G 357 20 Kilwa. Aus Kilwa schreibt Oberarzt Dr. Schönebeck: Nach der Geburt erhält das Kind Muttermilch, solange die Mutter stillen kann. Manche Frauen stillen ihr Kind sechs Monate lang, ohne ihm andere Nahrung zu geben. Andere geben, wenn sie denken, daß das Kind nicht genug Nahrung erhalte, außer der Muttermilch noch Suppe aus Mtamamehl; wenn kein Mtama zu erhalten ist, auch aus Mais oder Reismehl. Die Suppe wird in der ersten Zeit sehr dünnflüssig mit nur ganz wenig Mehl, später aber dicker gekocht, bis das Kind etwa mit ¾ Jahren den Brei der Erwach- senen erhält. Vielfach erhalten Kinder diese Suppen schon vom dritten Tage ihres Lebens ab neben der Muttermilch. Die Mütter an der Küste und, soweit sich der Einfluß der Küstenbewohner ins Innere erstreckt, auch die Mütter dort, bereiten sich auf das Still- geschäft in der Weise vor, daß sie kurz vor und auch nach der Geburt während der Stillzeit reichlich weißen gestoßenen Pfeffer in die Speisen tun, so daß es ihnen „im Leib tüchtig warm wird“. Sie müssen infolge dieser Reizung mehr Flüssigkeit zu sich nehmen. Als solche kommen hauptsächlich Mehlsuppen, am liebsten von Mtama, aber auch von Reis oder Mais in Betracht, ferner auch gesüßter Tee. Daraus soll sich eine ver- mehrte Milchbildung ergeben. Es scheint, daß die Frauen unnötigerweise, um recht dicke Kinder zu haben, mit der gemischten Ernährung zu früh- zeitig anfangen. Anderseits ist die ganze Er- nährung der Eingeborenen über die Jahres- zeiten verteilt so ungleichmäßig und von der Ernte abhängig, daß auch der Ernährungszustand der Mutter und damit das Stillvermögen wechselt. In Zeiten der Teuerung versiegt den Müttern die Milch ganz und sie sind gezwungen, die Kinder größtenteils mit Mehlsuppen und Mehl- breien aufzuziehen. Im allgemeinen wird dem Kinde nur einmal am Tage Mehlsuppe gegeben, im übrigen die Brust. Ist die Mutter des Kindes gestorben, dieses aber noch der Muttermilch bedürftig oder kann die Mutter gar nicht stillen, so sucht der Vater eine gerade stillende Verwandte oder Bekannte oder eine fremde stillende Frau durch Geschenke zu veranlassen, sein Kind neben dem eigenen so- lange als möglich zu säugen. Daneben erhält das Kind gewöhnlich noch Mehlsuppen und Mehl- breie in der vorher geschilderten Weise. In Ge- genden mit Rinderhaltung wird den Kindern bei angel an Muttermilch Kuhmilch statt der Mehl- suppe gegeben. Ziegen= oder Schafmilch wird nur verstohlenerweise von den Kindern, die das ieh hüten, auf der Weide getrunken. Lindi. Stabsarzt Dr. Wolff berichtet aus Lindi: Die Hauptstämme des Bezirks Lindi sind: die Wayao, die Wamakonde, die Wamwera, die Wamakua und die Wandonde. Von allen diesen Stämmen wird die Ernährung ihrer Säuglinge bis auf ganz unwesentliche Abweichungen über- einstimmend angegeben: Da die Mutter meist sofort nach der Geburt noch keine Milch hat, so übernimmt das Stillen des Neugeborenen eine andere säugende Frau etwa drei Tage lang. Zwanzig Tage lang nach der Geburt — bei den Wamakonde wird ein Monat angegeben — be- kommt das Kind ausschließlich die Brust. Von da an erhalten die Säuglinge neben der mütter- lichen Milch Suppe von Mehl (Uji), das aus Hirse (Mtama) oder Mais hergestellt ist, und zwar dreimal am Tage, bei den Wamwera und Wamakonde nur zweimal, jedesmal etwa vier bis fünf kleine Löffel voll. Vom dritten Monat ab wird an Stelle der Suppe dickerer Brei von Hirse= oder Maismehl gereicht, zwei= bis dreimal je eine Handvoll, daneben die Brust. Etwa im Alter von einem bis anderthalb Jahren, wenn sie anfangen zu laufen, bekommen die Kinder alles zu essen wie die Erwachsenen, daneben aber immer noch bis etwa zum Ende des zweiten Lebensjahres die Brust. Das Absetzen geschieht meist deshalb, weil die Kinder selbst die Brust verweigern oder aber die Milch versiegt. Falls eine Mutter aus irgendeinem Grunde nicht nähren kann oder stirbt, wird das Kind von einer anderen sängenden Frau der Gegend ge- nährt. Wenn durchaus keine solche Frau zu finden ist, was jedoch äußerst selten ist — die kinderreichen Wamwera konnten sich einen solchen Fall überhaupt nicht vorstellen —, wird das Kind nur mit der erwähnten Hirsesuppe genährt, wobei es aber angeblich oft zugrunde geht. Kuh- und Ziegenmilch wird bei allen genannten Stämmen nicht gegeben, obwohl sie in einigen Gegenden vorhanden ist. Es ist ausgeschlossen, daß irgendeine Frau ihr Kind einer anderen zum Nähren gibt, wenn sie selbst nicht absolut un- fähig dazu ist. Professor Dr. Beck, der Regierungsarzt der Südbezirke, schreibt: Erfreulich war die große Anzahl von kräftigen Kindern, die im Lindibezirk vom Lumasule aufwärts bis Sassawara üÜberall angetroffen wurden. Auch am Rovuma war die Zahl der Kinder in allen Lebensaltern auffallend hoch. Die Eingeborenen gehören hier dem in diesen Teilen des Lindibezirks weit verbreiteten Stamme der Wayao an. Der Grund für den Kinderreichtum liegt vor allem daran, daß die Kinder sämtlich lange gestillt werden. Ich sah