G 863 2e Das früher vom Weltverkehr völlig abge- schlossene Schutzgebiet sollte in letzter Zeit durch mehrere Funkenstationen an das Welttelegraphen- netz angeschlossen werden. Bei Ausbruch des Krieges war die in Neupommern im Bau be- griffene Station in Bitapaka noch nicht völlig betriebsfertig; sie konnte jedoch Telegramme auf- nehmen, und da man der gespannten Lage wegen mit allen Kräften an der Fertigstellung arbeitete, vom 8. August an auch Telegramme geben. Am 5. August wurde in Bitapaka die amtliche Nach- richt von dem Ausbruch des Krieges in Europa aufgenommen. Der stellvertretende Gouverneur befand sich zu dieser Zeit auf einer längeren Dienstreise in Kaiser-Wilhelms-Land. Dem in Rabaul die Gouvernementsgeschäfte führenden Ersten Reserenten lag es daher ob, alle durch die Lage gebotenen Maßnahmen sofort zu er- greifen. Da anzunehmen war, daß im Falle eines Angriffes der Engländer von diesen zunächst versucht werden würde, sich des Gouvernements- sitzes in Rabaul sowie der größeren Niederlassungen dortselbst und in Herbertshöhe zu bemächtigen, und da beide Orte unmittelbar am Meere liegen und daher ohne weiteres mit Schiffsgeschützen beschossen werden können, wurde beschlossen, den Gouvernementssitz in das Innere von Neu- pommern zu verlegen. Nach entsprechender Be- kanntmachung siedelte dann der Erste Referent mit dem Bureauvorstande und dem notwendigen Personal nach dem höher gelegenen und von der See aus nicht beschießbaren Toma über, wohin ihm in den folgenden Tagen die meisten Gou- vernementsbeamten nachfolgten. Nur die zur Aufrechterhaltung der Ordnung und des Hospital= betriebes notwendigen Beamten blieben in Rabaul zurück. Die Eingeborenen verhielten sich ruhig und wurden in Neupommern und auf den benachbarten Inseln durch den Bezirksamtmann über den Krieg aufgeklärt. Hierbei wie überhaupt bei allen seinen Maßnahmen fand das Gou- vernement die volle Unterstützung der katholischen Mission in Herbertshöhe. Gleichzeitig mit diesen Maßnahmen schritt man zur Organisation des bewaffneten Wider- standes. Hierbei ging man von der Erwägung aus, daß unter allen Umständen den wertvollen Plätzen Rabaul und Herbertshöhe im Falle eines feindlichen Angriffes das Bombardement erspart werden müßte, daß dagegen die Funken- station in Bitapaka sowie der neue Gouverne-= mentssitz in Toma solange als möglich zu ver- teidigen seien. Es wurde daher aus der vorhandenen farbigen Polizeitruppe mit den beiden vorhandenen aktiven Offizieren die bewaffnete Macht gebildet und diese durch Heranziehung von Deutschen gemäß dem Wehrgesetze für die Schutzgebiete verstärkt. Die zur Truppe einberufenen Deutschen übten zunächst einige Tage in der Nähe von Rabaul und wurden dann als Chargen in die auf etwa 300 Mann verstärkte Polizeitruppe eingereiht. Sämtliche in Neupommern und der Nähe wohnhaften wehr- pflichtigen Leute stellten sich unmittelbar nach der Bekanntmachung der Kriegserklärung dem Gou- vernement zur Verfügung. Bemerkenswert ist, daß auch die Italiener und ein dort ansässiger und angesehener Japaner mit etwa hundert seiner Landsleute dem Gouvernement ihre Dienste gegen einen etwaigen Angriff der Engländer anboten. Letzteres Angebot wurde mit Rücksicht auf die heimischen Nachrichten jedoch nicht angenommen. Die Zahl der im ganzen eingezogenen Deutschen belief sich auf etwa fünfzig. Die Bewaffneten wurden vor allem in Herbertshöhe und Bitapaka untergebracht. Schwächere Posten standen in Toma, Neu-Varzin, Wunaditir, am Weberhafen, Tobera, Raloana und Kabakane. Am 12. August erschien ein aus vier Kreuzern und drei Torpedobooten der australischen Flotte bestehendes Geschwader vor Herbertshöhe und Rabaul, verlangte mit dem Gouverneur zu ver- handeln und forderte die Beamten auf, die Lage der Funkenstation bekanntzugeben. Dieses Ansinnen wurde abgelehnt. Daraufhin drohte der Flottenkommandant, wenn er bis zu einer gewissen Zeit eine befriedigende Antwort nicht erhielte, die Niederlassungen in Herbertshöhe und Rabaul zu beschießen. Die Beamten blieben jedoch bei ihrer Weigerung, und das Geschwader dampfte, nachdem sowohl in Herbertshöhe als auch in Rabaul die Postämter von gelandeten Truppen zerstört worden waren, wider Erwarten, ohne die Drohung auszuführen, vor Ablauf der gestellten Frist wieder ab. Über die weitere Entwicklung der Dinge find wir durch Veröffentlichungen in australischen Zei- tungen wie folgt unterrichtet: „Die australische Flotte erschien am 10. Sep- tember wieder vor Herbertshöhe. Die Landungs- truppen wurden am 11. ausgeschifft und konnten Herbertshöhe besetzen, ohne Widerstand zu finden. Um 7½⅛½ Uhr wurde die britische Flagge gehißt. Der Hafen von Rabaul wurde durch Torpedo- boote nach etwa von den Deutschen ausgelegten Minen abgesucht. Auch nach Rabaul konnte später ohne Widerstand eine Besatzungstruppe gelegt werden. Die in Herbertshöhe gelandeten Truppen stießen indessen bei dem Vordringen in der Richtung der Funkenstation Bitapaka dicht hinter Herbertshöhe auf heftigen Widerstand. Sie rückten bei Tagesanbruch vor, und es ent- wickelte sich auf einem Gefechtsfelde von der Aus- dehnung von ungefähr 7 km ein erbitterter Busch- krieg. Die Wege waren teilweise mit Minen be-