32 rechtzeitig auf dem Landwege nach dem Innern zurückgezogen haben. Die Männer sollen in das Gefangenen- lager Robertsheigth bei Pretoria, die Frauen und Kinder in das Gefangenen- lager Port Napier bei Pietermaritzburg gebracht worden sein. Die meisten Geschäfte in Lüderitzbucht, u. a. die Lüderitzbucht-Gesellschaft und die Afrika-Bank sollen in englische Verwaltung genommen wor- den sein. Der britische Konsul Müller ist später mit der Zivilverwaltung Lüderitzbuchts betraut worden, während der Befehl über die Truppen auf einen anderen Offizier übergegangen ist. Nachdem die Besetzung Lüderitzbuchts vollzogen worden war, sollen ein Kreuzer und die vier Torpedoboote von Lüderitzbucht zurückgezogen, und nur ein Kreuzer dauernd vor Lüderitzbucht statio- niert worden sein.“ Der Berichterstatter betont noch, daß nach seinen Beobachtungen der Konsul Müller be- müht gewesen sei, die Ordnung in Lüderitzbucht aufrecht zu erhalten; trotzdem sei es ihm nicht gelungen, die englischen Soldaten von Plünde- rung und Zerstörung von Privateigentum zurück- zuhalten; insbesondere sei die Einrichtung der leerstehenden Wohnungen völlig zerstört worden. Auch die frühere Privatwohnung des Konsuls Müller, in der sich noch seine Sachen befunden hätten, sei nicht verschont geblieben. Insbesondere sei Müllers Bibliothek vollständig vernichtet worden! Wesentlich eingehender beschäftigt sich mit den dortigen Vorgängen der zweite Bericht. Meine Erlebmisse in Deutsch-Südwest- afrika.“) Als am 1. August die Mitteilung über das Ultimatum Deutschlands an Rußland eintraf, herrschte in Lüderitzbucht sehr große Begeisterung und noch größere Spannung; am Sonntag, den 2. August, vormittags, traf dann die Mitteilung über die Kriegserklärung ein, am 4. oder 5. August auch die Nachricht über den Krieg mit Frankreich, jedoch erst später die Mitteilung bezüglich Eng- lands. Von der Funkenstation waren allerdings Gespräche zwischen englischen Dampfern aufge- fangen worden, wonach Deutschland und England sich im Kriege befinden „sollten“, aber Tatsächliches hierüber erfuhr man zunächst nicht. Inzwischen wurde in Lüderitzbucht sofort sämt- licher Proviant des Militärs ins Land geschafft. ––. *) Im Auszuge mitgeteilt. (R. K. A.) r Die Dampfer „Frieda Woermann“ aus Kapstadt und „Muansa“ aus Hamburg trafen beide am 2. August ein. Nur Post und Passagiere wurden gelandet, worauf beide Dampfer mittags wieder den Hafen verließen. Im Hafen lagen am 2. August außerdem der „Eber“ sowie die „Steier- mark“, welche in Sturmvogelbucht geladen hatte; beide Schiffe fuhren nachmittags ab. Am 7. (oder 8.) August wurde in Süd- west mobil gemacht. Es haben sich viele Freiwillige gemeldet. Die Behörden be- reiteten sich darauf vor, einem Angriff seitens der Südafrikanischen Union ent- gegentreten zu können. Etwa 2000 entlassene Kapjungen lagen auf dem italienischen Segler „Mincio“, welcher im Hafen lag; die Jungen sollten nach Kapstadt befördert werden. Der Segler ist auch von zwei norwegischen Walfängern nach Kapstadt geschleppt worden. Da Militär und Polizeitruppe durch Ver- legung der Streitkräfte ins Innere des Landes erheblich vermindert worden waren, wurde für den Wachtdienst in der Stadt eine freiwillige Bürgerwehr gebildet. Aus Deutschland erhielt die Stadt über Windhuk regelmäßig Funkenspruchmitteilungen, wodurch sie auch über die Vorgänge in Togo unterrichtet wurde, solange die dortige Funkenstation in Be- trieb war. Bis zum 14. Sept. abends war in Lüderitzbucht alles ruhig. Als aber die Mitteilungen von Swakop- mund eintrafen, erwartete man sofort einen An- griff; jedoch wurde erst am 18. September gegen 4 Uhr nachmittags bekannt, daß die Engländer in Sicht wären. Gegen 5 Uhr wurde das erste Schiff an der Einfahrt sichtbar. Im ganzen sind 17 Schiffe gesichtet worden, einschließlich der Kriegsschiffe, Schlepper und Leichter. Von den Schiffen gingen drei Transportschiffe in den äußeren Hafen (außerhalb der Haifisch- Insel). Die Kriegsschiffe — etwa drei — blieben weiter draußen liegen. Die weiße Fahne wurde gezogen; die Engländer landeten an diesem Tage in Lüderitzbucht keine Truppen mehr. Seitens der Bürgerwehr wurde nunmehr jeder Deutsche zum Wachtdienst herangezogen. Um einen even- tuellen Zusammenstoß mit englischen Patronillen zu vermeiden, wurde in der Nacht vom 18. zum 19. September den Mitgliedern die Waffe (Re- volver) abgenommen, da die Bürgerwehr nur Polizeidienste tat. Am 19. September landeten die englischen Truppen von den drei Transport- schiffen; der Rest der gesichteten Schiffe hatte nach Norden zu ihre Reise fortgesetzt. Die Zahl der gelandeten Truppen kann ich nicht mit Bestimmtheit angeben, die Meinungen