W 41 20 nichtssagendsten und scheinheiligsten Vorwänden herbeigeführt wurde. Nachstehend geben wir den darüber veröffent- lichten englischen amtlichen Bericht wieder. Er lantet: Den folgenden Morgen (23. 3. 16) erschienen unsere Fahrzeuge gegenüber Dareosalam. Man übersandte den Deutschen eine Forderung, zuzu- lassen, daß das Dampfschiff „Tabora“ untersucht würde. Es wurde behauptet. daß dieses 5000 t große Schiff der Deutsch-Ostafrika = Linie kurg vorher mit grauer Farbe angestrichen worden sei, und daß man Hämmern an Bord gehört habe. An den Masttoppen wehte die Rore Kreuz-Flagge, aber in den deutschen Listen steht das Schiff als Hilfs- kreuzer verzeichnet. Dem Gouverneur war schon im August 1914 mitgeteilt worden, daß das Schiff nicht als ein Howitalschiff anerkannt werden solle. Es war also möglich, daß der Dampfer jederzeit die Rote Kreug- Flagge niederholen und als ein bewaffnetes Schiff in See gehen könnte. Unsere Forderung wurde abgelehnt, obwohl unsere Offiziere sich erboten hatten, mit verbundenen Augen und in deutschen Booten an Bord der „Ta- bora“ zu gehen. Hierauf wurde die „Tabora“ um 1½6 Uhr nachmittags, ungefähr 7½ Stunden nach Ubersendung der Forderung, durch sechszölliges Ge- schützjeuer versenlt. Obwohl nur die Mastspitzen sichtbar waren, genügten ein paar Salven auf den Abstand von 9000 Yards, und das prächtige Schiff legte sich auf die Seite, wo es jetzt noch liegt. Man glaubt nicht, daß Verluste an Menschenleben entstanden sind. Die Engländer waren sich also über den Charakter des Schiffes vollkommen klar. Um aber einen Vorwand für ihr völkerrechtswidriges Vorhaben zu haben, wurde die unter den ob- waltenden Verhältnissen gänzlich illusorisch ge- wordene ehemalige Bestimmung des Schiffes als Hilfskreuzer vorgeschoben, behaupptet, daß Vor- bereitungen zu seiner Indienststellung getroffen würden und daraufhin die Forderung gestellt, das Schiff untersuchen zu dürfen. Daß letztere abgelehnt werden würde, dürfte den Engländern als selbstverständlich erschienen sein. Denn ab- gesehen von der Anmaßung, die in der Forderung selbst lag, hatte man auf deutscher Seite allen Grund, den angebotenen englischen Bedingungen das größte Mißtrauen entgegenzubringen. Hatten doch die Ereignisse am 28. November 1914 zur Genüge bewiesen, inwieweit englischen Ver- sprechungen zu trauen und welcher Wert ihnen beizumessen war.“) Die Versenkung des Lazarettschiffes „Tabora“ zeigt ernent, mit welcher Skrupellosigkeit England sich über das Völkerrecht hinwegsetzt, wenn es ihm gerade paßt. ) Siehe die diesbegügliche Stelle über die Be- iefung von Daressalam in der dritten Mitteilung (D. Kol. Bl. 1915, Nr. 6, S. 104). Bevor wir uns den Ereignissen, die zum weiteren Zurückgehen der schwachen deutschen Streitkräfte in den südöstlichen Teil der Kolonie und damit zur Preisgabe des übrigen Gebietes führten, zuwenden, lassen wir nachstehend den von dem Führer der feindlichen Streitkräfte, Generalleutnant Smuts, über den Feldzug in Deutsch-Ostafrika bzw. die Kämpfe am Kilima- ndscharo erstatteten Bericht in UÜbersetzung folgen General-Hauptquartier, Ostafrika. 30. April 1916. My Lord! In Ubereinstimmung mit Ihren Anweisungen ibernaht ich den Oberbefehl über die Streitlräfte Sr. Majestät in Ostafrika am 12. Februar und fuhr an diesem Tage von Südafrika ab. Ich kam in Mombassa am 19. Februar an und wurde dort von Generalmajor Tighe empfangen, der mir einen ausführlichen Bericht über die Lage in Ostafrika und die Schritte erstattete, die er er- griffen hatte, um alle Vorbereitungen zu einem An- griff im Kilimandscharogebiet noch vor Einsetzen der Regenzeit zu fördern. Ich entschloß mich, die beiden in Vorschlag gebrachten Anmarschlinien über Mbnynni und Longido sofort zu besichtigen und einc persön- liche Erkundung zusammen mit General Tighe zu unternehmen. Als Ergebnis dieser Erkundung drahtete ich Euerer Lordschaft bei meiner Ankunft in meinem Hauptquartier in Nairobi am 23. Februar, daß ich bereit sei, die Besetzung des Kilimandscharogebicts noch vor der Regengeit auszuführen, und ich erhielt dazgu Ihre Genehmigung unter dem 25. Februar. 2. Es wird. wie ich annehme, das klare Ver- ständnis meines Berichts fördern, wenn ich hier kur; die hauptsächlichsten Tatsachen über die militärische Lage in Ostafrika und auch über diejenigen Maß- nahmen wiedergebe, welche erst kürglich von Gencral Tighe zur Entwicklung eines Vormarsches in deut- sches Gebiet ergriffen und welche erst durch das Ein- treffen von Verstärkungen aus Südafrika möglich gemacht wurden. Zu Bexpinn des Jahres 1916 wurden die deut- schen Streitkräste in Deutsch-Ostafrika auf etwa 16000 Mann geschätzt, von denen 2000 Weiße waren. mit 60 Geschützen und 80 Maschinengewehren. Sie waren in Kompagnien in Stärke von 150 bis 200 Mann eingeteilt, davon 10 v. H. Weiße, und mit wurchschnitklich zwei Maschinengewehren auf die Wompanie ind hielt einen beträchtlichen S reifen englischen Gevieten besetzt. Bei Taveta hatte ½% ein großes, verschanztes Lager angelegt mit einer vor- geschobenen Stellung bei Salaita (El Oldorobo)h, einem befestigten Lager bei Serengeti und einem vorgeschobenen Posten bei Mbuyuni:; die beiden letzt- genannten Plätze liegen 13 bzw. 17 englische Meilen östlich von Taveta. Bei Kasigan unterhielt er eine Besatzung von 500 bis 600 Gewehren mit dem Zweck, unseren Aufmarsch durch Sprengungen an der liganda= und der Bahn Voi-—Makatau aufzuhalten. Die gahlreichen Versuche, dies zu erreichen, waren durchweg vergeblich. Im Rüstengeb et stand eben- falls eine beträchtliche Besatzung am Umbaflussc, die von hier aus in der Entsendung von Strei abtei- lungen in die Nachbarschaft der Ugandabahn sowie gegen Mwele Mdogo und Gazi eine starke Tätegkeit entweckelte. Außerdem waren an zahlreichen Stellen