50 2e.0 man sich an das Ocbjekt gehalten hat, das wenigstens einigermaßen angreifbar schien, an das Wild als mutmaßliches Reservoir der Schlaf- krankheit. Aber auch die eifrigsten Vertreter der Not- wendigkeit der Wildausrottung behandeln die Frage gegenwärtig nicht mehr ganz so dringlich. Von englischer Seite wurde jetzt, um für die ge- sährliche Rolle der Antilopen wirklich sichere Be- weise beizubringen, ein großer, in der Natur anzustellender Versuch vorgeschlagen. Das ge- plante Experiment wird schätzungsweise über 1 Million Mark kosten, doch wird, soviel ich unterrichtet bin, die britische Regierung voraus- sichtlich die nötigen Mittel zur Verfügung stellen. Der Plan ist kurz gedrängt etwa folgender: Eine gut bevölkerte Schlafkrankheitsgegend in Nyassa- land, die sehr wildreich ist und in der sich viele Glossinen befinden, soll durch hohe Drahtvergatte- rungen in einer Ausdehnung von etwa 10 eng- lischen Meilen, das sind 16 km im Quadrat vollkommen, also auch für das Wild auf die Dauer von mehreren Jahren eingeschlossen werden. In dem Untersuchungsgebiete wird nun ein ge- nauer Zenfus der Bevölkerung und der Haus- tiere ausgenommen und die Anzahl der schlaf- kranken Menschen und des trypanosomenkranken Viehs festgestellt. Gleichzeitig wird durch ver- schiedene Untersuchungen der Prozentsatz der Glossinen ermittelt, die mit Trypanosomen in- fiziert sind. Dann wird das Wild restlos abgeschossen und bei der Gelegenheit die Zahl der mit Trypano-= somen infizierten Antilopen, Büffel, Wildschweine usw. festgestellt. Nachdem in der Zwischenzeit stets genaue Anfnahmen der Bevölkerung und der Haustiere gemacht worden sind, wird man nach einer Reihe von Jahren imstande sein, ein genaues Bild von dem Erfolg der Ausrottung des Wildes zu er- halten. Man wird wiederum feststellen, ob und wieviele Schlafkranke sich unter den Menschen befinden, ob und wieviele von den Haustieren mit Trypanosomen infiziert sind. Man wird ferner sehen, ob die Glossinen verschwunden sind und, wenn sie noch da sind, ob sie noch mit Trypano= somen infiziert sind. Ich bin durch das zu diesem riesigen Experi- ment in Aussicht genommene Gebiet zwischen Dormira Bay und Kasu Hill viermal hindurch- marschiert und halte es für sehr geeignet. Der Gouverneur von Nyassaland erklärte mir gegen- über den Versuch auch vom Standpunkte der Ver- waltung aus für durchführbar. Da sich leicht Fehlerquellen einschleichen können, muß natürlich mit allen nur möglichen Kautelen gearbeitet werden. Auf jeden Fall ist man dem groß- zügigen Unternehmungsgeist, aus dem der Plan dieses Versuches entstanden ist, Bewunderung schuldig. Auch von Bruce, Kinghorn und orke wird dieses Experiment für unbedingt nötig ge- halten, ja die Anregung dazu geht sogar von ihnen aus. Das wäre wohl nicht der Fall, wenn die von den genannten Autoren betonte cnorme Schädlichkeit des Wildes durch ihre früheren Versuche schon einwandfrei erwiesen wäre. Im Gegenteil hat sich ja gezeigt, daß von Kinghorn und Yorke in dieser Richtung ent- schieden zu weit gehende Schlüsse gezogen worden waren. "„ Das ist der gegenwärtige Stand der An- gelegenheit, und dem trägt neuerdings auch Fleming, der Medizinaldirektor von Südrhodesia, Rechnung, indem er sich zu allen diesen Fragen mit größter Zurückhaltung äußert. "„ Für unsere Kolonien dürfte es der richtige Standpunkt sein, wenn wir von einem in großem Maßstabe angelegten Plan der Wildausrottung absehen. Immerhin könnten, wie gesagt, einzelnc, besonders geeignete Fälle eintreten, in denen wir den Versuch zu erwägen hätten, durch das Ab- schießen der Antilopen in einem nicht zu großen, abgeschlossenen, wildreichen Palpalis-Gebiet, das von der Bevölkerung geräumt ist, eine voll- kommene Entseuchung der betreffenden Gegend zu erzielen. Mir ist allerdings für Deutsch-Ost- afrika kein Beispiel gegenwärtig, wo eine solche Maßnahme zur Zeit notwendig oder empfehlens- wert wäre, schon aus dem Grunde, weil die dortigen Schlafkrankheitsgegenden im allgemeinen nicht sehr wildreich sind. II. Die Schlafkrankheit in Katanga. Aus dem „Rapport sur les Travanx de la Alission Scientisigue du Katungn- (Uetobre 1910 à Nehtembre TIolz) von lbr. Dr. RBhodain, Pons, Van der Branden und Bequgert. , AusznqvonStab-Harz-l)r.Stolotv-:-kn. Mit Rücksicht auf die rapide Entwicklung des Katangagebiets entsandte das belgische Gouverne- ment auf Anregung des Ministers für die Ko- lonien eine aus vier Herren bestehende wissenschaft liche Expedition, an deren Spitze Dr. Rhodain, Leiter des Eingeborenen-Hospitals von Leopold- ville, stand, und die als Hauptaufgabe die Er“ forschung der menschlichen und tierischen Trypa- nosomenerkrankungen, ihrer Ausbreitung und Atiologie im Katangagebiet hatte. Die Expedition verließ Leopoldville Ende September 1910 und traf nach längerem Auf- enthalt im Manyema-Gebiet Anfang März 1911