W 178 20 Gebiet erhebt, darf er Posten in demselben er- richten, die nicht stärker sein dürfen als die deutsche Besatzung. Diese Posten haben sich jedoch jeder Einmischung in politische Angelegenheiten zu ent- halten. Anfang 1900 wurde der Minister Beernaert vom König nach Berlin gesandt, um über die Grenzfrage weiter zu verhandeln. Diese Mission blieb aber der Hauptsache nach erfolglos. Ohne ausreichende und zuverlässige Karten erschien eine Verständigung über eine zweckmäßige Grenze un- möglich. Man einigte sich am 10. April 1900 darauf, durch eine gemeinsame Vermessungsexpe- dition das ganze Gebiet zunächst kartographisch aufnehmen zu lassen. Diese Aufnahme erfolgte in den Jahren 1901 und 1902. Sie ergab eine wesentliche Verschiebung des Kiwusees nach Westen, was eine nicht unwesentliche Vergrößerung des von der geradlinigen Grenze abgeschnittenen Teiles von Ruanda zur Folge hatte. So wurde die Siluation eine immer ver- wickeltere und trotz aller Verhandlungen eine Lösung immer schwieriger. Schon 1899 hatte der König den ihm durch einen privaten Ver- mittler unterbreiteten Gedanken einer pekuniären Entschädigung für die Aufgabe des Kiwugebietes unter dem Hinweis darauf, daß es die erste Pflicht jedes Staates sei, seine Integrität aufrecht zu er- halten, aus prinzipiellen Gründen ablehnen zu müssen geglaubt. Aus den Brüsseler Akten geht indessen hervor, daß der König doch wohl bereit gewesen sein würde, über eine solche Entschädi- gungsfrage in Verhandlungen mit dem Reich ein- zutreten, wenn er nur Gewißheit darüber gehabt hätte, einen guten Preis zu lösen. An sich brauchte er das Geld für den Kongostaat ja nicht, wie in früheren Jahren, in denen die Geldkalamität oft eine drückende gewesen war. Denn seit dem von ihm eingeleiteten Umschwung der kongolesischen Dominialpolitik im Jahre 1891 hatte er für den Kongostaat an sich keine Zuschüsse mehr nötig. Im Gegenteil, das neue System warf seit 1895 immer steigende Uberschüsse ab, die nur nicht in die Erscheinung traten. Das Deutsche Reich hatte 1899 an Spanien für die Karolinen und Nachbar- inseln 16 750 000 “ bezahlt. Ihr Flächeninhalt betrug rund 2200 qkm. Nach diesem Maßstab gemessen, wäre das von Deutschland gewünschte Kiwugebiet, dessen Größe der König auf rund 8000 akm annahms), etwa 17 Millionen Mark *) Nach planimetrischen Messungen betrug das Gebict westlich des 30. Meridians und der geradlinigen Grenze im Norden des Tanganjika, soweit es durch den Vertrag vom 10. Mai 1910 deutsch wurde, 9055 ukm. Dafür trat Deutschland an England in Mpororo ein Gebiet von etwa 1525 ukm ab. Belgien erhielt für die Gebietsverluste, die es im Bereich der Vulkankette wert gewesen. Am Kongo hatte er aber bereits Preise von etwa 100 Franken für den Hektar er- zielt, trotz der Ungeeignetheit des Landes für eine dauernde Besiedelung durch Weiße. Wieviel mehr mußten nun erst die Gebiete am Kiwu wert sein, die sich seiner phantastischen Meinung nach ihrer Höhenlage wegen sicher für die Ansiedelung bel- gischer Ackerbauer eignen würden. Er kam bei seiner Berechnung des Wertes des Kiwugebictes auf mindestens 80 Millionen Mark, ein Preis, von dem er sich selbst sagte, daß ihn der Deutsche Reichstag nie bewilligen würde.“) Eine im Lauf der Verhandlungen vom König vorgeschlagene territoriale Entschädigung in Gestalt der Überlassung eines Landstreifens längs der deutsch--englischen Ugandagrenze bis zum Victoria- See behufs Erbauung einer Eisenbahn sowie des Gebietes um Bukoba war schon deshalb unmög- lich, weil gegen eine solche voraussichtlich England aus den gleichen Gründen und mit derselben Berechtigung Einspruch erhoben haben würde, wie Deutschland dies 1894 gegen die geplante pachtweise Überlassung eines Landstreifens vom Tanganjika= zum Edward-See durch den Kongo- staat an England getan hatte. Die vom König bei anderen Gelegenheiten, zuletzt noch bei der Entsendung des Barons Joostens an den Fürsten von Bülow im Sommer 1906 gewünschte poli- tische Unterstützung der von ihm geplanten Land- erwerbungen im südlichsten Marokko, oder in Kleinasien, oder bei der Erwerbung eines ähn- lichen Pachtgebietes wie das deutsche Kiautschon in China für Belgien, war nach der allgemeinen Weltlage seitens Deutschlands ausgeschlossen. Jedem Gebietsaustausch im Bereich der deutsch- kongolesischen Grenzen aber, so gern ihn Deutsch- land bewilligt haben würde, um der Frage ein Ende zu machen, standen die so scharf aus- geprägten topographischen Verhältnisse im Grenz- gebiet sowie die Geschlossenheit der dort wohnenden großen Volksstämme absolut hinderlich im Wege. Am 8. März 1901 hielt es England für an- gemessen, in einer fast drohenden Note Deutschland seine auf dem Vertrag vom 1. Juli 1890 be- ruhenden Rechte auf den „Mumbiro“ bei etwaigen Grenzverhandlungen mit dem Kongostaat in Er- innerung zu bringen. Am 26. Januar 1202 machte und des Edward-Sees westlich vom 30. Meridian er- litt, Ersatz in Gestalt des ganzen Westufers des Albert Sces von der Mündung des Semliki im Süden bis nach Mahagi im Norden des Sees. *) Aus dieser Aufgeichnung geht übrigens nebenbei hervor, daß der König in seinen nimmer rastenden Plänen sich damals auch mit dem Gedanken getragen hat, die Karolinen von Spanien zu erwerben, daß er aber von dieser Absicht Abstand nahm, um nicht die deutschen Pläue auf diese Inseln zu stören und sich dadurch den Zorn des Reiches zuzuziehen.