G 948 2 ohne jegliche Bewaffnung die Soldaten. Ich rief einem Soldaten zu, er solle meinen Tisch ins Freie stellen, wurde aber dabei unterbrochen, weil plötzlich Häuptling Gabola, der mir auf dem Fuße ins Freie gefolgt war, mitsamt seiner Begleitung und unter großem Geschrei davon- lief. Ich habe, um jede Feindseligkeit zu ver- meiden, von gewaltsamem Aufhalten des Häupt- lings Abstand genommen, zumal die Abteilung dadurch zu längerem Aufenthalt im Dorfe ge- zwungen worden wäre. Ich kann mir die plötz- liche Flucht des Gabola nur so erklären, daß er in seinem großen Mißtrauen jenen rein zu- fälligen Vorgang und meine dem Soldaten in Negerenglisch zugerufenen Worte falsch gedeutet hat und deshalb ausgerissen ist. Die Bevölke= rung hat mit ihrem Häuptling das Dorf ver- lassen. Abends ließ mir Gabola sagen, er käme nie und nimmer nach Nola; im übrigen wäre er bereit, wenn ich mit ihm Krieg führen wolle. Ich ließ ihm zurücksagen, ich dächte keineswegs daran, seine Leute zu töten; diese sollten ruhig in ihr Dorf zurückkehren; ich hätte auch gar nicht daran gedacht, ihn mit nach Nola zu nehmen, sondern ihm den Vorschlag gemacht, sich auch gelegentlich einmal, wie die anderen Häuptlinge, auf dem Posten zu zeigen. Darauf hat Gabola eine Menge Hühner, eine Ente und einen mittel- großen Elfenbeinzahn geschickt, ist aber mit seinen Leuten bis jetzt noch nicht zurückgekehrt. Ich habe in Nguku einen Ruhetag gemacht, um zu verhüten, daß Häuptling Gabola einen sofortigen Abmarsch der Abteilung als Schwäche auslegt. Ich gedenke jedoch morgen über Durgo—Ba-= gudu—Bandja meinen Marsch fortzusetzen. Aus Gabolas Worten, er käme nie und nimmer nach Nola, schloß ich, daß meine Auf- forderung gleich zu Anfang, nach Nola zu kommen, sein Mißtrauen wesentlich verstärkt hat. Bestätigt wurde diese Vermutung durch die Angaben des in Nguku ansässigen Europäers, Kaufmanns Jour- dain, der mir mitteilte, daß die Franzosen Gabola angedroht hätten, ihn, sowie sie seiner habhaft wären, an die Kette zu legen. In meiner Unterredung mit Kaufmann Jourdain sagte dieser mir folgendes: Er sei keineswegs über das gestrige Verhalten Gabolas erstaunt gewesen; er habe seit seiner vierjährigen Anwesenheit in Nguku noch nie gesehen, daß Häuptling Gabola, wenn er sich überhaupt einmal habe sehen lassen, nicht ent- laufen sei. Im letzten Jahr der französischen Verwaltung sei er überhaupt nicht mehr ge- kommen. Die französischen Beamten hätten sich auch gar keine Mühe mehr gegeben. Infolge- dessen sei nicht nur das Selbstbewußtsein des Häuptlings Gabola gewachsen, sondern auch die Achtung vor den Europäern allmählich verringert worden. Seitdem Gabola in Nguku Häuptling sei, wäre es noch keinen Augenblick völlig ruhig gewesen und könne es auch niemals unter seiner Leitung werden; dazu gebe Gabola viel zu sehr zu erkennen, daß er mit Europäern nichts zu tun haben wolle. — Ich habe ferner folgendes festgestellt: Der Häuptling Gabola ist der weitaus be- deutendste Häuptling des gesamten Nola-Bezirks. Unter seinem direkten Einfluß stehen die Dörfer Bondo, Bagudu, Djabo, Durgo, Dario, Nakumbo, Bimbi, Tapuru. Ob sein Einfluß noch weiter nach Norden reicht, steht noch dahin. Er ist von einer fast abergläubischen Furcht be- fangen, daß der Europäer ihn töten will. Solange die französische Verwaltung im Lande war, ist er vor Jahren ein einziges Mal zu bewegen gewesen, nach Nola zu kommen. Seit dieser Zeit hat er sich nicht mehr sehen lassen. Nie betritt er auch den Boden der Faktorei Nguku. Er bleibt stets etwa 50 m davor stehen und sagt durch Zuruf, was er haben will. Dabei ist er dauernd von etwa 150 mit geladenen Gewehren bewaffneten Gefolgsleuten umgeben. Häuptling Gabola gibt ganz offen zu erkennen, daß er nichts mit der Verwaltung zu tun haben will. So, wie früher unter den Franzosen, ist es auch jetzt nicht mög- lich, einen Postboten oder eine Patrouille durch sein Dorf zu schicken, ohne daß sie angegriffen wird. Vor jedem Europäer, der mit Soldaten sich nähert, reißt er aus. Das Gouvernement in Buea hat die nötigen Anordnungen getroffen, um den Häuptling und die übrigen Schuldigen zu bestrafen und sie zur Anerkennung der deutschen Herrschaft zu zwingen.