig er- kennen, daß es der russischen Verwaltung gelungen war, der dort auftretenden Störungen und Ge- fahren durch Bindung des Flugsandes mittels finnreicher Methoden Herr zu werden. Und es schien um so mehr angebracht, sich über die dortige Methodik eingehender zu informieren, als in jenen Gegenden Turans klimatische Bedingungen herrschen, die denjenigen Südwestafrikas, ins- besondere der Dünengebiete der Lüderitzbuchter Bahn viel näher kommen, als die natürlichen Verhältnisse unserer Ostseeküste. Das gilt vor allem für den Mangel an Niederschlägen, für das ausgesprochene Wüstenklima hier und dort. Bei Gelegenheit einer, im wesentlichen anderen Aufgaben gewidmeten Studienreise nach Turkestan wurde ich beauftragt, auch die fraglichen Dünen- gebiete zu besuchen und an Ort und Stelle In- formationen über die dortigen Festlegungsarbeiten zu sammeln. Vor Antritt dieser Reise, die im Sommer 1909 ausgeführt wurde, hielt ich es für zweckmäßig, auch die Arbeiten auf der Kurischen Nehrung kennen zu lernen. Wenn auch diese Dünengebiete von ganz anderen natürlichen Vorbedingungen beherrscht werden, und wenn auch die Entstehungs= und Gestaltungsverhältnisse der kurischen Dünen von denen der miteel- asiatischen erheblich abweichen, so konnte es doch für das Verständnis und die richtige Bewertung der russischen Methodik und ihrer Erfolge nur vorteilhaft sein, die Einzelheiten des altbewährten Vorgehens auf der Nehrung vorher in Augen- schein zu nehmen. Diese Besichtigung wurde in Gemeinschaft mit dem damaligen Vorstands- mitgliede der Deutschen Kolonial-Eisenbahnbau- und Betriebs-Gesellschaft, Herrn Baurat Reh, vorgenommen. Dank dem Entgegenkommen der preußischen Regierung und der ausgezeichneten, höchst instruktiven Führung durch die mit den Dünenarbeiten an Ort und Stelle betrauten Be- amten wurde es uns ermöglicht, in verhältnis- mäßig kurzer Zeit einen genügenden Einblick in die Technik der Befestigung auf der Nehrung zu gewinnen. Als ich zwei Monate später die mittel- asiatischen Dünengebiete besuchte, kamen mir jene Vorstudien auf Schritt und Tritt außerordentlich zugute. Leider war es mir nicht vergönnt, den Schöpfer der Dünenbefestigung in Turan, Herrn Forst- meister Paletzky, in seinem Arbeitsgebiet an- zutreffen oder überhaupt mit ihm zusammen- zukommen. Dringende Dienstgeschäfte fesselten ihn gerade damals in einem entlegenen Distrikt am Kaspischen Meer; Herrn Paletzky dort auf- zusuchen, gestattete die mir zur Verfügung stehende Zeit nicht. Indessen ebnete mir der Chefingenieur der Bahn in Tschardschui, Herr Pusino, in liebenswürdigster Weise die Wege und bestellte mir in dem bewährten Mitarbeiter Paletzkys, Herrn N. J. Sabokisch, einen vorzüglichen Führer. Letzterem verdanke ich die im dortigen Dünengebiet erhaltenen Informationen. Es ist mir eine angenehme Pflicht, diesen beiden russischen Beamten, sowie allen den Herren, die sich vorher auf der Nehrung um das Ge-