57 20 Was das Schicksal der Zivilbevölkerung in Deutsch-Ostafrika anlangt, so ist die Kolonialver= waltung in der Hauptsache bisher auf private Nachrichten, die gelegentlich hierher durchgekommen sind, angewiesen. Die englische Regierung hat in einer Note vom 2. Dezember v. Is. auf eine Anfrage von hier aus zwar amtlich erklärt, „sie hätte niemals die Absicht gehabt, die Zivilbevölke- rung dauernd gefangen zu halten oder gar sie nach Indien zu verbringen"“. Demgegenüber steht aber fest, daß tatsächlich ein großer Teil der Zivilbevölkerung, darunter auch Frauen, Kinder und nicht wehrfähige männliche Personen, sowie auch ordinierte Missionare, von den Engländern gefangen gehalten werden. Nach den hierher ge- langten Mitteilungen befindet sich ein Teil der Leute in Konzentrationslagern im Schutzgebiet selbst, z. B. in Wilhelmstal; ein anderer Teil der Gefangenen ist in Blantyre (Nyassaland) unter- gebracht, wieder andere sind als in Entebbe und Nairobi (Britisch-Ostafrika) gefangen gemeldet. Da- neben ist eine größere Anzahl von Leuten, dar- unter auch ordinierte Missionare und Frauen, wie einwandfrei festgestellt worden ist, nach Indien verschleppt worden. Die deutsche Regierung hat gegen dieses völkerrechtswidrige Vorgehen alsbald nach Bekanntwerden auf diplomatischem Wege bei der britischen Regierung Verwahrung eingelegt, sowie unter Androhung von Gegenmaßregeln verlangt, daß die widerrechtlich gefangen gehaltenen Personen alsbald in Freiheit gesetzt und, soweit es ihr Wunsch ist, in die Heimat befördert werden. * II. Kamerun. (Hierzu eine Skizze.) Ende August 1915 hatte in Duala ein Kriegs- rat der Befehlshaber der in Kamerun operierenden englischen und französischen Truppen stattgefunden, dem auch der Generalgouverneur von Französisch= Aquatorial-Afrika Merlin beigewohnt hatte. Sein Ergebnis war der Plan einer allgemeinen Offen- sive auf Jaunde, die im Oktober 1915 nach Be- endigung der großen Regenzeit einsetzen sollte. Es sollte das englisch-französische Expeditionskorps des Generals Dobell in zwei Kolonnen von Edea den Vormarsch auf Jaunde antreten, und zwar eine englische Kolonne unter Oberst Cockburn auf der Hauptstraße Edea—Jaunde, eine französische Kolonne unter Oberst Mayer entlang der Mittel- landbahn. Erstes Operationsziel sollte die Linie Eseka (Mittellandbahn) — Wumbiaga (Straße Edea—Jaunde) s in. Erst nach Erreichung dieser Linie als neuer Operationsbasis sollte der Weiter- marsch auf Jannde erfolgen. Im Norden und Süden sollte das Expeditionskorps durch je eine Kolonne unterstützt werden, deren nördliche von Nkongsamba über Dschang auf Fumban, die süd- liche von Kampo landeinwärts vorstoßen sollte. Aufgabe der letzteren war in erster Linie die Ab- sperrung der Nordgrenze von Spanisch-Muni; war diese durchgeführt, sollte die Kolonne einen Vor- stoß auf Ebolowa ausführen. An Stelle der bis- lang bei Kampo fechtenden englischen Truppen sollten Senegalschützen treten, deren lberweisung aus Dakar vom Gouverneur Merlin erbeten wurde. Zwei Kompagnien wurden bald darauf in Kampo gelandet. Die abgelösten englischen Truppen traten zu dem Expeditionskorps zurück. Auch den südlich des Kom und des Niem sowie östlich des Kie stehenden französischen Truppen unter den Oberstleutnants Le Meillour und Miquelard wurde Ebolowa als Operationsziel zugewiesen. Gemeinsames Ziel der von Bare über Dschang, von Ossidinge über Widekum Bamenda und schliehlich von Takum über Kentu vorgehenden englisch-indischen Truppen sollte zunächst Fumban sein. In Anlehnung an die von Adamana über Kontscha-Banjo und Ngaundere-Tibati vor- dringenden englisch-französischen Truppen unter General Cunliffe sollte dann das weitere Vorgehen auf Jaunde erfolgen. Im Osten schließlich war der Vormarsch der französisch-belgischen Truppen de- Generals Ayme- rich aus der Linie Dume—Bertua—Dendeng in drei Gruppen geplant. Der närdlichen Gruppe wurde die südlich des Sanaga von Dendeng nach Nanga-Eboko führende Straße zugeteilt, der mitt- leren die allgemeine Richtung Bertun— Simekoa— Semini— Tabene zugewiesen und der linken schließ- lich die Straße Dume —Gele-Menduka. Ver- bindung mit der Nordabteilung zu halten, sollte Aufgabe der nördlichen Gruppe sein, die auf Kunde eine Kompagnie vorzuschieben und Anschluß an die am Djerem stehende, zu der Abteilung Brisset gehörende Kompagnie zu suchen hatte. Als Reserve der Ostabteilung sollte die bisherige Abteilung Hutin nach Abong-Mbang herangezogen werden. Bei Alade-Makei im Dscha-Bogen hatte sie eine belgische Kompagnie zu belassen, um die Dscha-Ubergänge zu sichern und Verbindung mit der Südabteilung herzustellen. Über die Stärken der einzelnen Kolonnen liegen genauere Nachrichten nicht vor, da die feindlichen Berichte darüber immer noch schweigen oder nur einzelne Angaben bringen. Ein vom Dezember 1915 stammender Bericht der Schutz- truppen enthält folgende auf Schätzung bernhende Zahlen: 1. Stärke des englisch-f ösischen Expeditions korps unter General Dobell: 3 englische 2 fran-