W 19 20 bandelte, der — es waren seitdem etwa sieben Tage verflossen — vielleicht schon wieder ge- regelt war. In letzterer Annahme wurden wir noch bestärkt durch die Aussagen von Schwarzen in verschiedenen Dörfern, die übereinstimmend sagten, die Franzosen wären schon wieder nach Meossaka zurückgegangen. Als wir am Morgen des 18. August uns der Einmündung des Li- kenzie-Kanals in den Ssanga näherten, kam plötzlich aus biesem Kanal der Dampfer „Victor Largant“ der Messageries Maritimes heraus und begann mit Kanonen auf die „Djah“ zu schießen. Der Führer drehte sofort das Schiff, um zu fliehen; jedoch sahen wir dann zu beiden Seiten des Flusses französische Tirailleurs in Schützen- linien mit angelegtem Gewehr stehen. Da absolut keine Waffe an Bord, und also an Widerstand oder Flucht nicht zu denken war, hieß Herr Quad- beck das Schiff festmachen. Der Schiffsführer und ich wurden Kriegsgefangene, die „Diah“ als Kriegsbeute erklärt. Der ganze an Bord befindliche Proviantvor- rat wurde von den Franzosen beschlagnahmt. Unsere Sachen wurden durchwühlt, Uhren, Wert- sachen und alles, was sonst nicht gerade fest verschlossen war, wurde von den fran- zösischen Unteroffizieren geraubt, so daß schließlich auf unser dringendes Ersuchen hin der Kommandant einen Posten bei unserem Gepäck aufstellte. Wir sind dann nach Brazzaville ins Ge- fängnis für Schwarze gebracht und dort bis zum 24. September gefangen gehalten worden, zu- sammen mit noch fünf Herren aus Südkamerun, Elefantenjägern und Kaufleuten. Die „Diah“ ist von den Franzosen zum Hospitalschiff ge- macht und auf ihrer Expedition gegen Molundu und Nola verwandt worden. Es waren 250 Senegalesen, 100 Weiße (Offiziere und Unter- offiziere), eine Mitrailleuse, ein 5-em-Geschütz und drei 6-cm-Geschütze vorhanden. Am 24. Sep- tember wurde uns erklärt, daß wir entlassen wären, gegen Ehrenwort, nicht mehr gegen Frankreich und seine Verbündeten zu kämpfen, daß wir aber gleichzeitig aus dem französischen sowie auch aus dem belgischen Kongo ausgewiesen wären. Uber die mutige, von Bezirksamtmann El- tester geleitete Verteidigung Ukokos gegen einen weit überlegenen Feind haben wir eingehendere Nachrichten durch den Bericht eines Angestellten der Firma C. Woermann in Hamburg, der am Kampf teilgenommen hat. Aus der Schilderung dieses Herrn geben wir folgendes wieder: Am Montag, den 21. September, erschien in dichtem Nebel das kleine französische Kanonen= boot „Surprise“ vor Ukoko und begann, nachdem unsererseits zwei Alarmschüsse abgegeben waren, das Stationsgebäude und die Arztwohnung zu bombardieren, welch letztere bereits gegen 6 Uhr morgens in Flammen aufging. Sämtliche Privat- gebäude wurden im Laufe des Tages unter Feuer genommen und arg demoliert. Bevor unsere Soldaten gesammelt werden konnten, gelang es einer Barkasse der „Surprise", vier Boote mit Maschinengewehren und Revolver- kanone zu landen, die langsam an dem Strand vorrückten. Im Laufe des Vormittags hatten die Gegner wenig Erfolge, da sie von unseren farbigen Soldaten vom Busch aus heftig beschossen wurden. Bis gegen 3 Uhr landeten im ganzen neun fran- zösische Boote mit schätzungsweise 250 bis 300 Mann und, wie schon gesagt, mit meh- reren Maschinengewehren und einer Revolver- kanone, welchen wir etwa 50 farbige Soldaten und 20 Europäer mit einem Maschinengewehr entgegenstellen konnten, da die neu eingezogenen farbigen Rekruten infolge des heftigen Bom- bardements — es wurden ungefähr 300 bis 400 Kanonenschüsse abgegeben — versagten und entfloben. Gegen Mittag wurde der Barre- dampfer „Itolo“ in Grund geschossen; die Re- gierungsbarkasse „Rohlfs"“ wurde gleich am Morgen zum Sinken gebracht. Der Hauptangriff erfolgte gegen ½3 Uhr, welchem wir bis 5 Uhr im dichtesten Kugelregen standhielten. Dann erfolgte der Rückzug nach Mbini. Um 4 Uhr etwa erhielt Herr Paetzoldt, der ungefähr zwei Schritte vor mir lag, einen Schuß durch den Hals, der unterhalb des linken Schulter- blattes wieder heraustrat. Anscheinend hat die Kugel Lunge und Herz berührt. Herr Paetzoldt war sofort tot und hat wohl keine Schmerzen gehabt. Von unseren Kollegen fiel noch Herr Stolte. Die Herren Teilheimer und Arnemann sind unverwundet in Gefangenschaft geraten. Herr Ointz hatte eine Wunde am Bein und wurde — da er nicht gehen konnte — ebenfalls gefangen genommen. Herr Teilheimer wurde mit Herrn Hintz zusammen nach Libreville gebracht, während Herr Arnemann noch in AUkoko sein soll. Herr Hanssen ist mit Herrn Bezirksamtmann Eltester gegangen, der sich mit den Herren Feld- webel Seifert, Sergeant Lehmann und Heil- gehilfen Hoffmann nach den Militärposten im Busch durchschlagen will. Ich erhielt den Auf- trag, ein Telegramm zu besorgen und mich dann wieder dem Kommando zu melden. Unsere Verluste sind: tot 4 Europäer, etwa 15 Farbige; verwundet bzw. gefangen: 5 Euro-= päer und vermißt 2. Französischerseits sollen gefallen sein: 1 Offizier, 4 Weiße und etwa 120 Farbige. —