W 300 20 druck wenig, der mir aus dem September und Oktober vorigen Jahres blieb. Der materielle Schaden, den wir erleiden, ist sehr bedeutend; namentlich aber ist es die un- gerechte und brutale persönliche Behandlung, die uns eine kaum wieder gutzumachende Einbuße unseres Ansehens in den Augen der Kameruner Bevölkerung erleben ließ. II. Am 28. September erschien nachmittags ein englischer Offizier mit schwarzen Soldaten bei uns in Bonabela oder Deido, dem ästlichen Teile von Duala. Er befahl uns, wir hätten uns bereit- zuhalten. In 30 Minuten werde er uns abholen und ins Regierungshospital bringen, wo man unsere Namen aufschreiben werde. Der Umstand, daß wir Schweizer seien, ändere an dem Befehl nichts. Auch meine Frau müsse mit. Mitzunehmen brauchten wir nichts, hieß es, die Sache werde bald erledigt sein. So schlossen wir unsere Wohnung ab und warteten. Hätten wir geahnt, daß man im Sinne habe, sämtliche Europäer, auch uns Schweizer, zwei und mehr Tage im Spital ge- fangen zu halten, so hätten wir natürlich Reserve- kleider und Mundvorrat mitgenommen, um we- nigstens das Allernötigste zu haben. Verschiedene Umstände bewirkten, daß wir nicht mit den Übrigen von Deido abgeführt wurden und schließlich in unsere Wohnung zurückkehren durften. Mit Hilfe eines Landsmannes bekam ich dann vom „Poli- tical okficer-, Herrn Paul, einen Ausweis des Inhalts, daß ich Schweizer sei und das Recht habe, in Deido zu wohnen. Daß dieser Aus- weis auch vom französischen = Officier des affaires politiques unterschrieben sein müsse, sagte mir Herr Paul erst zwei Wochen später, als mir das Fehlen dieser Unterschrift beinahe Unannehmlich= keiten gebracht hatte. Der französische Offizier war so freundlich, mir dieses Versäumnis nicht anzurechnen. Er blieb sich in seiner Höflichkeit gleich bis zum Tag seiner Abreise von Duala, während die Höflichkeit des Engländers Paul, mit dem wir es hauptsächlich zu tun hatten, rasch abflaute. Es ist daher nicht zu verwundern, daß er eine Bitte um Erlaubnis zur Weiter- führung der Missionsarbeit rundweg abschlug und mich auf „nach dem Kriege“ vertröstete. Nach den ersten, mißlungenen Versuchen, die Deutschen aus Jabassi zu vertreiben, wurde die Stimmung sehr kalt. Herr Merfield, ein deutschredender Engländer, erklärte uns, ihre Niederlagen wären ohne die Tätigkeit von Spionen nicht möglich gewesen. Daß dieser Verdacht auf uns fallen würde, hatten wir nicht vergeblich befürchtet. Herr B. wurde unter diesem Verdacht kriegsge- fangen abgeführt und mir wurde erklärt, es sei Befehl des kommandierenden Generals, wir Neu- trale müßten auch fort. Wir hätten uns bereit zu machen bis nächste Woche, wo dann ein Dampfer abfahren werde. Das wurde vier= bis sechsmal wiederholt, damit wir es ja verstehen sollten. Man suchte es uns mit allen möglichen Gründen auszureden, etwa heim in die Schweiz reisen zu wollen, und man hätte es gern gesehen, wenn wir uns nach Fernando Po hätten setzen lassen, wo wir hätten darben müssen. Herr Paul hatte mir anerboten, ich könne mein Besitztum behufs Aufbewahrung zu ihm bringen lassen. Aber auch wenn die Umstände eine Benutzung dieses Anerbietens erlaubt hätten, wäre es mir fraglich erschienen, ob es einen Wert gehabt haben würde. Ich hatte genug gesehen, wie das Eigentum Neutraler „aufbewahrt“" wurde, vom Privateigentum gar nicht zu reden, das die Engländer zu schützen versprochen hatten. Ob- schon sie gebeten wurden, das Missionseigentum in den verschiedenen Häusern schützen zu wollen, geschah nichts, um die Plünderung zu verhindern. Die regelmäßige Antwort auf unsere Bitte um Bewachung der Missionshäuser war: „Zu diesem Zweck haben wir keine Soldaten übrig; wir müssen alle gegen die Deutschen schicken.“ Dabei sahen wir aber müßige Soldaten zu Hunderten herum- sitzen. Erst als sich die Plünderungslust auch auf Faktoreien erstreckte, deren In- halt den derzeitigen Machthabern selbst begehrenswert erschien, wurden jene richtig bewacht. So kam es, daß nicht nur das Privat- eigentum der Missionare verschiedener Nationalität, sondern auch die Möbel sowie die Lager der Missionsagentur und Missionsbuchhandlung ge- raubt wurden. Das geschah keineswegs nur durch Eingeborene, sondern die Soldaten der vereinigten Marinemächte waren meist die Anführer, meist schwarze, hie und da aber auch weiße. Einen schwarzen Soldaten trafen wir daran, mit einem Haumesser eine Tür im Missionsgehöfte zusammenzuhacken. Das erste, was er den Zimmern entnahm und an Einge- borene verteilte, war Wäsche. Was weiter folgte, konnten wir nicht mehr beobachten, da ein anderer Negersoldat uns unliebsame Zuschauer vor der Spitze seines Bajonetts wegbeförderte. Diese Räuber müssen englische Soldaten gewesen sein, da sie uns zu einem englischen Offizier brachten. Ein anderes Mal trafen wir einen französischen Neger in Uniform damit beschäftigt, den Kassen- schrank unserer Agentur zu öffnen. Ich hörte nachher, er habe zum Offnen desselben drei Tage gebraucht und merkte auch, daß das Fehlen jeg- lichen Bargeldes darin auch weiße Franzosen nicht befriedigt hatte. Ein solcher, der auch etwas deutsch sprach, erkundigte sich bald darauf auf