W 843 20 Liter atur-Bericht. Kolonialrechtliche Abhundlungen. Herausgegeben von Dr. Hubert Nacndrup, außerordentlichem Pro- lee 5 5or an der Westfülischen Wilhelms-Universitüt in Münster. Heft 4. Die Farbigenrechtspflege in den deutschen Schutzgebieten. Von Dr. Heinrich ick. Heft 5. Bundesrat und Reichstag bei der Kolonialgesetzgebung. Von Dr. Georg Lüttich. Münster (Westfalen) 1914. Verlag der Univeritäts- Buchhandlung Franz Coppenrath. Preis je 3 4. Die Farbigen-(Eingeborenen-) Rechtspflege in den deutschen Schutzgebicten schöpft hauptsüchlich aus drei Qucllen: aus den alten Stammcsrechten, aus dem Weißenrecht, dem für die Eingeborenenverhiltnisse assende Rechtsgrundsütze entlchnt werden, und aus her Gesctagchung. Die Stammcsrechte aufzuzeichnen hat man begonnen, aber noch nicht zum Abschlut gebracht. Die Frage, welche Normen des Weißen- rechts sich zur analogen Anwendung auf die Rechts- verhültnisse der Farbigen cignen, hat unseres Wissens isher noch keinen Bearbeiter gefunden. Dankens- werterweisc hat Dr. Heinrich Wick in dem vierten Heft der = Koloninlrechtlichen Abhandlungen- die um- gestaltenden deutschen Einwirkungen auf die Farbigen- rechtspflege, dic insbesondere auf der koloninlen Gesctz- gebung beruhen, zusammenfassend dargestellt. In der Einleitung wird kurz der Begriff der Farbigen erlüntert, wobci allerlings — abgeschen von den Bastards von Rehoboth in Südwestafrika — der Mischlinge im allgemeinen nicht gellacht wird. Da- ach werden in je einem Abschnitt das Privatrecht, Strafrecht und ProzeBrecht, wie es sich durch die Gesctagebung gcstaltet hat. dargestellt. Das Privnt- recht umfalzt das Personenrecht, Vermögensrecht, (Forderungs- und Sachenrecht), Familicnrecht und Erbrecht. Das Strafrecht wird unter dem Gesichts- punkt der Strafen und strafbaren Handlungen be- trachtet. Das Prozeßrecht 2zerfüllt naturgemüäß in Sirilproze- und StrafprozeBrecht. Der Abriß gibt ein unschauliches Bild von dem gegenwäürtigen Stande der Farbigenrechtspflege. Er wird allen, dic auf diesem (lebiet zu urbeiten haben, willkommen und von Jutzen sein. Das kürzlich erschienene fünfte Heft der „Kolonialrechtflichen Abhandlungen= — Verfasser Dr. Georg Lüttich — ist der Prage gevidmet, ob die Bestimmungen der Reichsverfassung über die Reichs- gesctzgebung auch in den deutschen Schutzgebieten gelten, oder, um den Gegenstand der Untesuchung mit den Worten des Verfassers zu bezeichnen: »ob und in welchem Umfange Bestimmungen der Reichs- verfassung für die Abgrenzung der Gesctzgebungs- rechte des Kaisers und des Bundesrats und Reichstags herungezogen werden dürfens. In dem ersten Ab- schnitt erörtert der Verfasser die Rechtsnatur der deutschen Kolonien, um festzustellen, ob Kolonien und Bundesgebiet zwei getrennice Rechtsgebicte bilden. Der zweite Abschnitt behandelt den Kern der Auf- gabe: „Die Organisation der Staatsgewalt im Reiche und in den Kolonien.= Hier wird zunächst unter- sucht, wer Inhaber und wer Trüger der Staatsgewalt. im Reiche und der Schutzgewalt in den Kolonien ist. Dann werden dic Rechte des Knisers und der Reichs- gesctzgebung bestimmt und schließlich beider Rechte gegencinander abgegrenzt. Dies geschicht unter der Frage, ob ein Reichsgesctz bestchende Kaiserliche Verordnungen und ob eine Kaiserliche Verordnung bestchende Reichsgesetze abündern oder aufheben kann. Wie schon aus der Fragestellung hervorgeht, spricht, sich Lüttich für die Geltung verfassungsrechtlicher Bestimmungen über die Reichsgesctzgebung in den Kolonien aus. Bekanntlich gehört diese Materie zu den umstrittensten Gebieten des Kolonialrechts, u nd es haben sich noch keineswegs die widerstreitenden. Meinungen geklürt. Deshalb ist cs stets zu begrüßen, wenn die Frage im Brennpunkt des wissenschaftlichen Interesses bleibt. Der Verfasser hat sich seiner Auf- gabe mit Geschick und eindringendem Fleiß erledigt. Seine Ausführungen sind anregend und belebrend. Nur in zwei Punkten regt sich ein Widerspruch. Es ist nicht zu billigen. Schrittsteller dunach zu unter- scheiden. ob sie mit dem Kolonialamt in Fühlung stechen oder nicht (S. 31). Dies wirft immer einen Schatten auf die Unabhängigkeit einzelner Schrift- steller in der Bildung und Vertretung ihrer Meinungen. Unbegreiflicherweise wird, wie aus der Anmerkung 35 geschlossen werden mutz, Laband zu denjienigen ge- zühlt, die mit dem Reichs-Kolonialuamt in Fühlung stchen- Ferner kuann die Kritik (S. 32), daß der Satz: die Reichsverfassung zwar nicht in, wohl aber für die Kolonien, ein leeres Wortspicl sei, uls berech- tigt nicht anerkunnt werden. ie in dem voran- stehenden Absatz der Abhandlung richtig zitiert. wird, bildet der kritische Satz den Abschlutß einer lüngeren Begründung und will duher nicht für sich allein, sondern nur im Zusammenhang mit dicser Begründung betrachtet werden. Darin kommt folgender Gelanke zum Ausdruck: Souverüin der Schutzgebiete ist das Deutsche Rcich, d. h. eine stantsrechtliche Person (juristische Person des öffentlichen Rechts). Eince Person, sei es natürliche oder fingierte, kann einen Willen nur gemäüß den sie beherrschenden Gesetzen fassen und ünBern, die natürliche Person also gemü ihrer Verstandes- und Charakteranlage, die fingicerte Person gemäß ihrer Verfassung. Auch uls Souverün der Schutzgebicte ist daher das Deutsche Reich in seinen Willensünßerungen un die Bestimmungen der Reichsverfassung gebunden; denn anders kann sich das Reich nicht äufern. Die den Souvcrün be- herrschenden Gesctze (des Charnkters oder der Ver- fassung) gelten nicht in dem seiner Gewalt unter- worlenen Gebicte, haben aber gleichwohl Geltung für das Gebict; denn nur derjenige Wille des Souvcrüns besteht für das Land, der der Verfassung des Souve- rüns cntsprechend zustande gekommen und erklürt ist. Das sind nimmermehr bleere Worte Struachler.