G 323 20 Die erbeuteten Gewehre werden wohl ein paar alte Vorderlader der Eingebo- renen gewesen sein. Es ist demnach wirklich eine Tat von außerordentlicher Bedeutung, die der Gouverneur von Britisch-Njassaland seinem Kolo- nialsekretär melden konnte. Im Anschluß daran dürfte es von Interesse sein, zu erfahren, auf welche Weise der Dampfer „Hermann von Wissmann“ seiner Zeit den Engländern in Sphinrhafen in die Hände feiel.“) Vor kurzem ist darüber folgender Bericht des Bezirksamts Neulangenburg eingegangen. „Nach Angabe eines Schwarzen, der dabei zugegen war, hat sich die Gefangennahme der Dampferbesatzung wie folgt zugetragen: An dem fraglichen Morgen — nach der Mit- teilung des Schiffsführers Mosler am 13. August 1914 — nach Angabe von anderer Seite am 7. August 1914 — bei Tagesgrauen, als die Europäer noch in ihren Zelten lagen und schliefen, erschien der englische Dampfer und gab mehrere Schüsse ab. Mosler wurde von seinem Diener geweckt mit dem Bemerken, die Engländer schössen, es müsse wohl Krieg sein. Mosler glaubte dieses nicht, zog sich aber an und fuhr mit seinem Boot an Bord, um den ihm bekannten Kapitän des englischen Dampfers zu begrüßen. Dort an- gekommen, wurde er festgehalten und ihm be- deutet, daß er Kriegsgefangener sei. Jetzt wurden einige englische Askari zu dem noch in seinem Zelt schlafenden Maschinisten Wagner geschickt, mit dem Befehl, ihn an Bord zu bringen. Dieser lehnte es ohne entsprechende schriftliche Aufforde- rung ab. Die Askari kehrten deshalb auf den Dampfer zurück. Dann gingen sie in Begleitung einiger Engländer nochmals an Land und holten Wagner nebst den indischen Handwerkern. Nach- dem dies geschehen war, sollen die Askari auf Befehl der Engländer drei Freudensalven ab- gegeben haben. Nach Angabe des schwarzen Gewährsmannes sollen die beiden Deutschen an den Händen gefesselt worden sein. Die Nachricht von der Mobilmachung ging in Neulangenburg am 9. August 1914 nach- mittags ein, die von der Kriegserklärung Eng- lands am 15. August 1914. Trotzdem alle Nach- richten nach Sphinrhafen (Bezirk Ssongea), wo der Dampfer zur Zeit auf Helling lag, durch Eilboten bestellt wurden, war es nicht möglich, die Dampferbesatzung noch rechtzeitig zu benach- richtigen.“ Soweit die kriegerischen Ereignisse. 4 r—i *) Agl. unsere 1. Mitt. (D. Kol. Bl. 1914, Nr. 23). Über die allgemeine Lage in der Kolonie um Mitte März d. IJs. ist amtlicherseits fol- gendes bekannt geworden: „Deutsch-Ostafrika ist frei vom Feinde, ausgenommen die Insel Mafia und den Longidoberg (nordwestlich vom Kilimandscharo an der deutsch-englischen Grenze), die von Eng- ländern besetzt find. Wir halten Taveta in Britisch-Ostafrika (östlich vom Kilimandscharo) besetzt. Vor der Küste befinden sich folgende englische Kriegsschiffe: Linienschiff „Goliathe, Kreuzer „Weymouth-, „Hyacinth-, Astraea:, * Pyramus--, nach Gefangenenaussage auch Dart- mouth-, Hilfskreuzer -Kinfauns Castle= und ein zweiter Hilfskreuzer gleichen Typs, ferner armierter Kabeldampfer - Duplex-, vier armierte Walfisch- fänger, ein Wasserflugzeug (letzteres im März ein- getroffen). Von den englischen Schiffen liegen stets einige, darunter die „Weymouthe, vor der Rufidjimündung, die übrigen fahren längs der Küste hin und her und haben nach der Blockade- erklärung noch eine Anzahl Daus, darunter auch solche, die versteckt an Land lagen, weggenommen. Unsere Truppen haben sich durchweg hervorragend bewährt. Verpflegung und Sanitätswesen funktionierten gut. Ein „Rotes -Kreuz“-Komitee und ein Liebesgaben- Komitee haben unter Leitung von Frau Gou- verneur Schnee größere Summen aufgebracht und sich wirksam betätigt. Der Gesundheitszustand der Truppe und Bevölkerung war im all- gemeinen günstig. Die Ruhe unter den Eingeborenen ist — abgesehen von ein paar üblichen Viehräubereien von Warundi, die zur Rechenschaft gezogen wurden — nicht gestört worden. Die Haltung der Eingeborenen war, von wenigen Einzel- ausnahmen abgesehen, loyal; die Stimmung der mohammedanischen Bevölkerung en- thusiastisch für den deutschen Sieg, für den in den Moscheen gebetet wird. Das Angebot von Rekruten aus allen Teilen der Kolonie war größer, als eingestellt werden konnten. Unter den Eingeborenen einiger Bezirke trat in- folge ungünstiger Regenverhältnisse November bis Januar Nahrungsmittelknappheit ein. Die Aus- sichten sind indessen jetzt, nachdem im Februar reichliche Regenfälle eingesetzt haben, für den größten Teil der Kolonie gut. Die Kopfsteuern sind im ganzen Schutzgebiet glatt ein- gegangen und bleiben hinter dem Erträgnis des Vorjahres nur unwesentlich zurück. In einem großen Teil des nördlichen Portugiesisch-Ostafrika sind die Ein- geborenen aufständisch. Ein Vorgehen der Portugiesen gegen die Eingeborenen auf dem 3