siegreichen Truppen und der Delinquenten in Binder einzugiehen, die Zahl der Soldaten ist außerdem auf 60 gebracht. 20. Juni. Ziemlich früh marschierten wir ab, um ja zeitig nach Binder zu kommen. Schon 1½ Stunden vor Binder kam der neue von den Fran- zosen eingesetzte Lamido mit ungefähr 150 bis 200 festlich gekleideten Reitern mit kolossalem Aufgebot von Pomp und Spektakel. Verhältnismäßig wenige beleidigende Zurufe wurden laut, man sparte sich die Beifallskundgebungen scheinbar bis zu unserer Hin- richtung. Etwa eine Stunde vor Binder kam noch der Lamido von Mendif mit etwa 100 Reitern. Zu unserem Schutze hatten wir auf unsere Bitten, als die Lage bedrohlich zu werden schien, 30 Soldaten erhalten, nachdem wir unsere Führer auf die elwaigen Ronsequengen ihres Tuns aufmerksam gemacht hatten. Besonders festlich war der (logari-Scharfrichter ge- kleidet, er hatte so viele Gewänder angezogen, daß er wohl 2½ bis 3fachen Umsang aufwies! Etwa um ½10 Uhr rückten wir auf den neuen, ungefähr 2 km aößerhalo Binder errichteten frangösischen Posten ein. Tausende von Eingeborenen umstanden den Posten. meist unsere Hinrichtung erwartend. Manche Leute, die Monate auf unseren Schanzen arbeiteten, wagten sogar einen Gruß, manche sogar einen Ausdruck des Bedauerns. Nachdem das Volk stundenlang auf die Vollstreckung des Todesurteils gewartet hatte, begann es sich zu verlaufen, als dann in der Nacht sich noch treue Leute in unsere Grasrundhütten, in denen wir untergebracht waren, schlichen, hörten wir, daß den Binderlenten gesant worden war, daß wir auf Befehl von Brisset erst noch beim Nationalfest in Fort Lamy ausgestellt und dann erst umgebracht werden sollten. Der Kapitän Lamaronux behandelte uns persönlich anständig, wir bekamen hier zum erstenmal, nachdem wir viele Monate lang von der Heimat nichts gehört hatten, die ersten französischen Zeitungen. deren Inhalt unsere Widerstandskraft er- neut auf die schwersten Proben stellte, fast noch mehr, als die bisher uns hingeworsenen Schmähungen unseres Vaterlandes. Daß die infamsten Schmähnn- gen völlig wehrloser Kriegsgefangener ein so hervor- ragend ausgebildeter Charakterzug des Frangosen ist. daß er sich an der Marter seiner Gefangenen ergötzt, war uns unfaßbar. Zum Glück verschwindet Perrin heute, er, dem ich vor 1½ Jahren von schwerster wntbeis wieder auf die Beine half! .Juni. Lautlos zogen wir heute morgen um 1½6 4 aus Binder ab; nach zehn Stunden Marsch in aufgeweichten Sumpsgegenden, auf teilweise über- schwemmtem Gelände, mit ½ Stunde Mittagsrast kamen wir, gerade noch durch einen kräftigen Ge- witterguß völlig durchnäßt, in Gidigis an. 22. Juni. Kalfu. Wieder sechs Stunden reine Marschzeit hierher durch den trostlos einförmigen Kalfubusch. Mittags in unerträglicher Sonnenglut lurze Rast ohne Wasser. Eine Stunde vor dem Orte kam der neue Lamido mit seinem Kriegsvolke zur jubelnden Begrüßung. Wir sind gehen diese Schaustellungen bereits derart abgestumpft, daß wir die blödsinnigen Schmähreden gegen uns nur mehr halb hören. Unsere heutige Unterkunft ist wieder unter allem Hunde, wir hausen unter einem großen Mahagonibamne, müssen uns jedoch neuer Regen- stürme wegen später in die verlumpten, gänzlich verdreckten Rundhütten verziehen. Was neunt man ehrenvolle Bedingungen eigentlich? a wir die Nacht in unseren Betten hätten ichwimmen lernen können, es am Morgen noch in Strömen regnete, marschierten wir erst um ½7 Uhr 67 20 ab. Unterwegs kurge Mittagsrast; erst um 4 Uhr nachmittags lamen wir hier an. In dem nun gänz- lich verwahrlosten Posten sind wir in dem ehemaligen Soldatenlager schlecht und eng untergebracht. 24. Juni. Französischer Posten Bongor. 27. Juni. Heute morgen um 9 Uhr waren wir in vier Stahlbooten verladen und zur Abfahrt fertig. Wir sind nun auch noch alle anderen Boys bis auf zwei los. Die Fahrt ging flott logoneabwärts bis zu den ersten Musgumdörfern, endlich dachte man mit Befriedigung. daß wir nicht debe auf unseren Kleppern saßen, daß wir endlich die Sorge um die noch verbliebenen Reste unseres Besiges los waren, als uns um ½5 Uhr ein Eilbote am Flußufer ent- gegenlam mit einem Befehl des Generals Largean aus Fort Lamy, der in deutscher Ubersetzung etwa lautete „Die Gefangenen überschreiten den Punkt, an dem sie eben angelangt sind, nicht mehr, da nach der bekannten ministeriellen Verfügung die kriegs- gefangenen Deutschen aus den Kolonien nach Daho- mey zu bringen sind. Die Gefangenen gehen zurück nmach Garua und über Nigerien nach Dahomey.“ Wir machten sofort am Ulfer fest, nächtigten auf einer Sandbank, um morgen die Rückfahrt nach Bongor anzutreten. Es ist nicht möglich zu schildern, welche Bitterkeit in uns sich Platz verschaffte, als wir dies Telegramm erfuhren. Kapitän Lamaroux gestand uns, daß Brisset zweifellos diesen Befehl des Ministeriums gekannt, daß er diesen Siegeszug mit uns Wehrlosen lediglich des Eindruges auf die Neger wegen veranstaltet hat. Znuerst ließ er uns durch deutsches Land treiben und unsere bevorstehende Hinrichtung verkünden, nun werden wir von einem anderen wieder an den Aus- gangspuntt unseres Dornenweges zurückgetrieben das nennen die Franzosen „ehrenvollste Be- bandling“. 7. Juli. Tongu-Nassarau. Gestern spät abends kam noch Befehl, daß wir sosort nach hier abmar- schieren sollten. Wir brachen daher bereits um 5 Uhr 20 Minnten auf, waren 8¼/ Uhr in Diebate, rasteten dort ¾4 Stunden und kamen um ½12 Uhr hier an. Am Nachmittage wurde uns das Ge- fangenengehalt ausbezahlt, 4 Fr. pro Tag und 2,50 Fr. Verpflegungszulage. Außerdem erhielten wir am Nachmittag noch Befehl, uns für morgen früh 6 Uhr zur Abfahrt nach Yola auf einer eng- lischen Dampfschaluppe unter englischer Bedeckung bereit zu halten. Die erlaubte Lastenzahl wurde von den Engländern auf die Zahl 5 herabgesetzt, was einc ernente Vergewaltigung unserer Kapitula- tionsbedingungen darstellte! Auf wiederholte Be- schwerden dagegen erhielt ich für meine Bücher, Medikamente und meine zahnärztliche Ausrüstung drei weitere Lasten zugestanden. (Wie sich später herausstellte, wäre auf dem Dempftr reichlich Platz für all unser Hab und Gut gewesen. die erneute Lastenbeschränkung erwies sich lediglich als eine er- neute Schilaue der Franzosen, da die Engländer, wie sie uns später sagten, keine Lastenbeschränkung besohlen hatten!) . Juli. Yola. Gestern morgen um 3 Uhr war Wn um 4 Uhr morgens marschierten wir, hinter Garua sorgfältig herumgeführt, an den An- legeplatz der kleinen Dampfschaluppe Slakihwan wo wir um 6 Uhr ankamen. lUm ¾7 Uhr über- nahm uns der englische Kapitän Merwod von den Franzosen; alsbald wurde abgefahren.