W 108 20 worden, daß er — nach den bis jetzt vor- liegenden Nachrichten — an der nigerischen Grenze eine kräftige entscheidende Offen- sive nicht mehr hat ergreifen können. Es kam dort nur zu kleineren Plänkeleien auf eng- lischem Gebiet, wohin unsere Kräfte vorstießen. Hierbei hat, nach englischen Berichten, eine unserer Abteilungen Mitte November 1914 einen Vorstoß nach Gazabu in der Richtung auf Bakundi gemacht, wo ein englischer Offizier schwer ver- wundet wurde und zwei Tage darauf seinen Wunden erlegen ist. Ende November 1914 hat bei Rssanakang ein für uns glückliches Gefecht stattgefunden; nähere Nachrichten darüber fehlen. Dagegen war es dem Feind gelungen, Mitte November 1914 Rio del Rey, wo unsererseits ein Sicherungs- posten gestanden hatte, zu besetzen. Über die Lage an der Nordwestfront gegen Nigerien gibt ein von den „Times“ veröffent- lichter Brief vom 24. November 1914 Aufschluß: „Die Kämpfe werden hier fortgesetzt; sie nehmen immer mehr den Charakter eines Guerillakrieges an. Der Vorteil ist auf unserer Seite; denn der Feind ist außerstande, neue Vorräte und Munition heranzuschaffen. Trotzdem halten die Deutschen immer noch aus. Sie haben uns sogar einige böse Schläge gegeben. Es war im August in Yola, als die Dentschen uns die erste Nuß zu knacken gaben. Hierbei fielen sechs weisze Offiziere, darunter ein Arzt, der eben ins Feld gezogen war. Im nächsten Monat eroberten sie Rssanakang zurück, wobei drei weiße Offiziere getötet und sechs gefangen genommen wurden; außerdem fielen ungefähr 100 Eingeborene. Unsere Soldaten hielten sich sehr tapfer, und erst als die Gräben mit Toten gefüllt waren, gab Milne-Howe den Befehl, durch- zubrechen. Es gelang den meisten, durch den Busch zu entkommen und am 6. September nach tagelangem Umherirren halb verhungert nach Ikom zurückzu- gelangen. Einige Tage darauf besuchte ich in Be- gleitung eines Marinetransportoffiziers unter dem Schutze der weißen Flagge das deutsche Lager in Rssanakang. In unserm Boot, das die weiße Flagge und die Rote-Kreuz-Flagge gehißt hatte, führten wir Medizin und Verbandzeng für unsere gefangenen Ver- wundeten und sonstige Vorräte für die übrigen Ge- fangenen mit. Die deutschen Offiziere erwiesen sich als sehr nette Kerle. Auf unserm Heimwege stromaufwärts trafen wir zwei britische Offiziere in furchtbarer Verfassung. Nie- mals zuvor habe ich englische Offiziere in solch schreck- lichem Zustand gesehen. Sie waren schmutzig, voll- kommen durchnäßt:; die Uniform bestand nur noch aus lauter Lumpen. Sie waren vor dem Feinde geslohen, hatten einen Fluß durchschwommen, tagelang gehungert und gelangten endlich auf britisches Gebiet. Wir nahmen sie auf, ebenso andere Versprengte und brachten sie nach Jkom.“ Nach Berichten englischer Offiziere soll sich, wie unten ausgeführt ist, im Laufe des Dezember unsere an Zahl ungenügende Abteilung, die im Ossidingebezirk gegen die nigerische Grenze stand, kämpfend allmählich haben zurückziehen müssen. Schon aus der letzten Veröffentlichung geht hervor, daß auf Duala alle irgendwie verfüg- baren Kräfte der vereinigten Engländer und Fran- zosen angesetzt waren. Diesen gewaltigen Land- und Seestreitkräften hatten wir dort nur 600 Ge- wehre, 4 alte Geschütze 73, 5 Maschinengewehre und die mangelhafte Armierung der kleinen Küsten- dampfer „Herzogin Elisabeth"“ und „Nachtigal“ entgegenzusetzen. Bei der erdrückenden Übermacht des Feindes, die bei den vielen Umgehungs- gelegenheiten besonders gefährlich war, mußte die befestigte Stellung in Duala geräumt werden. Es ist kein Zweifel, daß die Feinde nur durch die verräterische Unterstützung der Duala- in dem viel und weit verzweigten Kriekgebiet bei Duala sich haben zurechtfinden und zu Lande unsere Flanken und unsern Rücken haben be- drohen können. Ohne diese Hilfe für die Feinde hätte sich sicherlich unsere Truppe bei Duala ganz erheblich länger gehalten. Auch das verhältnis- mäßig glückliche Vorwärtsgehen der feindlichen Operationen gegen Edea, an der Nordbahn, gegen Jabassi und Buea ist ausschließlich auf das ver- räterische Verhalten der Duala zurückzuführen, die — bei den Eingeborenen dieser Gebiete durch ihre Handelstätigkeit und ihre verwandtschaftlichen Beziehungen wohl bekannt und schon immer ein- flußreich — mit deren Hilfe überall die Feinde gewarnt und sicher zu den verwundbaren Punkten unserer Stellungen geführt haben. Im Verlauf des Oktober und November 1914 operierten die Feinde von Duala aus nach drei Richtungen, und zwar: Wuri aufwärts gegen Jabassi, gegen die Nordbahn und die Mittel- landbahn. Hauptman Hädicke hatte sich mit der 1. Kom- pagnie, bei der sich auch Oberleutnant a. D. Pflanzer Herbst befand, von Duala nach Jabassi zurückgezogen und dort verschanzt. Seine Abteilung — kaum 300 Gewehre — wurde dort am 8. Oktober von weit überlegenen englischen Kräften angegriffen (nach englischen Berichten 6 Kompagnien und 1 Bataillon der West African Frontier Force mit den erforderlichen armierten Flußfahrzeugen). Der Feind wurde nach siebenstündigem Gefecht glänzend ab- geschlagen. Am Tage darauf wurde sogar der armierte Flußdampfer „Balbus“ genommen und zerstört, so daß die Engländer diese Ex- pedition, die sie 10 Europäer und annähernd 200 Farbige gekostet hatte, aufgaben und nach Duala zurückkehrten. Unsere Verluste betrugen nur 5 farbige Soldaten tot und 4 verwundet. Über diese Expedition veröffentlichen die „Times“ folgenden Brief eines englischen Offiziers aus Duala vom 14. Oktober 1914: