W 277 20 In Lome und an sämtlichen von den Feinden besetzten Plätzen Kameruns wurde der friedlichen weißen Bevölkerung die Sicherung ihres Eigen- tums nicht gestattet, ja direkt verwehrt. Das der weißen Aufsicht beraubte Privateigentum wurde vielfach durch weiße und schwarze englische und französische Soldaten geplündert. Handels= und Plantagenbetriebe, Geschäfts= und Privathäuser fielen dem Raub und der Zerstörung anheim. Schränke, Kisten, Koffer und sonstige Behältnisse wurden erbrochen und des Inhalts beraubt, wert- volle wissenschaftliche Instrumente und Samm- lungen vernichtet. In Kamerun wurden die geweihten Ge- räte der Gotteshäuser zerstört oder ge- raubt. Trotz der Zusicherung, die der englische Ober- befehlshaber vor der Übergabe von Duala hin- sichtlich des Schutzes des Privateigentums gegeben hatte, wurde auch dort geraubt und geplündert. Dabei wurden sogar die Häuser in der Nachbar- schaft des Quartiers des englischen Oberbefehls- habers und des Regierungskrankenhauses, wo die englisch-französischen Stellen sich eingerichtet hatten, nicht geschont. Selbst die ausdrückliche Verwahrung deutschen Eigentums, insbesondere der Habe der Beamten, durch die Engländer im Magazin zu Lome ge- währte keinen Schutz. Englische Offiziere haben sich an dem zurück- gelassenen Privatbesitz der Deutschen vergriffen. Den deutschen Gefangenen wurden Kleidungs- stücke, Ringe, Uhren und ähnliches von schwarzen Soldaten vom Leibe gerissen. Endlich blieb sogar die spärliche Habe, die von den Deutschen zum persönlichen Gebrauch in wenigen Gepäckstücken in die Gefangenschaft mit- genommen werden konnte, von diebischer Hand nicht verschont. Dies geschah sogar bei der amt- lichen Durchsuchung der Gefangenen und ihres Gepäcks. Die Täter waren zum Teil englische Offiziere oder Beamte. IX. Was nicht geplündert und zerstört wurde und verwertbar war, wurde gegen Bezahlung eines unangemessenen Zwangspreises, in den meisten Fällen sogar ohne Bezahlung, selbst ohne Aus- stellung einer Bescheinigung, beschlagnahmt und eingezogen. X. Die im vorstehenden in allgemeinen Zügen geschilderten Ausschreitungen sind durch die Aus- sagen beeidigter Zeugen bewiesen. In Teil II ist eine ins Einzelne gehende Zusammenstellung der Vorgänge gegeben. Das eidliche Beweis- material kann durch die lückenhaften, einseitigen und zum Teil unrichtigen Behauptungen der „Corre-- spondence relative to the alleged III- Treat- ment of German Subjects captured in the Camercons vom November 1915“ betitelten englischen Parlaments-Drucksachen in keiner Weise erschüttert werden. Welcher Wert dieser englischn Veröffentlichung beizumessen ist, dafür ist der dort gegebene Auszug aus dem „Brief des stellver- tretenden Bezirksamtmanns Kaiser in Viktoria an den Gouverneur von Kamerun“ (S. 45 unten der genannten Correspondencec) bezeichnend. In diesem Auszug ist der Passus des Kaiserschen Originalbriefes „obgleich natürlich bedeutende Privatwerte vernichtet wurden“ aus offensichtlichen Gründen in die Worte „although naturally a small amount of private propert)y) was de- stroyed“ geändert worden. Die geringe Zuver- lässigkeit der englischen Berichterstattung erhellt ferner aus der willkürlichen Auslegung, welche der stellvertretende Gouverneur der Goldküste in seinem Bericht vom 18. Juni 1915 an den Kolonialstaatssekretär in London einem Briefe des Professors Deißmann gibt (S. 39 Nr. 13 der Correspondence..). Professor Deißmann führt in diesem Briefe Beschwerde darüber, daß dem Missionar Märtens der Zutritt zu seiner todkranken Frau seitens der englischen Behörde erschwert sei, mit den Worten: „Nur als ihr Zustand so ernst wurde, daß ihr Ende zu befürchten war, wurde ihm am Tage vor ihrem Tode gestattet, seine Frau zu sehen, wobei er wie ein Verbrecher durch einen bewaff- neten schwarzen Soldaten bis zur Tür ihres Krankenzimmers begleitet wurde.“ In diesen Worten findet der stellvertretende Gouvernceur den Beweis für die Richtigkeit der englischen Behauptung, Märtens habe sich den Schimpf der Bewachung durch einen schwarzen Soldaten entziehen wollen und deshalb die be- reitwillig gewährte Erlaubnis zum Besuch seiner Frau nur benutzt, als sie im Sterben lag. Auch die Auszüge aus schriftlichen Erklärungen einzelner deutscher Männer und Frauen am Ende der genannten Correspondence haben keineswegs die Bedeutung, die ihnen die englische Darstellung beimißt. Aus den Angaben zu der Mehrzahl dieser Auszüge im nachfolgenden Anhang geht hervor, daß die den einzelnen Personen zuge- schriebenen Erklärungen von diesen nicht aus freien Stücken abgegeben, sondern von englischen Oiffizieren und Beamten gefordert wurden. Ferner sind diese Erklärungen, die in deutscher Sprache abgefaßt worden waren, bei der Übertragung ins Englische zum Teil entstellt worden. Die englische Regierung fußt auf unvollstän- digen und in hohem Grade unzulreffenden Be- 2