G 859 20 letzterer indessen aus den Worten des britischen Kommandeurs den Eindruck gewonnen, daß den gefangenen Europäern eine würdige Behandlung zuteil werden würde. Am folgenden Tage, 26. August, erließ der Kommandeur der feindlichen Truppen einen Be- fehl, wonach Togo unter Kriegsgesetz gestellt wurde. Des weiteren enthielt der Befehl u. a. fol- gende Punkte: Die Kriegsgefangenen verbleiben zunächst in Atakrvame und dürfen ohne schriftliche Erlaubnis ihre Quartiere nicht verlassen. Alle Gefangenen werden bewacht. Sie haben sich darauf vorzubereiten, daß vom 28. August an ihre Überführung nach Lome stattfinden wird. Die Gefangenen dürfen ihr persönliches Gepäck mit sich nehmen und zum Zwecke des Packens ihre Behausungen — unter Eskorte — aufsuchen. Den Angehörigen der Katholischen Mission wird ge- stattet, in Atakpame zu bleiben und ihre Tätigkeit fortzusetzen..) Je einem, noch zu bestimmenden Angestellten jeder kaufmännischen Firma in Togo wird erlaubt, nach Abgabe ehrenwörtlicher Ver- pflichtung, in Atakrame zu bleiben und — unter Oberaufsicht des Chef-Transportoffiziers — im In- teresse seiner Firma weiterhin tätig zu sein. Be- züglich der gefangenen Pflanzungsangestellten wird einem besonderen Kommissar die Entscheidung darüber überlassen, ob sie auf Ehrenwort zur Fortführung der Pflanzungsarbeiten zurückbleiben dürfen. Bis auf weiteres werden alle Läden geschlossen, und nichts darf verkauft werden. Wegen dringender Requisitionen ist ein besonderes Ansuchen an den Chef-Transportoffizier im Haupt- quartier zu richten. Fälle von Plünderung sind zu melden. Der älteste Sanitätsoffizier hat seiner- seits Anordnungen betreffend das Sanitätswesen und die Hospitäler zu erlassen, denen Folge zu leisten ist. Aus den seinerzeit hierher gelangten Tele- grammen des Majors v. Doering war bereits ersichtlich gewesen, daß sowohl Engländer wie auch Franzosen von Norden her gegen Kamina vorrückten. Die Erklärung für diese, im Hinblick auf die Gesamtlage nicht ohne weiteres verständ- lichen Maßnahmen lieferte erst die oben erwähnte Zuschrift an den „Temps“. Hierin heißt es u. a., daß die Verbündeten beabsichtigt hätten, gemeinsam nach Sansanne — Mangu im Norden der Kolonie zu marschieren, wo man den Befehlshaber der deutschen Truppen mit 170 weißen und 1080 (1) schwarzen Sol- *) Im Gegensatz dazu hatten die Franzosen am 9. August die Mitglieder der Ratholischen Mission in Anecho als Gefangene nach Dahomey mitgeführt (vgl. Fölnische Volkszeitung Nr. 827 vom 21. September 1914). daten vermutete. Eine kleine französische Kolonne habe indessen im genannten Ort festgestellt, daß dem nicht so war. Der britische Kommandant Bryant — der nach der gleichen Quelle eine gemischte Abteilung von 440 englischen") und 160 eingeborenen Soldaten befehligte — und der französische Befehlshaber Marofx beschlossen alsdann, auf Kamina zu marschieren. Wir lassen nunmehr im Auszuge eine Schil- derung der Vorgänge in Togo folgen, die dem Reichs-Kolonialamt erst vor wenigen Tagen von einem, seit langen Jahren in Togo tätigen Pflanzer zugegangen ist. Der Verfasser, dem wir auch die vorstehenden näheren Angaben, betreffend die Übergabe-Verhandlungen, verdanken, befindet sich noch im neutralen Auslande. Am 5. August war der Kriegszustand über Togo erklärt, und sämtliche Mannschaften des Beurlaubtenstandes hatten sich zu melden. Aus diesen Leuten — Reserve bis Landsturm — wurde eine Europäerkompagnie gegründet, der sich noch verschiedene Kriegsfreiwillige anschlossen. Das Kommando über die Europäerkompagnie hatte zunächst Rittmeister v. Roebern, dann Leutnant Fräuelin. Nachdem Geheimrat v. Doering es den Ver- heirateten anheimgestellt hatte, in Lome zu bleiben, machten davon etwa 25 Familien""“) Gebrauch. Ferner verblieben zur Übergabe in Lome Be- zirksamtmann Clausnitzer und zwei Sekretäre. Von diesen Personen wurden nun am 9. und 10. August mehrere Ehepaare und einzelne zurück- gebliebene Kaufleute in englische Gefangenschaft gebracht, und zwar nach Accra, Secondi- bzw. Kumassi; einzelne davon unter der Beschuldigung, unseren Truppen Nachrichten permittelt zu haben. Inzwischen waren folgende Vorkehrungen ge- troffen worden: Die Polizeitruppe blieb in Kamina und die Europäerkompagnie kam nach Atakpame. Inzwischen hatte der Feind Lome besetzt, und wir hörten, daß er im Anmarsch auf Kamina sei. Damit nun die Funkenstation Togblekofe nicht unversehrt in die Hände des Feindes fiel — ob- wohl schon die ötigsten Sachen abmontiertwaren —, fuhr eines Tages der Reg. Baumeister und Leut- nant d. R. Laverenz nach Tsewie. Es gelang ihm, bis nach Togblekofe durchzukommen, den Turm umzulegen und die übrigen Maschinen unbrauchbar zu machen. Auf der Rückfahrt wurde noch die Shio-Brücke gesprengt. PFVermutlich Besatzungsmannschaften von Kriegs- schiffen. *)) Namen werden nach Möglichkeit in einer späteren Veröffentlichung mitgeteilt werden.