869 20 lingen meiner dortigen Studien ausopfernd bemüht hatten, auch an dieser Stelle aufrichtig zu danken. Der Umstand, daß — abgesehen von spo- radischen Notizen verschiedener deutscher Rei- sender — bei uns zulande von der Technik der Dünenbefestigung in Transkaspien kaum etwas bekannt geworden ist, berechtigt dazu, diesen, ur- sprünglich nur für die Kolonialverwaltung be- stimmten Bericht der Offentlichkeit zu übergeben. Fachmänner mögen daraus vielleicht diese oder jene, für die Verwertung in anderen Dünen- gebieten verwendbare Einzelheit entnehmen können. Wenn hierbei von einer, auch noch so kurz ge- haltenen Schilderung der Arbeiten auf der Kuri- schen Nehrung abgesehen wurde, so geschah das im Hinblick auf die erschöpfende Behandlung des Stoffes in Gerhardts bekanntem „Handbuch des deutschen Dünenbaues“, dessen Studium für jeden unerläßlich ist, der sich mit den vorliegenden Fragen theoretisch oder praktisch beschäftigen will. Bei Erbauung der „Mittelasiatischen Bahn“, die das eigentliche Turkestan mit dem Kaspischen Meer verbindet und die zunächst aus strategischen Gründen angelegt und noch eine lange Reihe von Jahren als Militärbahn weiter- geführt wurde, entstanden bei Durchquerung der Dünenzone in Transkaspien und dem westlichsten Teile von Buchara dem Erbauer, General An- nenkow, anfangs ungewöhnliche Schwierig- keiten.). Der frühere Generalgouverneur von Turkestan, General Tschernjajew, hatte sogar der Bahn prophezeit, daß sie Buchara niemals erreichen, sondern elend im Wüstensande stecken bleiben werde.““) Indessen gelang es mit dem äußersten Aufwand von Energie, diese Schwie- rigkeiten zu meistern. Durch Begießen des Dammes mit Seewasser, das in eigenen Zügen herangeschafft werden mußte, und mit Löß-Auf- schwemmungen, durch Bepflanzen und Besêen des Dammes, durch Einlegung von Zweigen und endlich durch Anlage von Sturmzäunen aus Holz- schindeln längs der Schienenstränge wurde den Wirkungen des Flugsandes beim Bahnbau ent- gegengetreten. U. a. versuchte man es auch mit der Anpflanzung des Halfagrases (Stipa tena- eissima), das zu diesem Zweck eigens aus Algier eingeführt wurde. Aber, erklärlicherweise, ohne Erfolg. An mehreren Stationen wurden dann große Baumschulen angelegt, von denen aus die Bepflanzung der Bahndämme besorgt wurde. Wie es in jener Gegend vor Festlegung der *) Näheres siehe bei O. Heyfelder, Trans- kaspien und seine Eisenbahn Ganbon 1888), S. 184f., und M. vil brecht, Russisch-Zentral-Asien (Hamburg 896), S S#lselder, S. 78. Wanderdünen aussah — und außerhalb der Befestigungszonen heute noch aussieht —, ver- mögen am besten die Abbildung von Albrecht (a. a. O. S. 69) und die hier wiedergegebene von Bessey') (S. Taf. I) zu erläutern, die einige Einblicke in die grandiose Wüstenlandschaft ge- währen. Die Namen einiger Bahnstationen, wie Peskl (= Sandberge) und Barchanl (— Wander- dünen), geben den dortigen natürlichen Verhält- nissen beredten Ausdruck. Wenn inzwischen die durch unablässige Ver- wehung der Gleise entstandenen Verkehrs= und Betriebshindernisse wenigstens auf große Strecken hin überwunden worden sind, so gebührt dafür der Dank dem russischen Forstmeister Paletzky, dessen unermüdlicher planvoller Arbeit es gelungen ist, ein System der künstlichen Dünenbefestigung zu finden, das sich in jenen Gebieten glänzend bewährt hat. Paletzky hat vor mehreren Jahren ein Buch über seine Methoden veröffentlicht, das aber im Buchhandel völlig vergriffen ist und mir trotz vielseitiger Bemühungen nicht erhältlich war. Der Beginn dieser Arbeiten liegt etwa 15 Jahre zurück. Der systematische Betrieb wurde vor 13 Jahren ausgenommen. Bis zum Jahre 1909 war eine Strecke von etwa 50 Werst (1 W. = 1,067 km) befestigt worden; noch blieben damals 20 Werst festzulegen. Die bucharischen und transkaspischen Wanderdünen haben ihren Ursprung und ihr Material aus den gewaltigen Sandwüsten des Aralo-Kaspischen Beckens genommen, dem Boden und Ufergelände eines großen Binnenmeeres, das einstmals weite Strecken des ostkaspischen Tief- lands bedeckte. Man nimmt an, daß in späteren Perioden zunächst in weiterem Umfang eine Be- wachsung des Sandbodens mit verschiedenen For- mationen und hierauf erst wieder streckenweise die Freilegung erfolgte. Unter den verschiedenen Faktoren, die dort zur Überführung bewachsener Dünen und Wüsten- steppen in bewegliche Sandmassen beigetragen haben“), spielte erfahrungsgemäß die Ausrottung ehemaliger großer Bestände des „Saxaul“ (Ha- loxylon Ammodendron) eine nennenswerte Rolle. Dieser Baum, über den unten weiter zu reden sein wird, kommt noch heute in Transkaspien und dem üÜbrigen Turkestan in dichteren Beständen vor — er ist der einzige, natürliche Bestände bildende Baum der Ebene. Bei dem notorischen Mangel an Heizmaterial und dem großen Heiz- * Bessey in „Vegetationsbilder“, herausgegeben von Schenck und Larsten= Jena ( (G. Fischer) 1905, Reihe i Heft 2, Siehe gnl gemimorl, Nr. 126 zu Petersuehe Mitteilungen 1898 S. 1