W 297 2 war bis zu ihrer Gefangennahme in Duala durch- aus gesund, begann aber in dem Gefangenenlager in Christiansborg infolge der Entbehrungen zu kränkeln. Sie kam darauf 5 Tage ins Re- gierungshospital nach Accra. Dort bestand die Fürsorge durch eine weiße Krankenschwester darin, daß sie ihr abwechselnd flüssiges Chinin und Rizinus gab und sie, obwohl jedesmal Erbrechen erfolgte, so lange damit quälte, bis sie ganz er- schöpft war. Frau Märtens wurde gleichwohl in das Gefangenenlager zurückgebracht, um nach 8 Tagen, während deren sie nur einmal einen flüchtigen Besuch eines Arztes erhielt, wieder in das Hospital zurückbefördert zu werden. Trotz= dem sich ihr Zustand in kritischer Weise ver- schlimmerte, wurde ihrem Ehemann erst am Tage vor ihrem Tode gestattet, sie zu besuchen, als sie bereits so schwach war, daß sie nur noch flüstern konnte und eine Verständigung kaum noch möglich war. Keine der drei englischen Hospitalschwestern kümmerte sich um sie, vielmehr war sie ganz Ein- geborenen überlassen. Trotzdem mußte der Ehe- mann des Abends wieder in das Gefangenen- lager zurückkehren. Am folgenden Tage starb Frau Märtens, ohne daß sich selbst in den letzten Stunden ein weißer Arzt oder eine weiße Krankenschwester um sie gekümmert hätte. Erst nach dem Tode wurde dem Ehemann von dem Lagerkommandanten die Erlaubnis zum Ausgehen erteilt, um die er andauernd gebeten hatte, um seine todkranke Frau besuchen und pflegen zu können. J. England. Auch in England waren die Gefangenen aus Kamerun vor Schmähungen und Erniedrigungen nicht geschützt. In Liverpool wurden sie von Gassenjungen mit Kot beworfen. In London wurden die abfahrenden Deutschen, in der Mehr- zahl Frauen, vom Pöbel durch Johlen und Steinwürfe belästigt. Auch wurde einem Teil der nach Deutschland entlassenen Frauen ein Abschied von ihren in England in Gefangenschaft verbleibenden Männern nicht gestattet, teils un- nötig erschwert. Für die Männer, die mitten im Winter aus den Tropen in England eintrafen, war in den Lagern in Qucensferry und Handforth weder für gehörige Unterbringung noch in sonstiger Weise genügend gesorgt. Die Gefangenen, die nur dünne Tropen- kleider trugen, litten auf der Fahrt von Liver- pool nach der Station Queensferry im unge- heizten Zuge und von der Station zum Ge- sangenenlager empfindlich unter der Kälte. Im Lager in Queensferry wurden die etwa 250 Ge- fangenen in einer 60 bis 80 m langen und 20 m breiten Fabrikhalle aus Stein untergebracht. Ein auf den kalten Steinboden gelegter schmaler Stroh- sack mit Strohkissen und zwei gebrauchten nichr wärmenden „Zuchthausdecken“ diente zum Schlafen. Trotz der zwei Heizkörper war es in der Halle empfindlich kalt und wegen Staub und Zugluft für aus den Tropen kommende Menschen sehr ungesund. In Handforth war die Unterkunft besonders mangelhaft. Die Gefangenen wurden in Fabrik- schuppen untergebracht, die wegen des feuchten Fußbodens unbenutzt waren und deren Wände im oberen Teil aus Glas in Eisenrahmen be- standen. Die Heizung genügte für die kalten Räume in keiner Weise. Der für etwa 1000 Gefangene bestimmte einzige Waschraum in Queensferry lag 2 Minuten von der Unterkunftshalle getrennt, er war zudem sehr kalt. Auch in Handforth waren die an die Hite der Tropen gewöhnten Deutschen beim Waschen empfindlicher Kälte ausgesetzt, sie mußten sich im Hofe an einer Rohrleitung waschen, deren Kräne häufig zugefroren waren. Die vorhandenen sechs Badeduschen waren für etwa 2000 Gefangene ganz ungenügend. Die ärztliche Bersorgung in Queensferry und Handforth genügte den Anforderungen in keiner eise. Infolge dieser Unterbringung stellten sich bei den Gefangenen, die in der schlechtesten Jahres- zeit aus den Tropen an rauhe Orte der West- küste Englands gebracht worden waren, Krank- heiten, besonders Malaria und Darmstörungen, in Menge ein. Auch auf den Dampfern „Askania“ und „Tunisian“, auf denen später ein Teil der aus Kamerun weggeführten Dentschen untergebracht wurde, und im Lager von Wakefield hatten die Gefangenen unter den gleichen mangelhaften und gesundheitswidrigen Verhältnissen wie in den Lagern in Queensferry und Handforth zu leiden. ** * England und Frankreich haben dem Intereise aller in Afrika kolonisierenden Nationen zuwider den Krieg in die afrrikanischen Gebiete hinein- getragen. Hierdurch und durch die Art und Weise des Auftretens ihrer schwarzen und weißen Truppen, ihrer Offiziere und Beamten ist der Glaube an die weiße Rasse als Trägerin euro- päischer Gesittung und Kultur bei den Eingebo- renen auf das Tiefste erschüttert worden. Dieses Vorgehen spricht allem Rassegefühl wie aller Menschlichkeit Hohn und fordert den schärfsten Protest heraus. 7