GCG 245 20 Was den zur Zeit in französischen Händen befindlichen Teil Togos anlangt, so ist in dem Geheimbericht über die Besetzung Togos, den die englische Regierung Mitte März d. Is. dem Unter- haus vorgelegt hat, davon die Rede, „daß der Norden der deutschen Togokolonie sich bis jetzt noch nicht unterworfen habe“. Diese englische Mitteilung ist nach Privatnachrichten insoweit zu- treffend, als in Nordtogo, und zwar in gewissen, mit mohammedanischen Elementen durchsetzten Teilen des Sokodebezirks, die Eingeborenen sich geweigert haben, die französische Herrschaft anzu- erkennen: sie seien nur den Deutschen untertan. Inwieweit diese Auflehnung etwa auf Bewegungen zurückgeführt werden kann, die aus der Verkündung des „heiligen Krieges“ hervorgehen, entzieht sich vorläufig der Beurteilung. Hierbei ist es an- scheinend zu einzelnen blutigen Zusammenstößen mit den Eingeborenen gekommen, ohne daß aber diese durch Deutsche geführt oder sonst unterstützt worden wären. Dieser Widerstand hat naturgemäß auf die militärische und politische Besitzergreifung des öst- lichen Teils von Togo durch die Franzosen keinen dauernden Einfluß ausüben können. Dagegen hat die von der französischen Regierung angeordnete Schließung der deutschen Faktoreibetriebe und die dadurch hervorgerufene Unterbindung des Handels- verkehrs zu einer solchen Unzufriedenheit der Ein- geborenen geführt, daß sich die französische Ver- waltung veranlaßt sah, für die Läden deutscher Firmen im Anecho= und Atakpamebezirk und wahrscheinlich auch im Sokodebezirk seit Januar d. Js. die Wiedereröffnung zuzulassen. Bezeich- nenderweise hatte sie aber in der vorhergegan- genen Zeit aus den von ihr geschlossen ge- haltenen deutschen Faktoreien nach Belieben Waren entnommen, ohne den schwarzen Angestellten irgendwelche Empfangsbescheinigungen dafür aus- zuhändigen. Der Handelsbetrieb wird ausschließ- lich durch Schwarze geführt, weil es nach wie vor keinem Deutschen erlaubt ist, in das von den Franzosen besetzte Gebiet hinüberzugehen. Der Betrieb beschränkt sich, wie in dem englischerseits besetzten Teil Togos, wohl in der Hauptsache auf den Ausverkauf der vorhandenen Warenbestände. Dagegen ist der Abtransport von Bargeld seitens der französischen Verwaltung in Togo bisher nicht zugelassen worden. (Abgeschlossen am 7. Mai 1915.) MO IV. Deutsch= Südwestafrika. Über die nach Abschluß der letzten Mitteilung in Südwestafrika stattgehabten kriegerischen Ereignisse liegen noch keine amtlichen deutschen Meldungen vor. Wir sind vielmehr für die folgenden Dar- legungen gänzlich auf ausländische, in erster Linie englische, durch Reuter verbreitete Berichte an- gewiesen. Da letztere erfahrungsgemäß fast durch- weg eine einseitige Darstellung geben, so läßt sich daraus ein einwandfreies Bild der Lage natür- lich nicht gewinnen. Aus der vielfach gewundenen und verschleiernden Art der Berichterstattung ist insbesondere nicht zu entnehmen, wie hoch die Erfolge der englisch-südafrikanischen Streitkräfte im Einzelnen einzuwerten sind. Immerhin ist die Tatsache nicht zu leugnen, daß die feindlichen Truppen bereits weit ins Innere des Schutzgebiets vorgedrungen sind. Dies gilt besonders vom Süden, dessen Besetzung aus drei Richtungen, anscheinend ohne größeren Widerstand von deutscher Seite, erfolgt ist. Da- gegen scheinen die von Swakopmund aus in Richtung Windhuk unter persönlicher Führung Bothas vorgehenden Truppen erheblicheren Wider- stand gefunden zu haben. Im einzelnen wäre über die neueren Be- wegungen in Südwestafrika folgendes zu sagen: Nachdem es den nur schwachen deutschen Abteilungen gelungen war, im Laufe des Februar und in der ersten Hälfte des März die aus der Richtung Lüderitzbucht, vom Oranje über Warmbad und ferner über die Südostgrenze vorrückenden feindlichen Streitkräfte aufzuhalten, mußten sie in der zweiten Märzhälfte beginnen, sich vor der andringenden Ubermacht allmählich nach Norden zurückzuziehen. So gelang es der von Südosten über Hasunr, Plattbeen und Ukamas vorgehenden feindlichen Kolonne, in den Besitz der Gegend östlich der Karasberge zu gelangen, von wo aus sie dann den Vormarsch in Richtung Kabus, etwa 30 km nördlich Keetmanshoop, fortsetzte. Die vom Süden anrückende Kolonne gelangte über Warmbad nach Kalkfontein, dem Endpunkt der Südbahn, von wo sie weiter über Seeheim auf Keetmanshoop vorstieß, das sie am 20. April besetzte, nachdem der Ort angeblich am 19. von den Deutschen bis auf 100 weiße Bewohner geräumt worden war. Die Stadt soll unbeschädigt sein; nur wurden Telephon= und Telegraphenämter zerstört. Die dritte, von Lüderitzbucht seinerzeit bis Garub gelangte Kolonne hatte nach dem miß- glückten Vorstoß vom 22. Februar am 2. April Aus erreicht und war von dort, ohne auf Wider- stand zu stoßen, über Schakalskuppe und Knuibis auf Brackwasser und Bethanien vorgerüdkt,