298 ꝛ20 den verächtlichen Blicken und schadenfrohen Zu— rufen des in den Straßen zahlreich herumlungern- den Dualapöbels ausgesetzt. Bei Herrn Paul an— gekommen, schrie mich dieser hochfahrige frühere Pflanzer — jetzt englischer Verwaltungsoffizier im Hauptmannsrang — an: „Sie werden auf Befehl des Generals kriegsgefangen gemacht, da An- schuldigungen gegen Sie vorliegen.“ Ich wollte entgegnen, daß ich als neutraler Schweizer das Recht beanspruchen müsse, den Grund meiner Ver- haftung zu erfahren, aber schroff fuhr mir Paul zwischen die Worte mit dem Befehl: „Sprechen Sie nicht! Sie werden jetzt gleich in den Ge- fangenenraum — ein Zimmer Ihres Bellstadt- Hauses — geführt.“ Hier wurden wir wie die deutschen Kriegsgefangenen behandelt, meine Kleider wurden untersucht, ob ich keine Waffe bei mir trage, auf Fluchtversuch wurde Erschießen angedroht und scharfe Bewachung bei Tag und Nacht durchgeführt. Nach drei Tagen erhielt meine Frau mit dem ebenfalls in die Gefangen- schaft mitgenommenen 2½ jährigen Kinde des Herrn Link die Erlaubnis, wieder in unsere Wohnung nach Akwa zurückzukehren. Meine Ge- fangenhaltung blieb aufrecht, ohne daß mir die leiseste Andeutung des Grundes gemacht worden wäre. Am vierten Tage endlich kam Kapt. Paul mit noch einem Offizier, die mir eröffneten, meine Angelegenheit werde untersucht, und ich hätte in den nächsten Tagen vor einem Kriegsgericht zu erscheinen, aber wieder wurde mir jede Angabe der Art der gegen mich vorliegenden Anschuldi- gungen verweigert. Ich zerbrach mir den Kopf, was ich wohl gegen die Engländer gefrevelt haben könnte, kam aber zu keinem Resultat. Endlich am sechsten Tage wurde ich zur Ver- antwortung gezogen, jedoch nicht, wie mir an- gedroht wurde, vor ein Kriegsgericht gestellt, sondern vor einen englischen Oberst gebracht. Dieser Herr, der mich (im Gegensatz zu Herrn Paul)h freundlich behandelte, sagte — wie ich den Eindruck hatte, gewissermaßen als Entschuldigung meiner Inhaftnahme —, sie, die Engländer, würden die Rechte der Neutralen nach Möglich- keit respektieren, aber in Kriegszeiten seien eben manchmal Härten nicht zu vermeiden. Gegen mich hätten viele Anschuldigungen vorgelegen. Es erschien mir ganz unverständlich und als eine empörende Willkür, daß auch dieser Offizier nicht auf die Anklagen, die mich ins Gefängnis brachten, eingehen und keine Einzelheiten nennen wollte. Schließlich, auf meine wiederholten Bitten hin, bequemte er sich, wenigstens eine meiner angeb- lichen Verschuldungen mir, dem Angeklagten, kund- zutun: Nach Aussage von Eingeborenen soll ich heimlich in der Nacht mit einem Kanu Botschaft an die im Innern kämpfenden Deutschen über- sandt haben. Was für Eingeborene mich verklagt hatten, durch welche Mittelspersonen und an welche Deutsche und wohin ich eine Mitteilung gesandt haben soll, wurde mir nicht gesagt. Gleichfalls verheimlicht wurde mir die Angabe des Inhalts meiner angeblichen Mitteilung und wie und wann sie erfolgt sein sollte. Diese An- klage war eine so plumpe Erfindung, die den Stempel der Unwahrheit auf der Stirne trug, daß ich mit einem einzigen Hinweis die Unmöglichkeit dieser absurden Behauptung dartun konnte. Offenbar hatte sich der Oberst schon vorher von der Unglaubwürdigkeit der Geschichte überzeugt und gab sich mit meiner Erklärung sofort zu- frieden, ohne die anderen gegen mich vorliegenden Anschuldigungen, die wahrscheinlich ähnlicher Art waren, weiter zu erwähnen. Ich verwahrte mich dagegen, je Spionage getrieben zu haben. Ich sprach es dann auch offen aus, daß, wenn diese Anklagen von Eingeborenen herrühren, sie sicher- lich aus der Absicht entstanden seien, unser Ver- bleiben in Duala unmöglich zu machen, denn der schlimmere Teil der Duala-Bevölkerung hatte großes Interesse an unserem Wegzug, da diese Schwarzen hofften, nachher um so leichter unser Akwa-Geschäft ausplündern zu können. Ander- seits wäre es auch denkbar, daß die Engländer selber die Anschuldigungen gegen mich konstruiert haben, um eine Handhabe für meine Ausweisung aus Kamerun zu bekommen. Auf Auskünfte über bestimmte Verhältnisse, Streitkräfte der Deutschen in Kamerun u. a. m., die die Engländer von mir wünschten, ließ ich mich nicht ein, wofür sie mir augenscheinlich übelwollten. Nach meiner Freilassung in unser Akwa- Geschäft zurückgekehrt, mußte ich zu meiner nicht geringen Uberraschung feststellen, daß während meiner Gefangenhaltung englisches Militär die Türen zu den Lagerräumen unseres Akwa-Ge- schäftes aufgebrochen und andere Schlösser an die Türen angebracht hatte, zu denen mir die Schlüssel vorenthalten wurden. Durch Wachen vor Gewehr wurde mir der Zutritt sogar zum Geschäftshofraum verwehrt. In unseren mit Waren aller Art an- gefüllten Lagerräumen hausten nun die Engländer als die unumschränkten Eigentümer. Mit Hilfe unserer Kru-Jungen hatten wir bis dahin die An- stürme der plündernden Horden der Eingeborenen- Bevölkerung auf unsere Geschäftslokalitäten ab- wehren können, aber, wie es schien, nur zu dem Zwecke, die Waren als Beute für die Engländer und Franzosen aufzubewahren. Es ist empörend, wie Angehörige der englischen und französischen Nationen die Neutralität unserer Häuser und der- jenigen unserer Mission, die sämtlich durch Hissung von Schweizerflaggen als schweizerisches Besitztum kenntlich gemacht waren, mißachteten. Einmal