558 20 zu stärken. Da ein Versuch, die Nguku-Leute zu friedlichen Verhandlungen zu veranlassen, ver- geblich blieb, und aller Aufforderungen ungeachtet weder Nguku noch sein angeblich von dem Fak- toristen bedrohter und geschlagener Sohn Ndue im Lager zur Vernehmung erschien, erbot sich der Faktorist, der mit dem jungen Ndue auf gutem Juße zu stehen vorgab, den Ndue persönlich zum Erscheinen im Lager zu veranlassen, um auf diese Weise die gegen ihn erhobene Bezichtigung wirksam zu widerlegen. In der Hoffnung, auf diese Weise zu einer friedlichen Erledigung der Angelegenheit zu kommen, nahmen v. Raven und Dr. Seeger den Vorschlag des Faktoristen au. Der Faktorist ritt am 12. Oktober, nur von einem Dolmetscher begleitet, in der Richtung auf das Hauptdorf Ngukus fort, kam aber nach kurzer Zeit zurück- gelaufen, da die Nguku-Leute auf dem Wege vom Lager zum Hauptdorf auf ihn geschossen hatten. Sein Pferd wurde von einer Patrouille von dort geholt, dann begab sich der Faktorist, der sich nach diesem Vorfalle in seiner Faktorei nicht mehr sicher glaubte, in Begleitung mehrerer Soldaten und seiner Leute nach seiner Faktorei, um seine Sachen in das Lager zu holen. Allein auf dem Wege dorthin wurde wieder auf ihn geschossen, wobei zwei seiner Arbeiter verletzt wurden. Nunmehr beschloß Oberleutnant v. Raven, das Hauptdorf sofort räumen zu lassen, und mar- schierte mit seiner Abteilung, begleitet vom Bezirks- richter Dr. Seeger, dorthin. In der Mitte zwischen dem Lager und dem Hauptdorfe eröff- neten die Eingeborenen, ohne daß ein Schuß von deutscher Seite gefallen war, aus dem Busch ein lebhaftes Feuer, bei dem Oberleutnant v. Raven durch einen Gewehrschuß in die Brust sofort ge- tötet wurde, während Bezirksrichter Dr. Seeger einen Pfeilschuß in das linke Bein erhielt. Der schwachen Abteilung blieb nichts anderes übrig, als sich unter Mitnahme der Leiche v. Ravens zurückzuziehen und wieder nach Nola zu marschieren, da sie gegen Nguku, der nach Mitteilung jahrelang dort ansässiger Faktoristen über etwa 350 Buschgewehre und 700 Bewaffnete verfügte, auch seit Jahresfrist eifrig an der Her- stellung von Pfeilen und Speeren gearbeitet hatte, nichts hätte ausrichten können. Die Lage war sehr kritisch geworden. Nguku, der den Fall v. Ravens als großen Sieg ansah, bereitete nunmehr zielbewußt die Vertreibung aller Weißen vor. In rascher Folge schlossen sich ihm seine Freunde und Nachbarn an, so seine Brüder Durgo und Diabo, ferner die Häupt- linge Sosso, Bagudu, Bagadsa, Tonga, Bukere, Beina Dumio, Dario, Ndaja, Madugu, Sapua, Pakuri, Godembere, Tui u. a., so daß der Aufstand aus dem Kadbi- Gebiet auch nach dem Bezirk Obersanga-Uham übergriff. Schleuniges Einschreiten war erforder- lich, um ein weiteres Umsichgreifen des Aufstandes zu verhüten und gleichzeitig Nguku zu bestrafen. Das Eintreffen der Expeditionskompagnie Fa- bricius, die nach dem Osten des Schutzgebiets unterwegs war, war jedoch erst im März zu er- warten. Ein Zögern bis dahin hätte mit Sicher- heit nur ein weiteres Umsichgreifen des Aufstandes zur Folge gehabt, auch deutete Nguku das an- fängliche Zögern nach dem Tode v. Ravens zu seinen Gunsten und ließ überall durch seine Ab- gesandten verbreiten, die Franzosen seien fort, die Deutschen seien Weiber, es sei jetzt der Zeit- punkt, sich der Weißen ganz zu entledigen. Unter diesen Umständen entschloß sich der mit der Führung der Verwaltung im Bezirk Mittel-Sanga-Lobaje beauftragte Hauptmann v. Puttkamer zum Vor- marsch gegen Nguku. Es standen ihm zur Ver- fügung: ein Offizier, ein Feldwebel, drei Unter- offiziere, ein Sanitätsunteroffizier und 120 farbige Soldaten einschließlich Chargen sowie zwei Ma- schinengewehre. Nguku selber hatte am linken Ufer des Kadöi auf einer steilen Berghöhe ein stark befestigtes Dorf bezogen, das mit Palisaden, Fallgruben, Verhauen und dergleichen gründlich zur Verteidi- gung eingerichtet war. Ihm gegenüber auf dem rechten Ufer des Kadei hatte flußaufwärts beim Berge Ganda Leutnant Bachmann mit 30 Sol- daten ein befestigtes Lager bezogen. Weiter fluß- abwärts lag im ebenfalls befestigten Lager bei Bagudu Hauptmann v. Puttkamer mit 15 Schutztruppensoldaten und 30 Polizeisoldaten sowie dem Stabsarzt Dr. Berké, Feldwebel Koblich, Sanitätsvizefeldwebel Bücherl und Sergeant Zota sowie mit zwei Maschinengewehren. Ferner lag noch an der Einmündung des Bandja in den Kadöi eine Kanu-Wache von fünf Schutz- truppensoldaten mit vier Kanus. Auf der übrigen Flußstrecke hatte Nguku alle Kanus beseitigen lassen und glaubte sich deshalb gegen einen un- erwarteten Übergang sicher. Zum Übergang standen außer diesen vier Kanus am Bandja noch vier Kanus beim Lager Bachmanns zur Verfügung. Der übergang bei diesem Lager wäre leicht gewesen, doch hätte es von dort aus noch eines starken Tagemarsches durch vorbereitete Stellungen bis zum Dorfe Ngukus benötigt, die alle erst im Gefecht hätten genommen werden müssen. Die vier Kanus von Bandja den Kadêöi aufwärts zu befördern, wäre auch voraussichtlich nicht geglückt, da Nguku diese Kanus beobachten ließ. Es mußte also versucht werden, Kanus an eine Stelle zu schaffen, wo Nguku einen Übergang nicht erwartete. Dies konnte, da er überall seine Späher und Posten