W 860 20 Nun hatten wir einige Tage Ruhe, aber schon hörten wir, daß der Feind Eisenbahnschienen von Lagos bekommen habe und dabei sei, die Brücke über den Sio wieder in Ordnung zu bringen. Ferner benutzte er unsere kleinen Maschinen (Lokomotiven) und dasjenige rollende Material, das leider in Lome hatte bleiben müssen, dazu, seine Truppen zu befördern. Hauptmann Pfähler, der inzwischen von Kratschi angekommen war, wurde nun am 15. August abends mit Leutnant Schlettwein, Leutnant Stange, Leutnant d. R. Dr. Sengmüller, Leutnant d. R. Dr. Kohlsdorf und dem öster- reichischen Staatsangehörigen Baron Codelli nebst mehreren anderen Europäern und zwei Kompagnien Eingeborenen dem Feind nach der Station Agbeluwos entgegengeschickt, um ihn zu einem Gefecht zu veranlassen. Dort wurde die Mitteilung seitens der Ein- geborenen gemacht, daß der Feind noch nicht da sei, und daraufhin fuhr man weiter. Leider stellte es sich heraus, daß die Ein- geborenen, wahrscheinlich für Geld gedungen, uns falsche Angaben gemacht hatten; denn der Feind war tatsächlich schon in Agbeluwos. Als nun die Truppen zurückkehrten, waren inzwischen auf der Strecke die Schienen gelockert, und der Zug dadurch zum Entgleisen gebracht worden. Es wurde sodann der Marsch nach Agbeluwos an- getreten. In Agbeluwos auf dem Marktplatz angekommen — es war abends gegen 7 Uhr —, wurden unsere Leute heftig beschossen, da sich der Feind in den Faktoreien und in den Stations- gebäuden verbarrikadiert hatte. In diesem Gefecht verloren wir Hauptmann Pfähler (tot), verwundet: Leutnant d. R. Dr. Sengmüller (schwerer rechter Oberschenkel- schuß), Leutnant d. R. Dr. Kohlsdorf (Schulter- schuß). Die beiden letzteren kamen in das Kranken- haus nach Lome. Ferner wurden etwa 12 Deutsche in englische Gefangenschaft gebracht. Es war ein schwerer Verlust, aber die Leute haben sich tapfer geschlagen. Leider versagten hier die Eingeborenen vollständig, und sehr viele haben das Gewehr in den Busch geworfen, die Sachen ausgezogen und sind davongelaufen. Hier in Agbeluwos vereinigten sich dann die Engländer mit den vom Mono her anrückenden Franzosen und gingen nun gemeinsam gegen uns vor. Wir stellten uns am 22. August abermals am Chra dem Feinde entgegen, und das war das heftigste Gefecht, das stattgefunden hat. Hier verloren wir den Bahnassistenten Klemp, welcher das Maschinengewehr bediente. Ferner wurden verwundet Dr. v. Raven ((linker Unterarmschuß), und gefangen genommen Assistent Berke. Wir mußten schließlich der Übermacht und wegen Mangel an Munition weichen. Es wurde uns endlich noch gemeldet, daß eine Kompagnie Engländer mit einem Maschinen- gewehr bereits Palime passiert hätte und im An- marsch auf Atakpame wäre. Ferner, daß vom Osten noch eine Kompagnie Franzosen komme. Es wurde daher mit dem Oberkommandierenden der vereinigten Truppen in Unterhandlung ge- treten. In der Nacht vom 24. bis 25. August wurden dann in Kamina sämtliche Türme umgelegt, und das Maschinenhaus total vernichtet und in Brand gesteckt. Am 27. August morgens 8 Uhr fand sodann die Übergabe statt. Togo ist heute aufgeteilt ungefähr wie folgt: Englisch ist die Küste bis Portoseguro am Togosee entlang bis zur Mündung des Haho, der Lome-Landbezirk, der Misahöhebezirk vom Atakpamebezirk, was westlich der Bahn liegt. Französisch sind der Anechobezirk, der Atakpame- bezirk östlich der Bahn, Atakpame selbst und der Sokodebezirk; über den Mangubezirk bin ich nicht unterrichtet. In den Bezirken, die von den Eng- ländern besetzt sind, ist wohl verschiedentlich ge- stohlen worden, zum Teil wohl von farbigen Angestellten selbst; sonst ist aber alles in ziem- licher Ordnung. In das Gebiet, das von den Franzosen besetzt ist, geht niemand. · Bei mir auf der Pflanzung ist fürchterlich gewüstet worden; meine sämtlichen Sachen, Hand- werkszeuge usw., Ernte und noch vieles mehr ist vernichtet und gestohlen worden. Sebe bei Anecho“) soll demoliert sein. Anfang Oktober nun ging ein Schreiben in Lome herum, daß Nichtkombattanten, die über das Reisegeld verfügten, nach einem neutralen Hafen fahren könnten. Hier meldete auch ich mich, und es ist mir gelungen, durchzukommen. Soweit der Bericht des deutschen Pflanzers. Es sei hierzu noch ausdrücklich bemerkt, daß die Kolonialverwaltung unverzüglich nach Bekannt- werden der vorstehenden Nachrichten die erforder- lichen Schritte getan hat, um eine angemessene Behandlung der in Gefangenschaft geratenen Deutschen herbeizuführen. *) Aus anderer Quelle wird berichtet, daß die Franzosen in Anecho sämtliche deutschen Geschäfte ge- schlossen hätten. (R. K. A.)