GV 143 20 Anlaß bieten könne. Der König werde mit ihm dahin übereinstimmen, daß unter allen Umständen ein solcher Einspruch vermieden werden müsse. Das sei durch eine geringe Anderung des Textes oder durch ein Zusatzabkommen zu erreichen, das ausdrücklich feststelle, daß die in dem Abkommen übertragenen Souveränitätsrechte nur solche seien, die der Kongostaat ohne Verstoß gegen den mit Frankreich 1884 abgeschlossenen Vorrechtsverkaufs= vertrag und an eine öffentliche Gesellschaft über- haupt gewähren könne) Zugleich wies Salisbury in diesem vertrau- lichen Schreiben darauf hin, daß er diese ein- schränkende Maßnahme auch schon deshalb ernst- lich empfehlen müsse, weil, abgesehen von den seitens Frankreichs zu erwartenden Schwierigkeiten, die Verhandlungen, die mit der deutschen Regie- rung kürzlich gepflogen worden seien, ihm den Eindruck hinterlassen hätten, daß diese would view with considerable objection the concession *) Diese Warnung ist um so interessanter, als Lord Kimberley kaum vier Jahre später trot# derselben sich nicht abhalten ließ, in dem longolzsischenglischen Vertrag vom 24. Mai 1894 im Artikel III sich jenen bekannten 25 km breiten Pachtstreifen Ian Nordende des Tanganjika= bis zum Edward-See vom Kongostaat abtreten zu lassen, welcher Artikel dann auf den leb- haften Protest Deutschlands hin am 22. Juni 1894 von den beiden Komparenten zurückgezogen werden mußte! In dieser Beziehung sei noch folgendes erwähnt: Bei den Vorverhandlungen zui dem deutsch-englischen Abkommen vom I1. Juli 1 dem Zanzibar—Helgo- land-Vertrag) war England daln bemüht gewesen, sich längs der ganzen Westgrenze von Deutsch-Ostafrika zwischen diesem Schutzgebiet und der Ostgrenze des Kongostaates einzuschieben. Es war aber dabei auf den energischen Widerstand der demsschen Regierung gestoßen. Am 25. Mai 1890 berichtet der deutsche Botschafter Graf Hatzfeldt über eine Besprechung, die er mit Lord Salisbury nach dieser Richtung gehabt hatte. Nachdem er zunächst erwähnt, daß dieser mit Rücksicht auf die Interessen der englischen Missionen nicht geneigt sei, in dem Gebiet zwischen Nyassa und Tanganjika weitere Konzessionen, als schon geschehen, zu machen, fährt er fort: Da sich hier vorläufig nichts weiter erreichen ließ, wurde nunmehr die streitige Linie westlich vom Victoria Nyansa nochmals zwischen uns erörtert. Ew. Exzellenz wollen hochgeneigtest bemerken, daß als Ausgangspunkt dieser Grenglinie nach Osten und Westen der Alexandra-See angenommen ist. Von hier aus geht die Linie, in nordöstlicher Richtung dem Kagera- sluß folgend, bis zu dem Victoria-See, nach Westen in gerader Linie bis zu der Kongogrenze. Es ergibt sich daraus, daß wir nach diesem Vorschlag von dem Punkt aus, wo jene Linie die Kongogrenze berührt, bis zum nördlichsten Punkt des Tanganjika ohne Unter- brechung den Kongostaat berühren würden. Nachdem ich Lord Salisbury bis dahin gebracht hatte, machte ich ihn selbst darauf anzmerisem daß durch diese von ihm als annehmbar bezeichnete Linie znsere direkte Verbindung mit dem Kongostaat, auf die wir nicht verzichten könnten, an diesem Punkt her- #f territory at the back of their own sphere without their knowledge and consent“. Am Schluß seines Schreibens brachte er den Entwurf einer Zusatzerklärung in Vorschlag, die dazu dienen sollte, die vorauszusehenden Schwierig-= keiten zu beheben, und in der ausdrücklich auf die vom Herrscher des Kongostaates im Jahre 1884 Frankreich gegenüber übernommenen inter- nationalen Verpflichtungen Bezug genommen wurde. Der König dankte unter dem 22. Juni 1890 Lord Salisbury für das freundschaftliche Interesse, das sein Brief für den Kongostaat erkennen lasse, und dem er einen hohen Wert beimesse. Er erkannte an, daß, wenn eine der vertrag- schließenden Parteien von der anderen eine ge- nauere Definition der Konzession, die sie erhalten habe, verlange, die andere hierin einwilligen müsse, vorausgesetzt, daß mit einer solchen Defi- mition die Konzession der Partei, die sie gegeben gestellt sei, die Verbindung der englischen Interessen- sphäre im Süden und Norden durch die Seern aber, wenn wir nicht die Freiheit des englischen Handels dort selbst gewährten, bsotut. aufgehoben sein würde. Ich knüpfte daran die e, wie er mir denn, nach- dem er vorhin die Noinen hotet der freien Verbindung durch die Seen seinerseits betont, den Widerspruch er- klären könne, daß er im Norden des Tanganjika dem englischen Handel selbst die Tür verschließe, während er im Süden dieses Sees hartnäckig ein anderes Prinzip aufstelle und uns so große und unerwünschte Schwierigkeiten mache. Zu meinem Erstaunen erwiderte mir Lord Salisburhy gang offen, daß er selbst diesen Widerspruch nicht erklären könne. Im Süden sei eben der empfindliche Punkt für die hiesige öffentliche Meinung, wie er mir oft gesagt, und er müsse dort ganz außerordentlich vorsichtig sein, wenn er der Re- gierung nicht ernste Verlegenheiten bereiten wolle. Ich knüpfte daran im Scherz die Frage, ob er viel- leicht einen kleinen Hintergedanken habe, indem er uns nördlich vom Tanganjika ein Stück gemeinschaftlicher Grenze mit dem Kongostaat zugestehe, einen Hinter- gedanken, durch welchen der mögliche Nachteil für Eng- land ausgeglichen werden solle. Dies wurde von Lord Salisbury in Abrede gestellt. Mir schwebt dabei, wie ich gehorsamst bemerken darf, der Gedanke vor, ob England nicht eventuell Mittel finden würde, vom König der Belgier — Höchstwelcher sich jetzt einige Zeit hier aufgehalten hat — in seiner Eigenschaft als Sonverän des K Kongostaates und gegen entsprechende andere Vorteile die Zusicherung zu erwirken, daß dem eng- lischen Handel im Westen unserer eventuellen gemein- samen Grenzen in irgendeiner Form freier Transit durch den Kongostaat bewilligt werden solle. Ob und inwieweit ein solcher Gedanke ausführbar wärc, ent- Flhn ich, meiner Beurteilung.“ sieht, wie der kluge und scharfblickende bentchin #bsschafter zwischen der Nachgiebigkeit des Lord Salisbury und dem Besuch König Leopolds in London einen Zusammenhang der Dinge ahnte, der durch das Abkommen zwischen dem König und der British East Africa Company einen Tag vorher in aller Stille unter dem Segensspruch Lord Salisburys bereits zur Tatsache geworden war. 3