GV 69 20 Am 8. August morgens wurden wir plötzlich auf das Bureau des Kapitäns Poncot gerufen, der uns u Unsere Abreise nach Casablanca mitteilte und mit uns abrechnete. Abreise noch heute! r 1 In der Tagespresse ist bereits mehrfach der Untergang des deutschen Regierungsdampfers „Nachtigal“ nach einem nächtlichen Kampfe mit einem englischen Kriegsschiff kurz geschildert und berichtet worden, wie die Engländer auf die im Wasser treibende, zum Teil verwundete Besatzung des sinkenden Schiffes mit Geschützen gefeuert haben. Aus einwandfreier Quelle liegt über diese Begebenheit nunmehr folgender Bericht vor: „Am 15. September abends erhielt der Kom- mandant den Befehl, in Modeakabucht Beobachtungen anzustellen und Meldung zu machen über dort statt- findenden Leichter= und Varkassenverkehr des Feindes. Er konnte am 16. September nachmittags zurück- melden, daß in der genaunten ucht selbst nichts Verdächtiges festzustellen wäre. An demselben Tage 7 Uhr abends wurde ihm, im westlichen Möwesce vor Anler liegend, folgende nach Tilo hin tele- phonierte Meldung vom Kommando in Duala über- mittelt: „Dwarf“ hat um 4 Uhr nachmittags den Kamerunfluß verlassen. „Nachtigal“ ist darauf auf- mertsam zu machen wegen Gefährdung des Bimbia= lusses Ging 8 Uhr abends Anker auf, fuhr beistockdunkler Nacht unter Anwendung der seemännischen Vorsichts- maßregeln durch den schmalen Nordkriek nach dem Bimbiaflusse. Außer dem Kommandanten war die Brücke besetzt vom 2. Offizier, einem Obermatrosen und dem farbigen Rudersmann, Posten Back am geladenen Geschütz stand ein Matrose, Maschine war besetzt vom 2. und 3. Maschinisten, von einem Heizer und dem erforderlichen farbigen Personal. Da tags vorher von Buca aus schwere Brandung auf Bimbiaflach beobachtet und keinerlei Meldung über Einlaufen des „Dwarf“ von Station Mabete zu- gegangen war, war obaaosichlige im Kriek, Mabete gegenüber, zu ankern und auf „Dwarf“ bei einem eventuellen Einlaufen einen überraschenden Angriff zu machen. Die Barkasse „Prinz Udo“, die mit Meldung nach Tiko geschickt war, hatte Befehl zu folgen. Der nordwärts nach Tiko führende Krick war passiert, beide Maschinen gingen „voll“, Schiff war abgeblendet, als gegen Uhr abends voraus Scheinwerfer aufleuchtete und „Nachtigal“ durch heftiges Schnellfener beschossen wurde. Ein Herum- manövrieren des Schiffes auf Gegenkurs im engen Kriek. in dunkler Nacht, unter dem Scheinwerfer und Feuer des Feindes, sofort als wenig aussichts- voll erkennend und als eines deutschen Secoffiziers unwürdig erachtend, gab der Kommandant, aufs äußerste entschlossen, den Befehl zum Rammen, um so den an Artillerie zehufach überlegenen Gegner zum Sinlen zu bringen. Beide Maschinentelegraphen wurden nochmals auf „Voll voraus“ gesetzt. Ober- matrafe sprang ans Ruder und steuerte nach den Anweisungen des Kommandanten auf den Scheinwerfer zu. Inzwischen hatte der Komman- dant mehrere Kopfwunden erhalten und ein Matrose war bei der Bedienung des Geschützes gefallen, das nach Abgabe einiger Schuß durch die feindliche Ar- tillerie außer Gefecht gesetzt worden war. Gleich- zeitig explodierte durch fallende Splitter die auf der Back stehende Bereitschaftsmunition. Nach un- gefähr 4 Minuten Fahrt erfolgte die Kollision recht- winklig auf den Schiffskörper des „Dwarf“, vorkant der Kommandobrücke. „Nachtigal“ prallte von der Wucht des Stoßes zurück, bei dem, wie der 1. Ma- schinist meldete, das Hauptdampfrohr geplatzt war. Darauf wurde Befehl gegeben, die Brücke zu ver- lassen, die dann zusammenstürzte. Bei einem Rund- gange im unteren Deck fand der Kommandant starke Dampfströme aus der Maschine kommen und mehrere Tote an Steuerbordseite liegen. Da die Maschine und Ruderleitung gebrauchsunfähig. Geschütz und Munition zerschossen waren, „Nachtigal“ jetzt mitt- schifis lichterloh brannte und sich in sinkendem Zu- stand befand, wurde der Besehl gegeben: „Alle Mann aus dem Schiff“. Die noch lebenden Europäer ließen unter dem höllischen“ feindlichen Schnellfener von zwei 10 cm= und zwei 7,6 cm-Kanonen, die aus einer Entfernung von weniger als 50 m feuerten, die Jolle zu Wasser und warfen treibende Gegen- stände über Bord. Ein Teil der Leute hatte Kork- westen um. Nach dem Verlassen des Schiffes schwammen 7 Europäer, fast alle verwundet, und eine doppelte Anzahl der farbigen Besatzung im Wasser, als nach Einstellung der Beschießung der „Nachtigal“ die Wasserfläche mit Scheinwerfern ab- gesucht, diese hilflose Schar enldeckt und vom „Dwarf“ aus einem 7,6 cm-Geschütz Feuer auf dieselbe er- öffnet wurde. So wurden wenigstens 20 Schuß ver- fenert und etliche der im Wasser befindlichen Leute getötet Vom „Dwarf“ ausgenommen wurden 3 Enro-= päer — sämtlich verwundet — und 9 Eingeborene, die größtenteils auch verwundet waren. Von dem Kommandanten der „Nachtigal“ am folgenden Tage befragt, konnte der Kommandant des britischen Kriegsschisjes, Commander Strong R. N., diese Be- schießung deutscher Seeleute im Wasser nicht ver- neinen, sondern entschuldigte sich mit den Worten: „T couldn't stop che boys in the exeitement of nction“.“ 1 u Schließlich sei noch ein Auszug aus einem amtlichen Bericht von Anfang Januar 1916 der Offentlichkeit zu übergeben, der gleichfalls ein Streiflicht auf die englische Kriegführung zu werfen geeignet it: r Oberkommandierende der englischen und sranihe Streitkräfte an der Küste, General obell, versuchte vor einiger Zeit durch die spani- schen Behörden mir mitzuteilen, daß er Briefe für gefangene englische Osffiziere, sowie einige in seiner Hand befindliche Briese für deutsche Schutggebiets- angehörige unter weißer Flagge an der Edea-Jaunde- straße niederlegen lassen wolle, wenn die deutschen Behörden vorher durch Vermittlung der spanischen Behörden versprächen, die weiße Flagge zu achten. Legationsrat Dr. Olshausen, den der General- gonverneur von Santa Isabel die Dobellsche Mit- teilung zwecks Weitergabe an mich zunächst zugeben ließ. hat es abgelehnt, dieses Anerbieten weiter= zugeben, da es an eine Bedingung geknüpft sei, die in beleidigender Weise ein völkerrechtswidriges Ver- halten, wie die Mißachtung der weißen Flagge, auf unserer Seite als Regel voraussetze. habe die lehmung gebilligt. Stets ist streng die weiße Flagge von uns geachtet worden. Auch waren schon mehrmals ohne den geringsten Zwischenfall solche Briefsendungen englischerseits auf * 2