W 857 20 tropischen Urwald bestanden. Ein offenes Gefecht kann hier nicht stattfinden, sondern nur diejenige Art von Kampf, die man in Westafrika als „Busch- krieg“ bezeichnet. Hierbei kommt es in erster Linie auf genaue Ortskenntnis an; der Verteidiger lauert der vordringenden Kolonne an geeigneten Stellen auf, beschießt den Feind und ist meist, ehe dieser zur Besinnung kommt, im Walde wieder verschwunden. Hieraus ist es zu erklären, daß die Verbündeten für den Weg von Duala nach Edea, der nur etwa 90 km lang ist und sich längs der Bahnlinie hinzieht, über drei Wochen Zeit gebraucht haben! Je weiter sich diese Kämpfe von der Küste entfernen, desto günstiger werden die Verhältnisse für den Verteidiger und desto un- günstiger für den Angreifer. Um seine Etappen, die in dem Waldgebiete jederzeit überfallen werden können, zu sichern, muß der Angreifer seine Kräfte zersplittern. Je weiter er ins Innere vordringt, desto größer werden bei dem Mangel an fahr- baren Wegen die Verpflegungsschwierigkeiten, desto größer wird der Troß von Trägern. Da diese sich fast nur auf engen Waldpfaden vorwärts be- wegen können, erfordert die Sicherung der Marsch- kolonnen weitere Kräfte, während der Verteidiger, abgesehen von seiner Ortskenntnis, die ihm eine bessere Ausnutzung der Nahrungsmittel des Landes selbst ermöglicht, auf immer neue rückwärtige Quellen zurückgreifen kann. Diese stetige Beunruhigung der Marschkolonnen, bei der man immer gewärtig sein muß, überfallen zu werden, macht die Truppe nervös und kostet, wie aus den oben erwähnten Gefechten hervor- geht, viel Offtziere und Mannschaften. Es ist sehr wohl denkbar, daß der Plan unserer tapferen Verteidiger dahin geht, die Feinde unter steter Beunruhigung weiter ins Innere Kameruns vor- dringen zu lassen, um sie dann an einem selbst- gewählten Kampfplatze womöglich aufzureiben. Es verdient, hervorgehoben zu werden, daß nach dem letzten Berichte des Gouverneurs die eingeborene Bevbölkerung ruhig ist. Aus einer Bekanntmachung des Gouverneurs vom An- fang August, nach der sich eingeborene Stämme als Krieger anboten, geht hervor, daß große Teile der farbigen Bevölkerung sogar für uns kämpfen wollen, und daß sie wirklich für uns gekämpft haben, beweist das oben erwähnte Beispiel des Sultans von Logone Karnak. Wir können hoffen, daß die tapfere Schar deutscher Kulturpioniere in Kamerun den mit großer Macht von allen Seiten anstürmenden Feinden in gleicher Weise wie bisher die Stirn bieten und die deutsche Flagge an der Westküste Arrikas aufrecht halten wird! III. Togo. Von allen deutsch-afrikanischen Schutzgebieten bot Togo im Kriegsfall für die Verteidigung die ungünstigsten Bedingungen. Das nach allen Seiten offene, eng zwischen feindliche Nachbarkolonien eingekeilte Land war einem beiderseitigen Über- fall durch englische und französische Streitkräfte von Anfang an nahezu wehrlos preisgegeben, zumal nennenswerte Schwierigkeiten für das Vor- dringen des Gegners nicht vorhanden sind, und letzteres noch dazu durch ein vorzügliches Straßen= und Wegenetz erleichtert wurde. Unter diesen Umständen konnte bei dem Fehlen einer Schutz- truppe mit erfolgreicher Gegenwehr für längere Dauer ernstlich nicht gerechnet werden. Um so höher ist es zu veranschlagen, daß der stellver- tretende Gouverneur Geh. Reg.-Rat, Major a. D. von Doering unter Aufgebot fast aller verfüg- baren wehrfähigen Deutschen mit dieser und mit der. Polizeitruppe bis zum Außersten Widerstand geleistet hat. Vor allem galt es hier, die im Innern des Landes bei Kamina (Bezirk Atak- pame) errichtete Großfunkenstation, mittels deren die alltägliche Verständigung nicht nur mit Togo, sondern auch den übrigen Schutzgebieten in Afrika aufrecht erhalten wurde, solange als irgend möglich zu erhalten. Demgemäß ver- legte v. Doering, nachdem alsbald nach Beginn des Kriegszustandes die mit dem Gouverneur der Goldküstenkolonie eingeleiteten Verhandlungen wegen Neutralitätserklärung des Togo-Gebietes britischerseits abgelehnt worden waren, am 8. August alle nur erreichbaren Streitkräfte der Polizeitruppe — im ganzen 400 Mann, meist Reservisten und Rekruten — nach Kamina und leitete von dort aus die erforderlichen kriegerischen Unternehmungen. Soweit als möglich wurden Proviant sowie Kriegs- material und rollendes Eisenbahnmaterial mitge- nommen. Bei dem Rückzuge nach Kamina ließ v. Doering den kleinen Funkenturm bei Tog- blekofe und die Eisenbahnbrücke über den Sio- fluß sowie noch andere Brücken der Eisenbahnen nach Atakpame und Palime zerstören. Gleichzeitig besetzten die Engländer Lome, erklärten für die Stadt das Kriegsrecht und alles, bis 120 km landeinwärts sich erstreckende Land für englischen Besitz. Dabei wurde die feierliche Zusage gegeben, die Ordnung zu wahren und das Eigentum zu schützen. Wenige Tage später über- schritten die Franzosen, die bereits am 8. August Anecho besetzt hatten, den deutsch-französischen Grenzfluß Mono in der Nähe von Tokpli und besetzten die Landschaft Sagada. Gleichzeitig rückten die Engländer von Lome aus längs der Palimebahn vor, besetzten zwischen dem 12. und 15. August Noepe, Assahun und