W 248 20 Truppen für die rund 90 km betragende Strecke bis Otjimbingwe 43 Tage gebraucht. Daraus ist zu entnehmen, daß deutscherseits ihrem Vor- dringen weiterer Widerstand geleistet worden ist, oder — die Schäden der Unionstruppen in den Treffen von Pforte und Riet stärker waren, als Reuter es glauben machen möchte. Gegen Ende April scheinen auch die an der Bahn Swakopmund—Omaruru vorgerückten südafrikanischen Streitkräfte mit einer Abteilung der Schutztruppe zusammengestoßen zu sein. Nach Reuter soll es diesen, bis zur Station Trekkkopjes gelangten Streitkräften gelungen sein, dort den Angriff einer 700 Mann und 12 Geschütze starken deutschen Abteilung abzu- weisen, wobei letztere einen Verlust von 25 Toten und Verwundeten gehabt haben soll. Aus allen diesen Mitteilungen der englischen Berichte ergibt sich also, daß den ins Innere vor- rückenden Streitkräften der südafrikanischen Union deutscherseits bisher nur schwächere Kräfte ent- gegengetreten sind. Mit den Hauptkräften unserer Schutztruppe sind sie, soweit bis jetzt bekannt, noch nicht in Berührung ge- kommen. Nicht unerwähnt darf bleiben, daß auch für diesen Kriegsschauplatz Nordamerika als Lieferant von Kriegsmaterial England hilfreiche Dienste leistet. Der englische Dampfer „Mauretania“ kam nämlich vor kurzem mit Geschützen, u. a. auch schweren Kalibers, Ge- wehr= und Geschützmunition sowie einigen Flug- zeugen von New vork in Kapstadt an. Während des Druckes vorstehender Mittei- lungen sind noch weitere Nachrichten hier ein- getroffen, die die Lage in Südwestafrika in einem allerdings für uns recht ungünstigen Lichte er- scheinen lassen. Danach gelang es Botha, nach der am 2. Mai erfolgten Besetzung von Otjimbingwe, auch Karibib, Johann Albrechtshöhe und Wilhelmstal zu erreichen, wobei den Unions- truppen u. a. viel rollendes Eisenbahnmaterial in die Hände gefallen sein soll. Eine weitere, noch viel schwerer wiegende Nachricht lautet dahin, daß der Gegner am 12. d. Mts. Windhuk besetzt habe. Den betreffenden englischen Mitteilungen zufolge soll der Besetzung der Landeshauptstadt deutscherseits kein Widerstand entgegengestellt worden sein. Es mag noch betont werden, daß auch über diese neuerlichen Vorgänge weder amtliche noch private deutsche Meldungen vorliegen, und daß solche nach Lage der Verhältnisse in absehbarer Zeit auch nicht zu erwarten sind. (Abgeschlossen am 11. Mai 1915.) V. Besitzungen in der Südsee. 1. Deutsch-Neuguinea. A. Altes Schutzgebiet. Wie in den früheren Mitteilungen bereits zum Ausdruck gebracht worden war, hatte der Feind im September 1914 vor Ra- baul und Herbertshöhe eine so ansehnliche, von einem britischen und einem französischen Admiral und einem australischen Brigadekommandeur befeh- ligte Streitmacht versammelt, daß ein erfolgreicher militärischer Widerstand der kleinen, aus 50 bis 60 zu den Waffen gerufenen weißen Angehörigen des Beurlaubtenstandes und etwa 240, größtenteils kaum ausgebildeten Polizeijungen bestehenden be- waffneten Macht des Schutzgebiets ganz aussichts- und hoffnungslos erschien. Der stellvertretende Gouverneur war daher zu dem Ergebnis ge- kommen, daß er versuchen müüsse, vielleicht durch Verhandlungen etwas zu erreichen. Um hierfür einen günstigen Boden zu schaffen, hatte er zunächst einen Teil der bewaffneten Macht des Schutz- gebiets in einem hartnäckigen Gefechte bei der Funkenstation Bitapaka eingesetzt und dann an- geordnet, daß die in das Hinterland vordringen- den feindlichen Streitkräfte von den Patrouillen der bewaffneten Macht möglichst stark beunruhigt werden sollten. Leider war eine umfassende Aus- nutzung des Hinterlandes nicht tunlich, weil das Gebiet schon 15 bis 20 km hinter der Küste, und insbesondere die schwer zugänglichen Bainingberge gänzlich unerschlossen waren, so daß eine Ver- pflegung auch nur einer beschränkten Anzahl von Personen dort ganz unmöglich erschien. Für die Verhandlungen hatte der britische Admiral den australischen Brigadekommandeur ermächtigt. Der stellvertretende Gouverneur hatte sich entschlossen, den bewaffneten Widerstand nur aufzugeben, wenn wirklich vorteilhafte Bedingungen erzielt werden könnten. Letzteres trat schließlich ein. Die verlangte Ubergabe des Schutzgebiets wurde grundsätzlich abgelehnt. Die Einstellung des bewaffneten Widerstandes gegen die militärische Besetzung des Schutzgebiets wurde von folgenden Bedingungen abhängig gemacht: Freier Abzug nach Deutschland ohne eine Neutralitätsverpflich- tung gegenüber Großbritannien oder seinen Ver- bündeten für die sämtlichen Beamten einschließlich derjenigen, welche bereits im Gefechte gefangen oder in ihren Amtern festgenommen worden waren, und derjenigen, welche noch in der be- waffneten Macht des Schutzgebiets standen, ferner Rückkehr der in der bewaffneten Macht stehenden Privatleute, einschließlich derjenigen, welche bereits im Gefechte gefangen waren, auf ihre Pflanzungen und in ihre Geschäfte gegen Neutralitätseid. Dies letztere erschien erforderlich, um die deutschen wirt-