W 238 28 dieses neuen Exportzweiges als unmittelbare Folge- erscheinung des Bahnbaues auffassen. Er zwingt mit Notwendigkeit, alles, was das Land überhaupt zu bOieten vermag, nutzbar zu machen. Gerade in dieser Wirkung muß man auch den größten Nutzen des Bahnbaues suchen, indem er im Eingeborenen das Bestreben rege macht, das, was er leisten kann, gzu benutzen, um sich die Eisenbahn dienstbar äu machen. Wie sehr dieser Einfluß sich bemerkbar ge- macht hat, beobachtete ich am deutkicsten an der Bahn- strecke zwischen Baro und Minna. Wie mir mitgeteilt wurde, gab es hier vor dem Bahnbau nur wenige Eingeborenen-Ansiedlungen. Jetzt findet man dort Dorf an Dorf, welche eine so lebhafte Produltion zeitigen, daß diese kurze Vhnstrecke, imstande sein soll, sich selbst zu erhalten. Die Schaffung des Marktes und das erziehericche Moment der vorhandenen Bahn wirken zusammen, unterstützt von einer weisen Steuer- politik. Es bleibt nun noch die Baumwollproduktion zu betrachten. Die Statistik des Niger-Handels, d. h. der amtliche „Trade Statistical Abstract“, gibt nur 6674 2 als Wert der im Kalenderjahr 1912 exportierten Lint-- baumwolle an, während die Gesamtstatistik 19 000 ct. mit 36 000 als aus Nordnigerien abtransportiert aufführt. Dazu 2000 tons Baumwollsaat im Werte von 5000 L. Über den Niger gehen nur die in der Entkörnerei in Lokoja verarbeiteten Mengen, während die größeren Anlagen in der Bahnnähe liegen und natürlich mit dieser verfrachten. Dabei ist allerdings auffallend, daß die Statistik der Bahn überhaupt keine Baumwolle aus Nordnigerien enthält. Rechnen wir den Ballen zu 100 lbs, so haben wir für 1912 eine Gesamtmenge von rund 4% Ballen aus Nordnigerien vorliegen, von denen rund 2300 Ballen aus Zaria- stammen. Da die Entkörnerei in Zaria erst im Jahre 1911 errichtet worden ist, kann man mit diesem Anfang zufrieden sein. Jedoch scheint das laufende Jahr 1913 einen Rückschlag statt des erwarteten Fortschritts zu bringen, da bei meiner Anwesenheit mit allerhöchstens 2000 Ballen gerechnet wurde. Als Ursache wurde mir angegeben, daß dem Eingeborenen auf dem Markt in Kano eine höhere Verwertung im Kleinhandel möglich ist, als sie die Gesellschaft zu bieten vermag. Während in den Wirtschaftsgebieten des Niger und Benne der Handel zwischen Europäern und Eingeborenen — ab- gesehen natürlich von den europäüsierten Eingeborenen —i in der Hauptsache noch Tauschhandel ist, basiert der Handel“ Kauos auf Geld, sehr zum Leidwesen der Kauf- ente nur gegen bar und zu einem von der Regierung fest- gesetzten Preise statt. Die Ubersicht über die Handelsverhältnisse würde nicht vollständig sein, wollte man nicht des innerhalb des Protektorats tätigen Handels gedenken. Die in den Bauchi-Hochländern seit kurzer Zeit vorhandene Minenindustrie hat sowohl mi großer Arbeiternot wie mit schwierigen Verpflegungsverhältnissen zu kämpfen, da die in diesem Distrikt lebenden Bergvölker der Arbeit im Europäerdienst abhold sind und noch nicht für den Markt produzieren. Es hat sich daher unter dem Zwang der Verhältnisse ein lebhafter Handel mit Eingeborenenfrüchten, insbesondere mit Durrah, zwischen Zaria, Kano und dem Minengebiet heraus- gebildet, der teils von den europäischen Firmen, teils von Eingeborenen betrieben wird. überbanpt hat die Bahn sehr bald einen lebhaften Zufluß der Eingeborenen mit ihren Lebensmittelerzeugnissen nach den verschie- denen Märkten veranlaßt; man sieht mit Interesse, wie sie die mit Jams, Zwiebeln, Korn usw. gefüllten Säcke als Passagiergepäck von den kleinen Zwischen- Der Aufkauf der Baumwolle findet jedoch überall) stationen zu den Marktzentren schafsen. Der Pasjagier= verkehr der Eingeborenen mit und ohne Gepäck ist derartig gestiegen, daß die Zügc meistens nicht geuug Personenwagen für deren Beförderung führen. Ich abe es eigentlich in jedem Zuge beobachten können, daß sie oben auf den mit Holg oder anderem Material beladenen Gepäckwagen verstaut wurden. Von dem Leben und Treiben auf den Stationen bei Abgang eines Zuges macht man sich keinen Begriff, wenn man es nicht gesehen hat. Hierher Fehöm auch der allerdings von der Bahn unabhängige Handel mit Fischen auf dem Niger und Bennc, besonders auf dem Oberlauf des letzteren, zur Versorgung der flußabwärts gelegenen Bevölkerungs- zentren in Lokoja usw. Eine ganze große Zunft von Fischern zieht alljährlich mit aller Habe flußaufwärts und schlägt in provisorischen Mattenhäusern, die nur Schutz gegen die Sonne bieten, ihr Heim auf den weiten Pheden des Flusses auf und übt von hier mit Heranziehung der ortseingesessenen Heidestämme ihr Handwerk mit großen Zugnetzen aus, die wohl schon teilweise europäischer Herkunft sind. Der Fisch- reichtum dieser Gewässer sichert ihnen stets reichen Fang- e grob zerlegten Fische werden auf starkem Rauch Feuer geräuchert und getrocknet und dann in gangen Kanuladungen von 20 Zentner und mehr stromab zum Verkauf gebracht, wo ein hoher Preis für dies hochbegehrte Nahrungsmittel für die Arbeit entschädigt. Welch eine Bedentung dieser Handel hat, ermißt man am besten, wenn man in Lokofa am Flußufer die großen Kanus zu Hunderten vereinigt sieht, die gerade zur Zeit mit Ladung zum Verkauf angelangt sind. Die diesen Handel ausübenden Haussah sind größtenteils in einem guten Wohlstande Im Laufe dieses Jahres hat die Niger- Compagnie, wohl als Folgeerscheinung der Neubegründung einer afrikanischen eidenaufkaufsgesellschaft mit englischem und deutschem Gelde, am Oberlauf des Benue mit dem Ankanf von Kokons der afrikanischen Seide begonnen. Die Simmerhalb weniger Monate ein- gegangenen Mengen, welche ich in den Lagerräumen der Gesellschaft in Yola beobachten konnte, übertrafen meine Erwartungen. Doch glaube ich nicht, daß man sich unter den jetzigen Verhältnissen allzuviel von diesem Haudel versprechen darf. Einerseits schien mir das starke Mngebot auf die hohen Preise zurückzuführen zu sein, welche der noch junge Angestellte der Firma allerdings in Tauschwaren begahlte, anderseits wurde auch hier der früher in Deutsch-Adamana begangene Fehler gemacht, daß die Kokons mit den getöteten Puppen abgeliefert wurden, so daß eine baldige Aus- rottung auch hier die Folge sein wird. Allerdings befand sich ein Angestellter jenes neuen Unternehmens in Ibi, welcher den Auftrag hatte, den Handel mit Unterstü hung der Niger-Compagnie zu organisieren und vor allen Dingen darauf hinzuwirken, daß di Ausrottung der Seidenraupen verhindert wird. Da, wie ich dort erfuhr, die Firma die Kokons nicht wie diejenigen der echten Seide abhaspelt, sondern zerreißt und nachher verspinnt, es also nur darauf ankommt, den Eingeborenen zu verhindern, die Kokons vor dem Auskriechen zu sammeln, scheint mir auch für ie deutschen Gebiete die Frage beachtenswert, sofern dic zahlbaren Preise den Kusendungee der Eingeborenen entsprechen. Doch wird es immerhin nur ein Fakto zweiten Grades für die Entwicklung der Gebiete sein, welche in erster Linie auf der Förderung des Acker- baues und der Viehzucht aufgebaut werden muß. Die Einführung solcher künstlichen Ausfuhrquellen ioue zurückgestellt werden, bis die Verhältnisse dafür gi stiger geworden sin