GW 35 2 die Behörden, wie es schien, besonders sorgten. Doch wurden die Lügenberichte der Zeitungen kühl empfangen und fanden wenig Glauben. Es schien, als ob die Leute nicht recht wagten, ihre Meinung zu sagen. Für den Kolonialkrieg waren die Kapstädter gar nicht begeistert; denn die Zeiten waren schon an und für sich schlecht, und viele Leute arbeitslos geworden. Im übrigen erzählte man in Kapstadt, daß die Engländer auch in Swakopmund Truppen gelandet und die Zivilbevölkerung nach der Union abgeführt hatten. Da dieselben Leute aber auch wissen wollten, daß die Swakopmunder ihre Landungsbrücke in die Luft gesprengt hatten, scheint dieses wenig glaubwürdig. Cndlich ist noch eines kürzeren Berichts von einem deutschen Bürger aus Lüderitzbucht zu ge- denken"), der namentlich frühere Angaben über die Plünderung der Stadt, über Diebstähle der Engländer am Privateigentum der Bürger- schaft und deren Abführung in die Gefangenschaft ergänzt und bestätigt. Ferner wird darin erwähnt, daß am 26. Sep- tember bei Kolmannskuppe ein Gefecht statt- gefunden hat“"), wobei 80 Deutsche 150 Eng- ländern gegenüberstanden. Die Verluste waren auf beiden Seiten gleich: je 5 Tote und 3 Ver- wundete. Die Engländer zogen sich dann nach Lüderitzbucht zurück. « Besondere Beachtung verdient die Mitteilung des Berichterstatters, daß die Lüderitzbuchter Diamantenfelder von den Engländern abgebaut würden! Aus den Berichten geht zunächst hervor, daß Südwestafrika nicht die Offensive er- griffen, sondern etwaige Angriffe seitens der Engländer bzw. der Südafrikanischen Union abgewartet hat. Von Bedentung in dieser Hinsicht ist die Angabe des sehr sorgfältig verfaßten, an zweiter Stelle erwähnten Berichts, daß die Eroberung von Walfischbucht erst am 24. September stattgefunden hat, nicht aber, wie nach englischen Quellen in unserer ersten Mitteilung wiedergegeben, schon am 8. Sep- tember. Im Einklang mit diesen Feststellungen steht übrigens auch die uns von durchaus zuverlässiger Seite gewordene Mitteilung, daß der Premier- minister Botha am 10. September im Parlament *) Abgedruckt im „Berliner Tageblan“ Nr. 635 vom 14. Dezember d. Jo. *") Hierbei bhandelt es sich wahrscheinlich um das in unserer erften Mitteilung erwähnte, nach früheren An- gaben am 28. September stattgehabte Gefecht. die Erklärung abgegeben hat, auf Anregung der Britischen Regierung habe die Regie- rung der Union beschlossen, das Schutz- gebiet Deutsch-Südwestafrika mit Waffen- gewalt anzugreifen. Ferner muß nachdrücklich auf die Feststellung hingewiesen werden, daß die Engländer auch aus Lüderitzbucht, ebenso wie es in Kamerun und Togo geschehen, ohne wei- teres alle Nichtkämpfer und alle Frauen und Kinder als kriegsgefangen außer Lan- des und in Konzentrationslager brachten — ein Verfahren, daß jedem VWölkerrecht und jeder bei zivilisierten Aölkern her- gebrachten Kriegführung Hohn spricht. Es ist übrigens recht begeichnend für die Disziplin der englisch-südafrikanischen Truppen, daß es deren Befehlohaber nicht einmal gelungen ist, sie an der Plünderung und Zerstörung der Häuser in Lüderitzbucht zu hindern. Eine eigene Jronie des Schicksals liegt darin, daß sogar die Wohnung des Befehlshabers, jenes Oberstlemmnants Müller, der bis vor kurzem eng- lischer Konsul in Lüderitzbucht gewesen war, den Plünderern zum Opfer gefallen ist! Wie schon eingangs bemerkt wurde, war längere Zeit hindurch über kriegerische Begegnun- gen zwischen den Truppen der Union und unserer Schutztruppe nichts hörbar geworden. Erst vor einigen Tagen brachte das Reuterbureau aus Kapstadt die erfreuliche Nachricht von einer Nie- derlage der Engländer bei Garub. Zwischen einer englischen, von Lüderitzbucht aus ostwärts vordringenden Truppe unter dem Befsehl von Sir Duncan MekK#enzie und deutschen Streitkräften kam es hier am 16. Tezember zum Gefecht. Der Kampf endete mit dem Rückzug der Engländer. Was endlich die schon früher erwähnten an- geblichen Zusammenstöße mit portugiesischen Truppen nördlich der Grenze Südwestafrikas gegen Angola anbelangt, so wurde schon in der ersten Mitteilung bemerkt, daß an der Richtigkeit der Meldung über den Einfall einer deutschen Abteilung bei Naulila am Kunene gezweifelt werden müsse. Eine amtliche Bestätigung ist denn auch bis jetzt nicht erfolgt. Dagegen gibt die Lissaboner Presse vom 6. November folgende Darstellung des Vorganges von Naulila: Die Deutschen hätten angeblich zwecks Vieh- kaufs die Grenze Angolas überschritten. Hierbei sei es zu einem Zusammenstoß mit der portu- giesischen Besatzung des Postens gekommen, in desson Verlauf drei Deutsche, darunter ein Offizier und ein Arzt, gefallen oder verwundet seien.