363 20 Usumbura. Stabsarzt Dr. Penschke schreibt aus Usum- bura: Der Bezirk Urundi ist, abgesehen von ein- zelnen eingewanderten Händlern, von den Warundi und Watussi bewohnt. In den Bergen sind fast durchweg die Watussi rein geblieben, wogegen sie sich in der Ebene mit den Warundi (Wahntu) vermischt haben. Über die Säuglingsernährung bei den Watussi kann ich nicht berichten, da ich infolge der Schlafkrankheitsbekämpfung keine Zeit habe, das Bergland ärztlich zu bereisen. Ülber die Ernährung der Säuglinge bei den Warundi (Wahntu) ist mir folgendes bekannt: Die Säuglinge armer Eltern erhalten bis zum neunten oder zehnten Monat im allgemeinen nur Muttermilch. Besitzt der Vater Rinder, so erhält das Kind von Anfang an, auch wenn die Mutter noch reichlich Milch hat, daneben frische, rohe Kuh- milch. Die Mutterbrust erhält das Kind bis etwa zum achtzehnten Monat. Dann bekommt es Mehl- breie, Bananenbreie, Süßkartoffeln, Fleisch, Kuh- milch (süße und saure), kurz alles, was die Er- wachsenen essen. Selbst Negerbier wird ihnen jetzt schon gegeben. Niemals jedoch bekommt ein Kind Ziegenmilch; Ziegenmilch wird ebenso wenig wie Ziegenfleisch von den Warundi genossen. Neben der Muttermilch fängt das Kind an, sämt- liche Nahrungsmittel der Erwachsenen zu essen, sobald es beginnt umherzukriechen, also etwa vom neunten bis zehnten Monat an. Ausschließlich künstliche Ernährung vom ersten Tage an tritt nur ein, wenn keine Muttermilch vorhanden ist. An Stelle der Muttermilch tritt dann bis zum neunten bis zehnten Monat Kuhmilch. Ammen gibt es im allgemeinen nicht. Hat eine Mutter nicht genügend Milch, so gibt sic ihrem Kinde stets Kuhmilch. Stirbt die Mutter eines Säug- lings und ist in der Verwandtschaft oder Freund- schaft zur selben Zeit eine andere stillende Frau vorhanden, deren Kind von demselben Geschlecht wie das mutterlose ist, dann stillt diese das Kind der Verstorbenen mit ihrem eigenen zusammen. Aber nur, wenn beide Säuglinge desselben Ge- schlechts sind, niemals bei verschiedenem Geschlecht. Das verbietet der Aberglaube. Die Sterblichkeit beträgt im Säuglingsalter 40 bis 50 v. H. und ist am größten im ersten Drittel, innerhalb der ersten sechs Monate. Als Todesursachen kommen in Betracht: Darmkatarrhe und Fieber (wohl meist Malaria und Rückfall- eber). Muansa. Die Sanitätsdienststelle Schirati (Bezirk Muansa) schreibt: Die Wagaia lassen ihre Kinder etwa fünf Monate lang an der Mutterbrust saugen. Vom sechsten bis achten Monat erhalten sie daneben eine dünne Suppe von Ulesi (Ugi). Vom achten Monat ab bis zu der Zeit, wo die Kinder anfangen zu laufen, erhalten sie auch noch Muttermilch und nebenbei Ulesibrei (Ugali) oder gekochte Negerkartoffeln. Nach dieser Zeit werden sie vollständig von der Mutterbrust entwöhnt und erhalten dieselben Speisen wie ein erwachsener Mensch. Stirbt eine Mutter, so wird das Kind von einer anderen an der Brust ernährt, bis es Zähne bekommt, und dann wird es mit Kuhmilch und Mehlsuppen großgezogen. Oberarzt Dr. Petzoldt schreibt aus Muansa: Die folgenden Ausführungen gelten für die Volks- stämme der Wassukuma, Wajita, Waruri, Wasa- naki und Washashi. Die ersten vier Tage nach der Geburt erhält das Kind Kuhmilch, vom fünften Tage ab bis Ende des fünften Monats findet die Ernährung ausschließlich mit Muttermilch statt. Nach zwölf Monaten wird das Kind von der Mutterbrust abgesetzt, erhält jedoch schon im sechsten Monat neben der Muttermilch am Tage viermal und nachts zweimal dünne Suppen von Hirse, Reis, Mais, Kartoffeln und Bananen; auch wird Kuh- milch gereicht. Eine ausschließlich künstliche Er- nährung findet nicht statt. Stirbt die Mutter, so wird das Kind zu einer Frau gebracht, die stillen kann. In anderen Fällen, d. h. wenn keine stillende Frau gefunden werden kann, wird das Kind mit Kuh= oder Ziegenmilch ernährt. Die Brust wird zu allen Zeiten gereicht, bestimmte Pausen werden nicht eingehalten. Bukoba. Aus Bukoba berichtet Stabsarzt Dr. Neu- bert: Die Erfahrungen, welche ich in betreff der Ernährung des Nachwuchses der hiesigen Bevölke- rung sammeln konnte, erstrecken sich auf den nörd- lichen Teil des Bezirks. Die Säuglingsernährung in Karagwe, der ich einen großen Teil der Schuld an der enormen Kindersterblichkeit zuschiebe, er- folgt nur kurze Zeit mit Muttermilch. In der Hauptsache werden die Kinder mit Bananenbreien gestopft, so daß sie mit dicken Bäuchen herum- laufen und massenhaft an Darmkatarrhen ein- gehen. Dazu kommt noch im Sultanat Karagwe die überall herrschende Syphilis. Besser scheinen die Verhältnisse zu liegen am See, in den Sulta- naten Bugabu, Kiamtwra, Kyanya, wie auch in Kiziba und Deutsch-Buddu. Es besteht dabei ein Unterschied, je nachdem in den betreffenden Ge- bietsteilen genügend Kühe vorhanden sind, bäw. je nachdem die betreffende Familie imstande ist, der Ernährung des Nachwuchses mit Kuhmilch nachzuhelsen. Die Kinder werden in allen Fällen zunächst mit Muttermilch ernährt. Wo genügend