V708 20 Notwendigkeit im Sinne des öffentlichen Wohls oder der Volkswirtschaft, so muß dies in einem Akt des wirklichen öffentlichen Rechts (Staats- hoheitsrechts) zum Ausdruck kommen, welches dann seinerseits die bestehenden Privatrechte ein- schränkt. Das ist dann aber kein Gemeinge- brauch mehr. Die vorerwähnte Unklarheit hat nun den Entwurf auch dazu geführt, das durch die Wege- ordnung den Reisenden an öffentlichen Wegen im Verkehrsinteresse gegebene Weide= und Wasserrecht, welches in Wahrheit ein öffentliches Recht im Sinne der Staatsgewalt bedeutet, als ein Beispiel des Gemeingebrauchs zu bezeichnen.“) Interessant ist die Darstellung des Anlieger- rechts an den öffentlichen Flußläufen quasi als bevorzugter Gemeingebrauch (§ 20 des Entwurfs). Wenn man das Bett der sogenannten öffentlichen Wasserläufe nicht, wie das südafrikanische Gesetz, grundsätzlich den Anliegern, sondern dem Landes- fiskus zusprechen will, so bleibt diese Konstruktion allerdings wohl als einziger Ausweg. Schwierig ist dann jedoch die Frage einer Trennung von Betteigentum und Ufereigentum (Anlieger ), die das neue preußische Gesetz z. B. verwirft (das Ufer gehört zum Bett). Ob es aber überhaupt zweckmäßig und im Interesse der vielleicht vom Staate einmal direkt auszuführenden wasserwirt- schaftlichen Unternehmungen zwingend war, so ausgedehnte — einen großen Teil des Jahres, zum Teil sogar dauernd — oberflächlich trocken stehende Wasserbetten (z. B. den ganzen Unterlauf des Omuramba u Omatako) dem Eigentum des anliegenden Farmers und seiner Benutzung (Ackerbau, Aufstellung von Wasseranlagen usw.) zu entziehen, möchte ich stark bezweifeln. Zur Durchführung gemeinnütziger Interessen und Un- ternehmungen würden in einer großen Anzahl von Fällen die Bestimmungen über Wassergenossen- schaften eine hinreichende Grundlage bieten können (Staatliche Beihilfen). Deshalb sollten die Betten der oberirdisch aussetzenden Wasserläufe in möglichst weitem Umfang dem Privateigentum der Anlieger überlassen werden.“) Die dem Anlieger zugestandene Entnahme von Sand, Schilf, Holz usw. aus dem fiskalischen Flußbett dürfte anderseits in praxi die rechtliche Unklarheit noch erhöhen.““) *) Über Gemeingebrauch vgl. v. Eschstruth, Grund- irV Sines sühwestafrikanichen Wasserrechts, Seite ½ Die Ausführungen des Farmers Prion über das Bett des Omuramba u Omatako (K mlresoige des im Bett befindlichen Schwemmlands) in den Ver- handlungen des Landesrats (Sitzung vom ir Mai d. J sind in dieser Hinsicht sehr beachtenswert. ***) Aus der Begründung zum 8 21 ist übrigens leider zu ersehen, daß die ganz unzureichende Verord- Das Recht des Gouverneurs, einen Fluß als öffentlich ohne Enteignung in Anspruch nehmen zu können (§ 8), läuft dem für die Flüsse kon- struierten Eigentumsbegriff offenbar zuwider. An sich ist natürlich der Gedanke der Inanspruch- nahme eines Wasserlaufs niederer Ordnung für eine höhere Ordnung durch die zuständigen In- stanzen ohne Enteignung gemeinnützig und wirt- schaftlich zweckmäßig. Außerordentlich glücklich scheint mir die Fassung des § 23 zu sein, insofern, als eine feste Rang- ordnung zwischen dem Wassergebrauch für land- wirtschaftliche Bewässerung und dem zur Kraft- erzeugung, wie bisher in Englisch-Südafrika, nicht festgesetzt wird, diese beiden Nutzungsarten viel- mehr gleichgestellt werden. Eine wesentliche Bedeutung liegt ferner in der Bestimmung, daß gegenüber der neuen Benutzung durch einen Eigentümer nur die tatsächlich bisher aus- genutzten Wasserrechte der übrigen Eigentümer geschützt werden, nicht aber die gleichen Nutzungs- möglichkeiten oder latenten Rechte. Dieses Vor- recht, welches der Priorität in der Nutzung ge- geben wird, ist für ein unerschlossenes Neuland zweifellos von großer Wichtigkeit und ein Ansporn für den tüchtigen Farmer. Die Beschränkungen im Gebrauch unter- irdischen Wassers sind — mit Ausnahme des Quellenschutzes — im allgemeinen zweckentsprechend in Anlehnung an das neue preußische Wassergesetz formuliert worden. Der im Genossenschaftsrecht vorgesehene Beitrittszwang für Bergwerke (§ 89) ist zweckmäßig. Dagegen erscheint das Bestehen- lassen der wasserrechtlichen Befugnisse der Berg- behörde nach der Bergverordnung vom 8. August 1905 (vgl. § 106 des Entwurfs) bedenklich. Ein Zusammenwirken von Wasser= und Bergbehörde — wie im preußischen Quellenschutzgesetz — hätte für beide Ressorts angehende Fälle vorgesehen werden sollen. Inwieweit die verhältnismäßig umfangreiche Fassung der einzelnen Bestimmungen über die Verleihung und die Wassergenossenschaften dem jetzigen wirtschaftlichen Bedürfnisse bereits ent- spricht oder von diesem erfordert wird, kann, wie eingangs hervorgehoben, von hier aus schwer beurteilt werden. Für die grundsätzliche Beurteilung berührt es aber eigentümlich, wenn gegenüber dem für die vorstehend erwähnten Rechtsinstitute vor- gesehenen breiten Raum andere wichtige Ma- terien, wie die Wasserbücher und der Quellen- schutz, mit wenigen Zeilen abgetan werden. Die nung zum Schutz der Holzbestände (namentlich an den Wasserbetten) von 1900 noch immer nicht durch eine brauchbarere ersetzt worden ist.