W 787 20 daß nach geglückter Trepanation die Schmerzen des Verwundeten aufhören, hat sie dazu übergehen lassen, auch bei heftigen Kopfschmerzen. aus anderer Ursache und bei Krankheiten, deren Sitz man im Schädel ver- mutete, diesen kühnen Eingriff auszuführen. Ja, man ist ' zurprophylaktischen Trepanation. Sorgsame Mütter führen sie an ihren Kindern, um sic vor allen möglichen Leiden zu schützen, aus, indem sie mit einer scharfen Muschelschale den Stirnknochen in vertikaler Richtung auf eine Aus- dehnung von 2—4 cm durchschaben, bis ein schmaler Knochenspalt entsteht. Man sieht sogar Kanaken, die mehrere parallel laufende tiefe Knochennarben als Er- innerung an eine mehrmalige in der Kindheit über- standene Trepanation tragen. ei der großen Vor- liebe des Volkes für auffällige Ziernarben halte ich ßeSp indessen nicht für ausgeschlossen, daß bei diesem Berfahren auch der Wunsch der Mütter mitspricht, solche Narben an besonders auffälliger Stelle in auffälliger, renommistischer Form zu erzielen. Einen wirklichen prophylaktisch= therapeutischen Effekt können die rast wieder knôchern verheilenden Fissuren kaum haben. Jedenfalls sehen wir an diesem Beispiel, wie und weshalb selbst bei primitiven Völkern auf dem Gebiete der Medigin eine ausnahmsweise hoch entwickelte Einzelerscheinung austreten kann. Natürlich wäre es ganz verfehlt, daraus irgendwelche Schlüsse auf einen allgemeinen hohen Stand ihrer Eigenkultur zu ziehen. In der Volksernährung der Kanaken stehen Taro und Kokosnuß an der Spitze. Daneben bauen sie noch vielerlei andere Knuollenfrüchte und Obst: Dams, Süßkartoffeln, Brotfrüchte, Bauanen, Zuckerrohr, Tapioka, Melonen usw. Seit einer Reihe von Jahren fangen sie bezeichnenderweise überall an, Mais zu bauen, und außerdem sahen wir oft auf ihren Feldern eine Erbsenart mit großen vierkantigen Hülsen, deren jede 20—30 Körner enthält. An Geflügel werden überall Hühner gehalten, wobei aber der Hahn weit höher im Werte steht als das Huhn wegen seiner bunten Federn, des vielbegehrten Festschmucks bei ihren farbenfrohen Tänzen. Mehr als Hühner kommen die Schweine als Nahrungsmittel in Betracht, die teils gezüchtet, teils verwildert leben. Außer letzteren werden gelegentlich Kasuare, Kängurus, fliegende Hunde und Beutelratten gejagt: Fische und Schildkröten vervoll- ständigen die Liste der tierischen Nahrung. Sehr sauber halten alle Kanaken ihre Dorfplätze, und deren Reinlichkeit sticht grell gegen die Unsauberkeit ihres Körpers und namentlich der ihnen aufgenötigten uropschen, Kleiderlappen ab. In vielen Ortschaften ist die Wasserversorgung nicht nur qualitativ, sondern auch der Menge nach mangelhaft, bisweilen muß der nötigste Vorrat aus weiter Entfernung geholt werden. Wenn wir zum Schlusse die Gesamtverfassung dieses Hauptstammes der Gazellehalbinsel beurteilen, so herrschen wohl unter den Leuten vielerlei Krank- heiten in großer Verbreitung, und der Zustand ihrer Volksgesundheit ist alles andere als untadelig, aber weder Zeichen der Degeneration noch der In- zucht noch Anhaltspunkte für einen allgemeinen Bevölkerungsrückgang sind bei diesem Stamm vorhanden. Es ist im Gegenteil bestimmt anzu- nehmen, daß eine erneute Volkszählung eine, neicht un- erhebliche Zunahme ergeben wird. Das eispiel der Kanaken zeigt, die Berührung mit enropäischer Kultur nicht an sich schon zum Niedergang eines primitiven Volkes zu führen braucht, wenn sie nur, wie es hier bewußt von der Verwaltung geschehen ist, in nicht überstürzter, schonender Weise vermittelt wird. Trotzdem edarf auch dieser Stamm erhöhten hygienischen weiter Schutzes und ärztlicher Fürsorge, die imstande sein wird, durch Bekämpfung der Krankheiten vor allem des Nachwuchses die Volksvermehrung noch weit günstiger zu gestalten als jetzt. 2. Die Sulkas. Die bis zum Warangoiflusse reichende, den südöstlichen llferstrich der Gazelle- halbinsel einnehmende Sulkaniederlassung ist eine seit 14 Jahren bestehende Neusiedelung. Der Hauptstamm hat seinen Sitz etwa 120 km südwärts, wurde dort aber von den Gakhais so hart bedrängt, daß die Re- gierung für sie das jetzt von ihnen bewohnte Land anwies. Reichlich 1100 Leute sind daraufhin von ihren alten Wohnsitzen nach den neuen abgewandert. Wir haben vom Orte Mope aus, wo eine Missionsstation errichtet ist, ihr Gebiet in Angriff genommen. Anfang Dezember 1913 hatte Dr. Kersten-Rabaul auf die Meldung gehäufter Todesfälle unter diesen Sulkas gine, mehrtägige Dienstreise dorthin unternommen und d die Bitte, neben den speziellen Nachforschungen nach den Gründen dieser erhöhten Mortalität auch andere uns interessierende Fragen zu berücksichtigen, erfüllt“), so daß wir auf seinen Vorarbeiten fußen bzw. sie weiterführen konnten. Von der katholischen Mission wurde uns vielfache Unterstützung zuteil:; auch die Aufzeichnungen der letzten 5 Jahre über die Be- völkerungsbewegung wurden uns bereitwilligst zur Verfügung gestellt. Sie seien an die Spitze unserer Betrachtungen gestellt. 1. Vom 1. Juli 1909 bis 30. Juni 1910 starben von 1164 Sulkas 18 Erwachsene, 6 Kinder; Geburten- zahlen noch nicht vergeichnet. Vom 1. Juli 1910 bis 30. Juni 1911 starben von 2000 Snites 46 Erwachsene, 23 Kinder bei 30 Geburten. 3. Vom 1. Juli 1911 bis 30. Juni 1912 starben von 1058 Sulkas 31 Erwachsene, 26 Kinder bei 57 Geb urten. Vom 1. Juli 1912 bis 30. Juni 1913 starben von # Sullas 66 Erwachsene und 24 Kinder bei 29 Gebur 5. *n3 1. Juli 1913 bis 1. Februar 1914 starben 48 Männer und 16 Kinder bei 24 Geburten. Unter den Geborenen sowohl wie Gestorbenen sind die gemeldeten Totgeburten (bzw. Abtreibungen) mitgezählt. Diese Angaben würden, auf sich gestellt, besagen, daß innerhalb der letzten vier Jahre eine ganz enorme Steigerung der Tädesfälle bei bedenk- lichem Tiefstand der Geburten stattgefunden hat; wir hätten es also mit einem im Niedergange befindlichen Stamme zu tun. In Wirklichkeit gewinnt aber das hanze Bild ein anderes Aussehen, wenn wir ein Mo- ment berücksichtigen, das wir bei den Kanaken ganz vernachlässigen konnten, während es hier im Vorder- grunde steht, das sind die Ab= und Zuwanderungen des Volkes. Es ist bei Betrachtung vorstehender Zahlen sofort auffällig, daß die Abnahme der Leute von einem Jahr zum andern größer ist als die Jahl der Sterbefälle, einmal aber auch (1911/12) ringer. Wie ist diese Differenz zu erklären? Anßer horch Sierblichtelt ist auf doppeltem Wege ein Teil der Bevölkerung abgeflossen. Erstens durch die Ar- beiteranwerbung für auswärtige Pflanzungen, die zeitweise gesperrt, seit Oktober 1913 unter Verbot der Frauenanwerbung wieder freigegeben ist. Die zweite Herabminderung der Volkszahl ist bedingt durch eine in den letzten Jahren vor sich gegangene Rückwande- rung von ungefähr 150 Leuten nach dem Platze 5, Vermutlich wird der betreffende Bericht im Amtsblatt des Schutzgebietes erscheinen.