E 189 20 Eeeenichtamtlicher Teilsam) Kus den Krchiven des belgischen Kolonialministeriums. Neunte Veröffentlichung.-) Der Fall Ch. Lemaire 1907 und das Der Kommandant Charles Lemaire ge- hörte lange Zeit zu den der Leitung des Kongo- stantes genehmsten Offizieren. Als junger Ar- üllerie-Leutnant mit abgeschlossener humanisti- scher Vorbildung im Herbst 1889 nach dem Kongo gekommen, hatte er während seiner ersten Dienst- beriode die Station Coquilhatville ge- gründet und sich als Kommandant des Cauateur- bezirkes um die Organisation der Verwaltung und um die geographische Erforschung dieses Ge- bietes und seiner Flüsse, des Ruki, Busira, Lulongo, Lopori, Ikelemba usw. große Verdienste erworben. Im Jahre 1898 wurde er, nachdem er von einer schweren Beinwunde, die er am Ende seines ersten Aufenthaltes am Kongo bei einem menchleri- schen Uberfall durch farbige Händler infolge eines Schusses aus nächster Nähe erlitten hatte, wieder hergestellt war, mit der Führung einer großen wissenschaftlichen Expedition nach dem Katanga- gebiet betraut. Auf dem Weg über den Zambesi, Wassa= und Tanganjikasee erreichte er den Moeroser, erforschte die Quellflüsse des oberen Kongo, besonders den Lufira, drang dann bis zur a#ußersten Südwestecke des Kongostaates zum Dilolosee vor, zog dann längs der Kongo—Zam- bes Wasserscheide wieder nach Osten und er- keichte über den Tanganjika durch Manjema wieder den Kongo, an dessen Mündung er im September 1900 anlangte. Auf dieser Expedition legte er 6000 km zu Fuß zurück und 600 im hanu. Seine slelßigen Itineraraufnahmen, die durch 195 Punkte mit astronomischen Orts- bestimmungen gestützt wurden, trugen wesentlich zur Vervollständigung und Richtigstellung des Kartenbildes des Kongostaates bei. Daneben liserte er noch zahlreiche magnetische Bestim- mungen, Höhenmessungen und meteorologische Veobachtungen nebst botanischem, wirtschaftlichem und ethnographischem Material. Diejenigen unkte, an denen er Zeit hatte, längere astronomische Beobachtungen anzustellen und deren Länge und Breite er, so gut es mit transportabien Reiseinstrumenten tunlich ist, fest- gelegt hatte, wurden an Ort und Stelle durch *) Vol. zuletzt „D. Kol. Bl.“ 1917, Nr. 10/11, S. 159 ff. kongostoatliche Bureau de la Dresse. Zementpfeiler vermarkt. Das Unverständnis vieler Kongobeamten für wissenschaftliche Dinge hat einen großen Teil dieser Pfeiler in der Folge wieder verkommen und verschwinden lassen, sehr zum Schaden einer späteren gegenseitigen Kon- trolle der Zuverlässigkeit der Arbeiten der Ka- tanga-Expedition und der seit 1911 einsetzenden Triangulation des Landes. Auf der Station Moliro am Tanganjika wurde der von Lemaire errichtete Beobachtungspfeiler von einem solchen verständnislosen Beamten sogar absichtlich bald wieder abgerissen und beseitigt'). Das *) Als man im Anschluß an die Feststellung der politischen Südgrenzge des Kongostaates gegen Rhodesia it der Landestriangulation begann, bei der si selbstverständlich Disserenzen zwischen den von Lemaire erzielten Resultaten und den auf geodälischem Weg gewonnenen Ergebnissen herausstellten, sind die Leistungen dieses Reisenden. besonders nachdem er inzwischen in Ungnade gefallen war, mehrfach bemäkelt worden. Daß die Zuverlässigkeit der Lage von auf astronomischem Wege bestimmten Punkten nicht an die auf geodätischem Wege erzielten Ergebnisse heran- reicht, ist eine allbekannte Tatsache, die auch z. B. in den deutschen Kolonien ihre Bestätigung gefunden hat. Daraus ist aber Lemaire kein Vorwurf zu machen, die Ursache liegt allein in den Methoden selbst. Für seine Zeit und mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln hat dieser belgische Reisende jedenfalls das Menschen- mögliche geleistet und die Zuverlässigkeit des Karten- bildes des Kongo wesentlich gefördert. Biel schlimmer war es, daß man belhzischerseits noch kurz vor Auobruch des Krieges aus Scheu, dem ausgesprochenen Willen des neuen Königs entgegenzu- treten, auf diese unsichere Methode der astronomischen Ortsbestimmungen bei dem Ausbau des Kartenbildes der Kolonie zurückgriff und daß niemand im belgischen Kolonialministerium den Mut fand, von dem schlecht unterrichteten Herrscher an einen besser zu unterrich- tenden zu appellieren. König Albert fühlte den lobenswerten Drang in sich, aus den reichen Mitteln, die ihm nach dem von seinem Vorgänger bei der Annexion des Kongostaates durch Belgien getroffenen Abkommen aus dem sog. Dankbarkeitsfonds von 50 Fr., den Leopold dem Parlament im letzten Augenblick noch abzuringen verstanden hatte, zur Verfügung standen, auch für die Kartographie der Kolonie etwas zu tun. Er hatte für sich und die Dynastie verständigerweise darauf ver- zichtet, aus diesen von seinem Onkel beiseite gestellten aus dem Kongogeschäft geflossenen Beträgen einen persönlichen Nutzen zu ziehen. So kam es denn, daß im Herbst 1912 an das Kolonialministerium eine Königliche Willensmeinung gelangte, nach der aus dem 2 2