W 85 e bezahlen, als die allerschlechteste Ware für den billigsten Preis zu haben. Zweckmäßigerweise werden die Artikel so gewählt, daß ihre Preise den an den einzelnen Orten in der Regel zur Auszahlung kommenden Wochen= oder Träger- löhnen entsprechen. Der Eingeborene kann als- dann den erhaltenen Lohn unmittelbar gegen den begehrten Artikel umtauschen. Der Handel mit Pulver und Gewehren ist durch Verfügung des Generalgouverneurs gemäß Dekret vom 6. Januar 1912 an Formalitäten ge- knüpft: einmal muß det Verkäufer genaue Listen über die eingeführten und abgesetzten Mengen führen; anderseits muß sich der Käufer vorher mit einem besonderen Erlaubnisschein eines Ver- waltungsbeamten versehen. Letztere Vorschrift mag zweckmäßig erscheinen an den Orten, wo sich kaufmännische Faktorei und ausstellende Be- hörde an demselben Platze befinden und der Ein- geborene sich unmittelbar mit dem Erlaubnisschein versehen kann; an allen anderen Orten kommt diese Vorschrift in der Praxis einem tatsächlichen Verkaufsverbot gleich. Der Eingeborene, der einen mehrere Tage weiten Marsch hinter sich hat, um seinen Kautschuk zu der Faktorei zu bringen und hier gegen das Gewehr umzutauschen, geht jetzt nicht erst mehrere Tage weit, um das erforderliche Papier zu holen. Dann zieht er es vor, an der portugiesischen Grenze ohne diese Formalität das Gewehr zu kaufen. Solange die Grenze des Kongo nach dem Süden keine Über- wachung hat, ist die belgische Regierung nicht in der Lage, dies zu verbindern. Dabei ist die Nachfrage nach Gewehren außerordentlich groß. Nach übereinstimmenden Angaben der Administra- teure kann für die Territoires von Kalamba, Luebo, Luluaburg und Dibaia angenommen werden, daß die Hälfte der männlichen Bevölkerung mit Gewehren versehen ist, eine Annahme, die ihre Bestätigung findet, wenn man abends in den Dörfern die erwachsene männliche Bevölkerung von der Jagd zurückkommen sieht und fast alle ihr Gewehr haben. Nur die Bashilele und Ba- kongo haben noch keine Gewehre und ziehen auch noch heute die dem Européer auch viel gefähr- licheren Pfeile vor. Die Gewehre sind zum weit überwiegenden Teil Steinschloßgewehre. Die oben geschilderten Beziehungen zu Angola bringen es aber mit sich, daß eine große Zahl der Eingeborenen sich auch Zündhütchengewehre verschaffen kann und daß schließlich eine beträchtliche Anzahl sogar moderne Hinterlader besitzt. Der am Lovua getötete Pro- spektor wurde mit einer Winchesterbüchse getötet. Die Grenzstationen haben häufig Gelegenheit, moderne Gewehre aller Systeme zu konfiszieren. Die Beschaffung von Munition macht den Ein- geborenen bei der Skrupellosigkeit der Händler der Nachbargebiete keine Schwierigkeit. Wird nicht mit Kautschuk und Elfenbein bezahlt, so ist die lebende Ware der willkommene Gegenwert. Sicherlich ist der Sklavenhandel nach Angola im Vergleich mit den Zuständen zu Wissmanns Zeiten ganz erheblich zurückgegangen, aber er existiert in gewissem Umfang noch heute, und sicherlich besteht in diesen Gegenden die Sklaverei in der Form der Haussklaverei noch heute ganz allgemein. Nach den Angaben der Verwaltungsbehörden werden ungeachtet aller ihrer Bemühungen immer noch Leute aus dem Kongo nach Angola verkauft. Es sind insbesondere die Batshokwe, die ihnen unliebsame Elemente im Wege des Verkaufs über die Grenze abschieben, und der alte Häuptling der Bena Lulua soll auch heute noch nicht ganz von dem einst für ihn so einträglichen Geschäft lassen können. Ja, in Luebo selbst hatte der Staatsanwalt eine Untersuchung gegen Leute ein- geleitet, die auf dem Markt einige Frauen zum Verkauf angeboten haben sollten. Für die Beziehungen zu den europäischen Kaufleuten treten aber alle diese Handelsangelegen- heiten gegenüber dem Kautschukaufkaufgeschäft an Wichtigkeit zurück. Die anliegende Liste zeigt die am 31. Dezember 1913 im Bezirk tätigen Firmen mit ihren Niederlassungen. Ein Vergleich mit einer Liste vom Jahre 1912 zeigt einen erheb- lichen Rückgang in der Zahl der Niederlassungen. Außer der Compagnie du Kasai sind es eigentlich nur noch portugiesische Firmen, die im Bezirk handeln. Die Bedeutung der Compagnie du Kasai recht- fertigt eine besondere Würdtgung dieser Gesellschaft. Die Compagnie du Kasai wurde am 31. Dezember 1901 aus den damals im Kasaibassin tätigen 13 belgischen und einer holländischen Gesellschaft mit einem Kapital von 1 005 000 Fr. gegründet. Das Kapital wurde in 4020 Aktien zerlegt, außer- dem wurde eine gleiche Anzahl von Genußscheinen ohne Nominalwert ausgegeben. Hiervon erhielt der Unabhängige Kongostaat je die Hälfte. Die andere Hälfte wurde auf die genannten Gesell- schaften verteilt, die dafür ihre Faktoreien und Niederlassungen im Kasaigebiet einbrachten. Die neue Gesellschaft erhielt auf 30 Jahre das aus- schließliche Recht der Ausbeute von Kautschuk, Kopal, Elfenbein und den sonstigen Landespro- dukten in einem Gebiet, das sich von dem Kwiln und dem Inzia im Westen bis zu der Grenze des konventionellen Katangagebiets im Osten und von dem Kasai, Sankurn und Lubefu im Norden bis zu der Grenze des Kongostaats mit Angola- im Süden erstreckte. Für die beteiligten Gesell-