G 38 20 Am 27. Januar 1916, während Hauptmann Wintgens mit einem Teil seiner Truppen abwesend war, erfolgte ein neuer belgischer Angriff auf die mit etwa drei Kompagnien unter dem Befehl des Hauptmanns Klinckhardt besetzte Kissenji-Stellung. Auch dieser von etwa 2000 Mann unter An- wendung von Handgranaten und mit Unterstützung von zwölf Geschützen unternommene Angriff scheiterte, und die Belgier erlitten dabei noch schwerere Verluste wie am 21. Dezember 1915. Bemerkenswert ist, daß nach diesem Gefecht Hauptmann Klinckhardt die Belgier aufforderte, unter dem Schutze der Genfer Flagge ihre Toten und Verwundeten vor der deutschen Stellung auf- zusuchen, ein Entgegenkommen, von dem die Belgier gern Gebrauch machten. Auch wurde ihnen die Leiche eines durch eine eigene Hand- granate schwer verwundet in deutsche Hände ge- fallenen und kurz darauf gestorbenen Hauptmanns schwedischer Nationalität ausgeliefert. Im Gebiet der Südwestgrenze hatten sich, ab- gesehen von Patrouillengefechten, keine Kampf- handlungen abgespielt. So waren also bis in den Monat Februar 1916 hinein die Erfolge alle auf deutscher Seite. Trotz ihrer offenbaren Uberlegenheit an Zahl und Hilfsmitteln war es den Engländern und Belgiern nicht gelungen, an irgendeiner Stelle ersichtliche Fortschritte zu machen und den Widerstand, den ihnen die beträchtlich schwächere deutsche Schutz- truppe entgegensetzte, zu überwinden. Die Erkenntnis seiner militärischen Unzuläng- lichkeit hatte nun schon einige Monate vorher England veranlaßt, sich nach Hilfe umzusehen. Es fand sie bei der Südafrikanischen Union, wo die beiden ehemaligen Burenführer Botha und Smuts, ebenso wie einige Zeit vorher zur Durch- führung des Raubzuges gegen Südwestafrika, jetzt für den gleichen gegen Ostafrika gerichteten Zweck die Sache Englands in die Hand nahmen. Bereits im November 1915 hatte ein mit allen nur möglichen Mitteln, selbst den un- lautersten, und einer beispiellosen Deutschenhetze verbundener Werbefeldzug begonnen, und An- fang 1916 standen für die Expedition gegen Ostafrika zunächst 2 Infanterie= und 1 berittene Brigade nebst der nötigen Artillerie und technischen Truppen, sowie Flugzeugen, Last= und Panzer-= kraftwagen bereit, von denen eine Brigade schon Anfang Februar in Britisch-Ostafrika eintraf. Diesen Streitkräften folgten im Laufe der nächsten Zeit noch 1 berittene Brigade, 9 berittene ein- zelne Regimenter, ferner das sogenannte Cape- corps und zwei andere Regimenter, letztere beiden anscheinend aus Infanterie bestehend. Diese Ver- stärkungen gingen zum größeren Teil nach Britisch- Ostafrika, andere nach Nordost-Rhodesien. Diesem an und für sich schon starken Truppenkontingem müssen noch hinzugerechnet werden die schon seit Kriegsbeginn in Britisch-Ostafrika, Nordost-Rhode- sien und Njassaland vorhanden gewesenen und im Laufe des Krieges noch erheblich vermehrten, aus Farbigen bestehenden Bataillone der Kings- African-Rifles, die Polizeitruppen und die aus ortsansässigen Europäern zusammengesetzten Freiwilligenkorps, ferner die aus Indien nach Kriegsbeginn und im Verlaufe des Krieges nach Britisch-Ostafrika übergeführten englischen und in- dischen Truppenteile. Die Gesamtstärke dieser Streitkräfte dürfte auf etwa 16 bis 18 Bataillone zu schätzen sein. Jedenfalls standen Anfang März 1916 dem General Smuts allein in Britisch-Ostafrika zwei starke Divisionen zur Verfügung, während die zum Angriff auf die Südwestgrenze in Nordost- Rhodesien und Nyassaland bereitgestellten Streit- kräfte auf etwa zwei Brigaden geschätzt werden können. Daß diese Truppen mit allen Hilfsmitteln neu- zeitlicher Kriegführung versehen waren, ist vorher schon erwähnt. Besonderen Wert hatte man auch auf die Zuteilung von Artillerie gelegt, von der aus den amtlichen feindlichen Berichten vis jetzt das Vorhandensein von 6 Feld-, 2 Haubitz= und 2 Gebirgsbatterien festgestellt worden ist. An der Nordwestgrenze, in der Gegend des Kiwusees, am Russisifluß und am Tanganjikaser zogen die Belgier eine Truppenmacht von 6 Re- gimentern, aus Farbigen bestehend, zu je 12 Kom- pagnien zusammen, die in 2 Brigaden und zwei anscheinend selbständige Detachements eingeteilt waren. Zahlreiche von europäischen Mannschaften bediente Maschinengewehre, moderne Haubitzen und Gebirgskanonen waren ihnen zugeteilt worden. Hierzu gesellte sich dann noch als weiterer Gegner von Süden her Portugal, das außer seiner in Mozambique unterhaltenen Kolonialtruppe von etwa 5600 Mann schon seit Beginn des Krieges ein aus Europa entsandtes Expeditionskorps von 1500 Mann südlich des Rowuma bereitgestellt hatte und dieses jetzt um weitere 3000 bis 4000 Mann verstärkt haben soll. Alles in allem kann man die englischerseits zur Eroberung Deutsch-Ostafrikas aufgebotene Truppenmacht auf etwa 90 000 Mann unter der Führung von einem Dutzend Generälen und ausgerüstet mit allen Hilfsmitteln neuzeitlicher Kriegführung veranschlagen. Zur Vorbereitung ihrer Angriffsbewegungen hatten die Engländer gegen die deutsche Nordostgrenze zwei Bahnen vorgetrieben, und zwar von der Station Voi der Ugandabahn ausgehend in der Richtung auf