W 945 20 herauszuholen, während sich die übrigen, neun Männer, bis zum letzten Atemzug verteidigten. An ein Ergreifen war nicht zu denken, da sie im Dunkel der Höhlen nicht zu sehen waren und dauernd ihre Pfeile abschossen. Gegen 5 Uhr waren wir im Besitz der Höhlen, wobei nur zwei Soldaten leicht verwundet worden waren, nachdem wir uns ohne Ruhe über 24 Stun- den darum bemüht hatten. Den nächsten Morgen gingen wir nach Tari zurück. Durch eines der gefangenen Kinder ließ ich den Bruder des gefallenen Häuptlings rufen. Dieser erschien bald und wurde nun zum Häupt- ling eingesetzt. Es wurde ihm die Gestellung von 10 Arbeitern auferlegt, die er auch im Laufe des Tages brachte. Am nächsten Tage verließen wir die Vieh- straße, um nach Nordosten auf den aus der Ebene ragenden Berg Bukun zu marschieren. Viel mehr als den Namen wußten die Leute von Tari und Ssenge auch nicht, denn aus Furcht vor den Nachbardörfern wagt sich hier niemand von seinem Berge hinunter. Gegen 11 Uhr vormittags erreichten wir den Berg Bukun. Da der vorausgesandte Häupt- ling Maede meldete, es sei alles auf dem Gipfel des Berges geflohen, ließ ich an seinem Fuße halten und erstieg ihn selbst unbewaffnet mit nur einem Dolmetscher. Als ich auf halber Höhe war, erschienen hinter den Steinen an 30 Leute, von denen zunächst zwei auf mich schossen, sich dann aber alle bequemten, mich, der ich 50 Schritt von ihnen haltmachte, zu hören. Ungefähr zwei Stunden redete ich nun auf die Leute ein, ver- nünftig zu sein und herabzukommen, während ich an dem Schreien von Kindern und Meckern bon Ziegen wahrnahm, daß sie Weib und Kind, Hab und Gut in den Höhlen in Sicherheit brachten. Als sich dann endlich ein Mann entschloß, zu mir zu kommen, lief mir der Dolmetscher aus Angst fort. Ich schüttelte dem Ankommenden die Hand und konnte dann auch den Dolmetscher zur Rückkehr bewegen. Dem Manne ließ ich sagen, mit ihm könne ich nicht verhandeln, er müsse den Häuptling rufen. Nach einer weiteren Stunde erschien dieser auch. Er sagte mir, ich solle mit meiner Abteilung auf halbem Hange um den Berg herum in sein Gehöft gehen, auf die Höhe könne er mich noch nicht lassen, da seine Weiber sonst aus Angst fortlaufen würden, weil sie noch keinen Weißen gesehen hätten. Der eigentliche Grund war natürlich der, daß man oben mit dem Verstecken noch nicht fertig war. Ich rückte mit der Kolonne nun zunächst in sein Gehöft, zehn Hütten, die am steilen Hange in vier Reihen übereinander liegen; Platz zum Zeltaufschlagen war nicht. Da der Heuptling nach zwei Stunden nur Verpflegung für zehn Mann brachte, ließ ich mir zwei Mann von ihm geben, die meine Leute zum Verpflegungholen in die Farmen führten. Der Häuptling erhielt dann sehr reichliche Bezahlung: Geld, Zeuge, Salz und Tabak. Auch erhielt er Häuptlingsbuch, Flagge und Münztafeln. Gegen 5 Uhr nachmittags sagte ich ihm, er solle mich nun auf die Höhe führen und mir das Gelände erklären. Er meinte jedoch, er wolle erst selbst vorausgehen, um es seinen Leuten zu sagen, damit sie nicht fortliefen, ich solle bald nachkommen, und ging fort. Der Häuptling Maede sagte mir: „Gehe nicht auf die Höhe, die wollen dich hinlocken und totschlagen."“ Um 5½ Uhr nachmittags begann ich mit zwei Führern, einem Boten und dem Dolmetscher den Aufstieg. Bereits 50 Schritt vom Lager sah ich an 20 Bewaffnete stehen. Ich lief schnell auf sie zu, worauf sie schleunigst ihre Waffen ver- steckten und taten, als ob nichts gewesen wäre. Da mir die Sache unsicher erschien, rief ich Leut- nant Naumann zu, er solle mit zwei Soldaten zu mir kommen. Wir stiegen nun gemeinsam den Berg hinan, bis wir in der Höhe waren, wo sich aus dem mit Erde bedeckten Teil des Berges, meist senk- recht, ein etwa 100 m hoher Granitkegel erhob, zu dessen Gipfel nur in wenigen Spalten ein Auf- stieg möglich war. Als wir in einer solchen, etwa 10 m breiten Spalte den Aufstieg begannen, tauchten plötzlich 50 m über uns an 100 Köpfe mit Pfeil und Bogen auf und sagten uns, wir dürften nicht weiter. Die Führer verschwanden plötzlich, und im selben Augenblick gingen ein paar Pfeile hernieder. Ich ließ unter eine über- hängende Stelle der Granitwand treten und sandte den Boten zurück, um die Soldaten — außer der Wache — zu rufen. Da er jedoch mit dem Bemerken zurückkehrte, der Rückweg sei ab- geschlossen, gab ich Pfeifensignal, worauf gerade bei Eintritt der Dämmerung die Abteilung an- langte. Ich ließ ausschwärmen und vorgehen. Kaum wurden die Feze der Soldaten sichtbar, als sich ein Konzert erhob, als sei die Hölle los- gelassen. Ein Hagel von Pfeilen und Speeren ging hernieder, ein Regen von kopfgroßen Steinen, die unter Funkensprühen zersprangen, prasselte herab, dazu tönten wildes Geheul und das Zer- schlagen neuer Steine. Da es mittlerweile dunkel geworden, war es nicht möglich, die Wand zu erklimmen, zumal einige Soldaten bei dem Ver- such bereits abgerutscht waren. Ich befahl daher: „Alles zurück ins Lager, eine Patrouille von fünf Mann bewacht den Aufstieg.“ Während-