W 299 20 kam ich gerade dazu, wie vier weiße französische Unteroffiziere und Soldaten in unser Haus ein- gebrochen waren, sämtliche Zimmer durchstöberten, alle Schränke und Schubladen aufbrachen und sich Wertgegenstände und Wäsche aller Art, zum Teil unser Privateigentum, aneigneten und mit sich nahmen. Ich machte sie darauf aufmerksam, daß sie sich an schweizerischem Eigentum ver- griffen, was sie aber nicht zu stören schien und was sie zu entkräftigen suchten mit dem Hinweis, daß in unserem Hause ja auch Deutsche gewohnt hätten. Und deutsches Eigentum war in ihren Augen ohne weiteres vogelfrei. Ein anderes Mal brach französisches Militär in unseren Proviant- vorratsraum ein und führte weg, was beliebte, ohne auf meine Vorstellung hin Requisitionsscheine auszustellen. Auch unser Bestand an Hühnern und Enten wurde durch Einbrechen des Geflügel- hofes von französischen Soldaten ohne Vergütung weggenommen. Meine Beschwerde beim fran- zösischen Offizier Saint Pere hatte keine Wirkung. Mit großem Wortschwall und schönen Phrasen suchte er mich zu überzeugen, daß die Franzosen es nicht so wie die Deutschen machen würden, sondern Recht und Gerechtigkeit überall und jeder- zeit schützen würden, und daß besonders auch die Neutralen darauf rechnen dürften, daß ihre Rechte von den Franzosen niemals verletzt würden. Jch entgegnete ihm, wie denn dies zu vereinbaren sei mit den in unserem Hause vorgekommenen, von mir selbst beobachteten Plünderungen durch weißes und schwarzes französisches Militär. In dem einen Falle, sagte er, sei es den Betreffenden nicht bekannt gewesen, daß wir eine Schweizer- firma seien, und bezüglich des zweiten Falles be- hauptete er steif und fest, trotz meiner unzweifel- haft gegenteiligen Feststellung, daß die betreffenden Plünderer Eingeborene der Duala-Bevölkerung ##und nicht französisches Militär gewesen seien. Er betenerte mir dies auf Offiziersehrenwort, das aber in diesem Falle als freche Lüge bezeichuet werden mußte. Nicht viel besser verfuhren die „requirierenden“ englischen Militärpersonen mit unserem Eigentum. In den ersten Tagen haben sie mir für Überzüge Bescheinigungen ausgestellt, aber bald weigerten sie sich dessen mit der tröstlichen Versicherung, daß sie alles genau notierten. Alle meine Bemühungen, weitere Regquisitionsscheine zu erlangen, waren umsonst. Aus unserem Bellstadt-Geschäft haben die Engländer mit Wagen große Mengen Waren weggeführt, wie ich das während meiner dortigen Gefangenschaft mit eigenen Augen gesehen habe, was auch Missionar K., der gleichzeitig gefangen war, bezeugen kann. Der Verwendungszweck und neue Bestimmungsort der Waren wurde mir ver- heimlicht und auf meine wiederholte Reklamation hin nur bedeutet, der General habe es so an- geordnet, weil im Hof des Bellstadt-Geschäftes vergrabene Gewehre gefunden worden seien. Es könne nicht darüber diskutiert werden, ob eine Entschädigung der weggeführten Waren zu erfolgen habe. Hinsichtlich unseres Akwa-Geschäftes, wo ein Vorwand zur unrechtmäßigen Wegführung unserer Waren nicht vorgeschützt werden konnte, verfuhren die Engländer und Franzosen gleichwohl in derselben Weise, indem sie Möbel, Betten usw. aus dem Wohnhaus und Warenmengen aller Art aus dem Geschäft — u. a. auch zwei Elfenbein- zähne, die sie gewiß nicht zu Militärzwecken be- nötigten, — wegnahmen, ohne sich um Bezahlung oder Ausstellung eines Gutscheins zu kümmern. Was anderes Missionseigentum anbetrifft, so habe ich gehört, wie französische weiße Unter- offiziere und Soldaten nächtlicherweise den Kassen- schrank der Missionsagentur mit Hammer und Stemmeisen erbrachen. Selbst beobachtet habe ich auch, wie französisch = sudanesische Soldaten Türen und Fensterläden sowohl in unserem Hause als auch im Stationsgebäude unserer Mission in Bonaku mit Buschmessern einschlugen, um zu plündern. Zur Rede gestellt, steckten sie das Ba- jonett aufs Gewehr, öffneten den Verschluß des Gewehres und zeigten uns, daß sie scharf ge- laden hatten in der Absicht, uns damit klar zu zeigen, daß wir ja nicht wagen sollten, sie in ihrer Beschäftigung zu stören. In einem anderen Falle mußte ich mich vor einem Sudanesensoldaten flüchten, der mir den Durchgang versperrt hatte und mit dem aufgepflanzten Seitengewehr auf mich eingedrungen war. Nicht genug, daß ich über unsere Geschäfte kein Verfügungsrecht mehr hatte; mir wurde, um die Schikane auf die Spitze zu treiben, auch noch streng verboten, mit Eingeborenen zu verkehren, und die Kru-Leute, die als Wächter dienten, wurden mir entzogen. Damit war erreicht, worauf die Engländer abzielten: unser längeres Verbleiben in Duala zu verunmöglichen. Durch Indiskretion eines Offiziers wurde uns zur Kenntnis gebracht, daß meine Ausweisung nach Fernando Po in Aussicht genommen sei. So wie die Verhältnisse lagen, hielt ich es nunmehr mit Missionar B. fürs Gegebene, die Heimreise anzutreten, die dann auch am 28. Oktober ab Duala erfolgen konnte. Die zynische Bemerkung des englischen Offi- ziers Paul, es sei erwünscht, den Deutschen Kaiser durch uns aus der Welt zu schaffen (1), mag die niedrige Gesinnung der Soldateska kennzeichnen, mit der wir es in Kamerun zu tun hatten. Einzelne noblere Charaktere, an die ich mich gern erinnere, ändern an dem allgemeinen üblen Ein-