W 283 20 jonett, und so ging der Marsch los nach Bona- sama hinein. An ein Entrinnen war nicht mehr zu denken. Bald stießen wir auf eine andere Vorposten- linie unter Führung eines Weißen. Der englische Sergeant oder dergleichen, bewaffnet von der Fußsohle bis zum Scheitel, schlich vorsichtig an mich heran und musterte mich mit scharfen Augen, stellte aber nur einige Fragen an mich, wer ich sei und woher ich käme. In seinen Gesichtszügen spiegelte sich eine gewisse Beklommenheit. Wir brauchten nicht lange zu marschieren, um beim Hause des englischen Kommandanten angelangt zu sein. Eigentümlich waren die für mich unver- ständlichen Parolen, die die Soldaten und Vor- posten beim Begegnen wechselten. Der englische Kapitän hatte sich im Hause der Kameruner In- dustriebetriebe einlogiert. Lange mußten wir auf der unteren Veranda stehen bleiben, bis sich der Kommandant bemühte, aus den oberen Gemächern herabzukommen. Als ich seiner ansichtig wurde, einer jungen, behenden Figur, merkte ich nur zu gut, daß er sich bereits bei billigem deutschen Weine gütlich getan hatte. Der Kapitän würdigte mich anfangs keines Blickes, er sprach nur mit den schwarzen Soldaten. Nachdem er gehört hatte, daß ich den Vorposten in die Hände ge- laufen sei, fragte er sofort einen meiner Begleiter, ob ich radfahren könnte. Ich merkte dadurch sofort, was der englische Kommandant mit dieser Frage bezwecken wollte. Da die Schwarzen nicht wußten, wie sie antworten sollten und überhaupt die Frage nicht recht verstanden, trat ich vor den englischen Offizier hin, streckte ihm den einen Fuß hin, damit er meine Radfahrgamaschen sähe, mit dem Bemerken, ich sei der gesuchte Radfahrer. Er mußte es auch sofort merken, denn unter meinem Habit hatte ich die Kakihose und die roten Gamaschen, die nebst der Hose auch die gelben Schuhe zusammenhielten, welche ich mir von einem unserer Lehrer geborgt hatte. Kaum daß ich diesen Schritt getan und mich dadurch als den lang Gesuchten zu erkennen gegeben, nahm mich der Kapitän sofort ins Auge und stellte mit mir ein eingehendes Verhör an. Er zog ein Notizbuch aus der Tasche und richtete verschiedene Fragen an mich, ob ich da und dort gewesen sei. Dabei nannte er der Reihe nach all die Orte und Plätze, wo mich des Tags hindurch die englischen Patronillen suchten. Es war mir klar, die ver- schiedenen ausgeschickten Patrouillen erstatteten bei ihrer Rückkehr immer getreulich Rapport, daß sie mich wohl an diesen und jenen Plätzen, da und dort durch die schwarzen Verräter aufmerksam ge- macht, suchten, ich ihnen aber immer entwischte. Ich kam durch diese Fragen so recht zur über- zeugung, daß die Feinde mit dem Aufgebot möglichst vieler Truppen regelrecht nach mir jagten. Dem Kommandanten war es nun darum zu tun, herauszubringen, ob er es mit Hinsicht auf die verschiedenen Meldungen mit einem oder mit mehreren Deutschen zu tun habe. Des- wegen gab ich, nachdem ich bereits mehrere der- artige Fragen bejaht hatte, die entscheidende Ant- wort, indem ich kurzweg erklärte, ich sei der den ganzen Tag hindurch gesuchte Deutsche, der Pater von der katholischen Mission. Zornigen Blickes fragte er mich, warum ich denn nicht gehalten hätte, als man mir bei der Haltestelle Bonen- dale nachrief; die nach mir ausgesandte Kolonne hätte doch auf mich schießen können und dürfen; warum ich denn unter solchen gefährlichen Um- ständen gar nicht stillstehen wollte. Ich gab die bündige Antwort: „Weil ich mich nicht fangen lassen wollte." Ungeniert legte ich dann dem Offizier mein Befremden dar, daß ich es gar nicht verstehen könnte, warum denn auch die Missionare weggefangen würden. Wir hätten so zahlreiche Christenscharen im Busch, und durch meine Gefangennahme würden diese auch des letzten Paters von der Duala-Station beraubt sein; wir Missionare hätten die Pflicht, bei unseren schwarzen Christen unter allen Umständen zu bleiben, nur die Gewalt könne uns trennen. Der Kommandant achtete nicht auf meine Einwände, er sah mich halb höhnisch, halb mißtrauisch an und stellte, jedenfalls im Glauben, ich sei ein Spion, die verfängliche Frage, warum ich denn auf einmal während der Nacht von selbst heran- gekommen sei, nachdem ich doch tagsüber immer entwischte. Unverhohlen gab ich zur Antwort: „Ich hatte keinen Ausweg mehr, da mich sonst die schwarzen Verräter in Bonendale und Bonaberi umgebracht hätten.“ Ich bat sodann den Kommandanten, mir doch trockene Kleidung zu besorgen, da ich ganz naßgeschwitzt war; auch bat ich um etwas Essen; hatte ich doch seit Sonntag Mittag (1½ Tage) nichts mehr Ordentliches zu essen und zu trinken bekommen. Der Gentleman hörte gar nicht darauf, sondern gab der schwarzen Wache den Befehl, mich sofort in sicheren Gewahrsam zu bringen, und zwar auf die Eisenbahnstation. Jch wurde dann von der zahlreichen schwarzen Truppe, die um das Bahngebäude herumlagerte, in Empfang genommen. Der schwarze Feldwebel, nach dem Aussehen und den Ordenszeichen zu schließen. ein alter, in vielen Kämpfen erprobter Krieger, erhielt den Befehl, mich ganz genau zu durch- suchen nach Waffen und besonders auch nach Messern. Getreulich waltete dieser seines Amtes, während scharfe Bewachung mich umstand. Wäh- rend ich die Hände hochhalten mußte, wurde ich