W 329 2c·0 Neuverteilung soll aber nicht das einzige sein, was diese Staaten in gemeinschaftlicher Arbeit leisten. lber die Verteilung hinaus ist für die gemeinschaftliche Arbeit nach zweifacher Richtung Raum: Einmal ist es möglich, die territoriale Abgrenzung der Hoheitsgebiete dadurch in ihrer Einseitigkeit zu mildern, daß den Schutzmächten Beschränkungen zum Zwecke der gleichmäßigen Berücksichtigung der eigenen und der Interessen der andern Staaten auferlegt werden, und sodann kommt in Betracht, für die Lösung gewisser großer Probleme, die das ganze Afrika angehen, die Mitarbeit aller Schutzmächte zu sichern und Richt- linien aufzustellen, nach denen sich diese Mitarbeit vollziehen soll. In beiden Beziehungen gilt es nur längst Begonnenes fortzuführen. Im An- sang der letzten Aufteilung Afrikas steht die Kongoakte, die in Berlin unter den Anspizien Bismarcks zustande gekommen ist. Handelsfreiheit in Zentralafrika, Schiffahrtsfreiheit auf den Strom- systemen des Kongo und des Niger, Bekämpfung des Sklavenhandels und Neutralisierung des Kongobeckens, das sind die großen Gegenstände, für die sie in kühnem Wurfe eine internationale Regelung gesucht hat. Andere Verträge, die die Mächte zum gemeinsamen Kampfe gegen die Sklaverei, gegen die Abgabe von Branwein und Feuerwaffen vereinigten, sind der Kongo- alte gefolgt. Deutschland hat an diesem groß- gügigen System internationaler Verträge auf das loyalste mitgearbritet und für die peinliche Durch- jührung Sorge getragen. Der Versuch, an der Neuntralität des Kongobeckeus auch während des Weltkrieges festzuhalten, ist, wie Sie wissen, an dem Willen der Gegner gescheitert. dem Kriege war die Notwendigkeit immer deutlicher hervorgetreten, noch weitere Probleme, wie sie sich aus dem Zusammenleben der verschiedenen enropäischen Nationen auf dem afrikanischen Kon- linent ergeben, einer internationalen Regelung zu unterversen. Ich denke da vor allem an die Schaffung großer gemeinschaftlicher Verlehrsstraßen durch die Besitzungen verschiedener Mächte sowie an die Belämpfung gesährlicher Volksseuchen, wie z. B. der Schlafkrankheit. WMir wollen auf der Bahn der internationalen Verträge in den beiden bezeichneten Richtungen sortschreiten und darüber hinaus Einrichtungen schaffen helfen, Vor durch die die Beobachtung der Abmachungen gewährleistet wird. Wenn das in ein solches Vertragssystem einbezogene Gebiet dadurch in weiterer Zukunft allmählich den Charakter einer gemeinschaftlichen Kolonie der europäischen Staaten annehmen müßte, in der die Besitzer der Einzel- gebiete zu Treuhändern der Gesamtorganisation werden, so kann die Aussicht auf eine derartige Entwicklung uns in der gekennzeichneten Haltung nicht wankend machen. Eine besondere Betrachtung erfordert das Problem der Militarisierung der eingeborenen Stämme Afrikas, ein Problem, das der Krieg erst in seiner ganzen fürchterlichen Tragweite bloß- gelegt hat. Frankreich ist es, das die Welt mit diesem Geschenk bedacht hat. Nachdem es schon seit Jahren den Gedanken der Ergänzung der eigenen Streitkräfte durch eine „schwarze Armee“ gepflegt, ja in ihm geradezu geschwelgt hatte, ist es gleich nach Ausbruch des Krieges zu Aus- hebungen großen Stils in seinen afrekanischen Kolonien geschritten und hat Tausende von Ein- geborenen auf die europäischen Kriegsschauplätze geworfen. England, das früher solche Gedanken mit Entrüstung von sich gewiesen häite, ist dem Verbündeten anfangs elwas schüchtern, später aber, wie Sie an den eben zitierten Ausspruch Winston Churchills erkannt haben, recht energisch gesolgt. Kein Zweifel, daß die Möglichkeil des Zurück- greifens auf farbige Massenheere in Zukunft einenene drohende Gefahr für den europäischen Frieden bilden wird. Kein zweifel auch, daß die Militarisierung der Eingeborenen die Entwicklung der afrikanischen Kolonien schwer beeimrächtigen würde. Es lieg! deshalb im gemeinschaftlichen Interesse der euro- päischen Mächte, die plötzlich hervorgetretene neue Gefahr zu beseitigen. Die Gefahr wird auch von unseren Feinden anerkannt. Aber mit der ihnen eigentümlichen Behendigkeit verdrehen sic den Tatbestand, beschuldigen uns der Vorbereitung des Kolonialkriegs von langer Hand und malen zum Zwecke der Abschreckung fürchterliche Ver- gewaltigungen und Angriffe an die Wand, deren sich die Welt künftig von uns zu versehen hätte, wenn wir afrikanische Kolonialmacht bleiben würden und der preußische Militarismus sich in Afrika austoben dürfte. Das erste Instrumem in diesem mißtönenden Konzerte spielt Sir Harry